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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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Mathematisierung, die Vernunft, die Aufklärung. Aber Cordula … sie hat die Finger nicht von dem neuen-alten Zeug lassen können. Hat sich hier was davon besorgt, und in Berlin was anderes, und in Rußland … Sie hat die Waffen unserer alten Feinde gesammelt, gegen unsere neuen, und diese verdammte Zombieplage auf die Welt losgelassen, damit sie mit ihren W gewinnt … Wenn der Werwolf der einzige ist, der dir helfen kann, dann läßt du ihm ’ne lange Leine. Sie war die Meisterin, die Herrin, die Mutter der Toten. Aber man spielt mit so was nicht. Das ist der Dreh bei Magie, verstehst du, Fuchs, nicht anders als bei der Vernunft: Kausalität ist der Mörtel des Universums. Es hat immer alles Konsequenzen.«
    »Konsequenzen«, stimmte Dieter dem unheimlichen Gesicht zu, das vor ihm unterm geflickten Dach des grünen Busses schwebte, uralt und mächtig wie Zeus. »Konsequenzen«, hauchte er noch einmal, um diesem Gesicht, diesem Wald, dieser Weisheit seine Reverenz zu erweisen, und dann legte der Schwarze in der Phantasieuniform, der sich Toussaint L’Ouverture nannte, aber kein Wiedergänger war, sondern ein ehemaliger Arzt der Rotfeuer-Station des Krankenhauses von Port-au-Prince, die Hand auf Dieters Stirn, zum sanften Zeichen, daß der Erschöpfte nicht mehr reden sollte.
    Dieter schloß dankbar die Augen.

ZWEIUNDFÜNFZIGSTES KAPITEL
8. Elul, siebtes Feldzugsjahr
    Was, wenn kein Traum, konnte es sein?
    Skriba hatte seine Beine wieder, aber dafür war er jetzt ganz aus rötlichem Metall, und stand mitten in der Wüste, vor einem großen Krater, an ein südbadisches Straßenschild gelehnt, auf dem stand: »Feldbergstraße«.
    Er hielt sich einen Spiegel vor die Brust, in dem ich, der verlegen vor ihm stand, aussah wie Valerie Thiel. Ich nickte ihm zu, er nickte – lange-nicht-gesehn – freundlich zurück und sagte: »Es gibt eine Geschichte im Sohar, die du verstehen müßtest, um weiterzukommen. Sie hat, wenn du genau zuhörst, mit Valerie zu tun, mit Karin, auch den jungen Kapuzinerhühnern, und enthält nebenbei das ganze Geheimnis der Augen in Honig, für immer.«
    »Und du erzählst sie mir jetzt, weil mein Gedächtnis so toll ist, daß ich auch kabbalistische Lehrfabeln, die man mir im Traum erzählt, treu bei mir behalte, um sie am nächsten Tag brav in die Maschine zu hacken.«
    Er ging nicht drauf ein, sondern fing wirklich an zu erzählen: »Rabbi Schimon – ja, er hieß wie dein Adoptivsohn, der dir entgleitet, ohne daß dich das zu kümmern scheint – reiste nach Tiberias, begleitet von Rabbi Yose, Rabbi Yehudah und Rabbi Hiya. Auf dem Weg sahen sie, wie ihnen Rabbi Pinchas entgegenkam. Sie trafen also aufeinander, dann stiegen sie von ihren Reittieren und saßen bei den Bäumen dort am Hang. Rabbi Pinchas sprach: ›Jetzt, da wir sitzen, bin ich begierig, einige der erhabenen Worte zu hören, die Ihr jeden Tag sprecht!‹ Rabbi Schimon eröffnete also das Gespräch und sprach: ›Er zog auf seinen Reisen vom Südland – das ist die Wüste Negev – bis nach Bethel , so steht es im ersten Buch Moshe, Kapitel 13, Vers 3. Auf seinen Reisen – der Vers müßte lauten: auf seiner Reise . Aber warum steht dort: seinen Reisen? Weil es zwei Reisen gibt: Die eine ist die seine; die andere ist die Reise von Schechina‹.«
    Ich unterbrach Rosenzweig: »Wer ist denn jetzt diese ›Schechina‹ schon wieder?«
    »Einer der zehn Sefirot, der Pfade der Kabbala. Du kannst ›Schechina‹ mit ›Gegenwart‹ oder ›Gegenwärtigkeit‹ oder ›Präsenz‹ übersetzen, auch wenn es Herrn Derrida nicht gefällt – göttliche Immanenz, zehnter und letzter Weg der heiligen Wege, und der wichtigste. Schechina ist weiblich, man nennt sie auch Malkuth …«
    »O.k.«
    Skriba schüttelte den Kopf, äffte mich verärgert nach: »O.k., o.k. … Ihr Leute seid wirklich nicht zu glauben.«
    Was hätte ich sagen sollen – fragen, wer »wir Leute« sind?
    Er fuhr also fort: »Rabbi Schimon fuhr also fort: ›Denn jeder Mensch sollte als Mann und Weib leben, männlich und weiblich sein, um den Glauben zu stärken, dann wird Schechina nicht verloren. Man sage so: Wenn jemand auf die Reise geht und nicht länger männlich und weiblich ist, weicht Schechina. Kommt und seht: Wer sich auf die Straße begibt, sollte seine Gebete dem Geheiligten anbieten, um Schechina, die Gegenwart des Ewigen, auf sich zu ziehen, bevor der Reisende, die Reisende fortgeht, solange er noch männlich und weiblich ist. Wenn das Gebet angeboten

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