Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Für immer untot

Für immer untot

Titel: Für immer untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
Vom Netzwerk:
Mülltonne befunden, denn ihnen fehlten Federn, Haut und Fleisch. Sie bestanden nur aus dünnen Knochen, zusammengehalten von Knorpel und leerer Luft. Ich hob die Augenbrauen.
    Jesse sagte ein Wort, von dem es mir lieber gewesen wäre, dass er es in seinem Alter noch nicht gekannt hätte, und sah mich besorgt an. »Er macht das nicht dauernd, nur wenn das Baby keine Ruhe gibt oder… oder so.«
    Ich folgte der Taubenparade in die Küche, wo sich bereits andere Knochenvögel versammelt hatten, Miranda umringten und sich seltsam rhythmisch bewegten.
    Nach einigen Sekunden begriff ich, dass es ein Tanz sein sollte. Das Baby winkte fröhlich mit einem apfelmusverschmierten Löffel, und ein etwa acht Jahre alter asiatischer Junge lächelte stolz.
    »Ist er ein Nekromant?«, fragte ich leise.
    Jesse strich mit dem Fuß über die inzwischen recht schmutzigen weißen Fliesen. »Ich habe ihn ganz vergessen.«
    »Klar.« Ich fragte mich, was er sonst noch »vergessen« hatte.
    Ich erklärte Miranda die Situation so gut ich konnte. »Ja, in Ordnung issst«, zischte sie und wischte dem Baby etwas Apfelmus vom Kinn. »Mjam mjam mjam.« Das kleine Mädchen gluckste, und Miranda zeigte ihre Reißzähne auf eine Weise, die ein Lächeln sein sollte. Ich gab auf.
    Ich sagte Jesse, er sollte sich um die Kinder kümmern und dafür sorgen, dass sie sich nicht sehen ließen und nahe genug bei Astrid blieben, um die Wahrscheinlichkeit unliebsamer Zwischenfälle zu minimieren. Dann machte ich mich auf die Suche nach meinem Partner. Ich musste einige Punkte von meiner To-do-Liste streichen, damit nicht eine mehrbändige Ausgabe daraus wurde.

Sieben
    Es war nicht schwer, Pritkin zu finden. Er und ein Kumpel von ihm befanden sich dort, wo sie den größten Teil der vergangenen Woche verbracht hatten: versteckt in einem Lagerraum im Keller des Dante’s, in alte Bücher vertieft. Als ich die Tür öffnete, sah er von einem riesigen Walzer auf und wirkte dabei wie ein in die Enge getriebenes Tier. Sein Haar, das normalerweise der Schwerkraft trotzte, hing in entmutigten Fransen herab, und ein roter Streifen zog sich über Stirn und Wange, was er dem sich auflösenden Ledereinband des Buches zu verdanken hatte. Ich hatte den Eindruck gewonnen, dass Recherchen nicht sein Ding waren. Vielleicht deshalb, weil er Bücher nicht zusammenschlagen konnte.
    »Was machen Sie hier?«, fragte er.
    »Die Modenschau wurde abgesagt.«
    Nick saß in der Mitte eines Rings, der aus Büchern, Schriftrollen und einem nicht dazu passenden modernen Laptop bestand. Er wirkte harmlos: ein bebrillter Rotschopf mit so vielen Sommersprossen, dass sein Gesicht fast braun war. Hände und Füße waren zu groß für den Rest von ihm, wie bei einem Dänische-Dogge-Welpen. Doch der hoch aufgeschossene junge Mann war ein Magier und noch dazu ein Freund von Pritkin, was vermutlich bedeutete, dass er ein ganzes Stück gefährlicher war, als er aussah.
    Er betrachtete meine Klamotten, die inzwischen die Farbe eines verregneten grauen Nachmittags zeigten. Hier und dort bildeten sich einige orangefarbene Blüten auf der Seide, wie von Windböen erfasst. Es sah irgendwie ein wenig müde aus. »Gibt es einen besonderen Grund dafür?«
    »Es hat geregnet.«
    Nick zog die Brauen zusammen. »Ich dachte, die Modenschau sollte im Ballsaal stattfinden.«
    »Es hat Frösche geregnet«, sagte ich.
    Neben Nick hockte eine kleine, puppenartige Gestalt auf einem Bücherstapel und ließ sich dazu herab, meine Präsenz zur Kenntnis zu nehmen. »Hast du Frösche gesagt?«
    »Das verpasste der ganzen Sache einen Dämpfer.«
    Nick sah Pritkin an, der seufzte. »Geh.« Das ließ sich Nick nicht zweimal sagen.
    Er hatte die Recherchen ebenfalls satt.
    Seine kleine Begleiterin rollte mit den Augen und gab wieder vor, mir keine Beachtung zu schenken. Die Fee namens Radella war die Verbindungsfrau des Königs der Dunkelelfen. Mit »Fee« meine ich ein kleines, übellauniges Geschöpf, neben dem selbst Pritkin diplomatisch wirkte, und mit »Verbindungsfrau« meine ich Spionin. Sie war aus zwei Gründen hier: Sie sollte Françoise in die Sklaverei zurückbringen und sicherstellen, dass ich bei der mit dem König getroffenen Vereinbarung nicht schummelte. Auch er wollte den Codex und glaubte, dass ich ihm das Buch beschaffen konnte. Die Fee schien allmählich daran zu zweifeln.
    Es ging nicht nur ihr so. Ich war aus mehreren Gründen auf den Vorschlag des Königs eingegangen. Bei jener Gelegenheit hatte ich

Weitere Kostenlose Bücher