Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fuer immer zwischen Schatten und Licht

Fuer immer zwischen Schatten und Licht

Titel: Fuer immer zwischen Schatten und Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Gembri
Vom Netzwerk:
einer riesigen Kathedrale, aber dadurch, dass er komplett in Weiß gehalten war, wirkte er auch futuristisch. Die einzigen Konturen, an denen sich mein Blick festzuhalten vermochte, stammten von den Personen ( keine Menschen, rief ich mir ins Gedächtnis), die sich selbstsicher über den spiegelglatten Fußboden bewegten. Genau wie Chris und Ian trugen alle, Männer wie Frauen, dunkle Hosen aus einem lederartigen Material und dazu weiße, locker fallende Hemden, die über der Brust verschnürt waren. Es sah altmodisch und doch irgendwie zeitlos aus, wie die Mode in einem dieser Fantasyfilme, die in einem unbestimmten Mittelalter spielen. Obwohl die Kleidung nur dafür gemacht schien, um zweckmäßig zu sein, stand sie ihnen perfekt – was daran lag, dass die Lichtwesen allesamt unverschämt attraktiv waren. Ich konnte keinen Einzigen entdecken, der alt, zu dürr oder auch nur leicht übergewichtig wirkte. Wer sich einen anständigen Minderwertigkeitskomplex heranzüchten wollte, dem konnte ich einen Besuch in der Lichtwelt nur wärmstens empfehlen.
    Als ich es schaffte, mich von diesen langbeinigen, durchtrainierten, seidenhaarigen Geschöpfen loszureißen, legte ich den Kopf in den Nacken, um die Höhe der Halle zu bewundern. Allerdings wurde mir die Sicht auf die Kuppeldecke von winzigen, hin und her huschenden Schatten versperrt, die ich zunächst für Vögel hielt. Erst als ich erkannte, dass es hoch oben weitere Etagen gab, begriff ich, dass es Personen waren – Männer und Frauen, die sich fliegend zwischen den einzelnen Ebenen fortbewegten.
    Unwillkürlich fasste ich nach Sams Arm und krallte meine Finger hinein. Ich hatte das Gefühl, mich dringend festhalten zu müssen, um nicht vor Überwältigung erneut das Bewusstsein zu verlieren. „Das ist also die Lichtwelt“, hauchte ich, und meine Stimme hörte sich in meinen eigenen Ohren ganz fremd an.
    Irritiert zupfte Sam meine Finger von seinem Unterarm. „Nein, das ist nur die Eingangshalle. Wenn du auf Reisen gehst, schaust du dich dann auch auf dem Flughafen um und sagst: Das ist also Frankreich ?“
    Ich war zu matt, um auf seine Sticheleien einzugehen. „Trotzdem … Ich hatte mir das ganz anders vorgestellt.“
    „Und zwar wie?“
    Hilflos zuckte ich die Achseln. „Keine Ahnung. Mit kleinen nackten Jungs, die singend oder Harfe spielend durch die Gegend hüpfen?“, versuchte ich zu scherzen.
    Sam sah mich scharf an. „Das könnte ich für dich arrangieren. Ich muss dich allerdings vorwarnen, was das klein anbelangt …“
    Damit riss er mich aus meinem Staunen heraus. „Widerlich“, zischte ich ihn an.
    Während unseres Wortwechsels waren mehrere Lichtwesen auf uns aufmerksam geworden, die nun einen lockeren Kreis um uns bildeten und uns mit unverhohlenem Interesse beobachteten. Eine von ihnen, ein Mädchen mit hüftlangem, kupferfarbenem Haar, zeigte gerade mit dem Finger auf mich und sagte etwas zu ihrem Nebenmann, die Augenbrauen erhoben. Sam legte mir rasch einen Arm um die Schultern, was herzlicher klingt, als es sich anfühlte: Schon nach wenigen Schritten kam ich mir so vor, als steckte ich in einem Schraubstock.
    „Schnell zur Bibliothek“, befahl er und machte dann einen Satz zur Seite, weil er beinahe in ein paar Schaulustige gerannt wäre. Es wurde nun zunehmend schwieriger, sich einen Weg zwischen all den Lichtwesen zu bahnen, die aus nächster Nähe einen Blick auf mich erhaschen wollten. Sam zog mich noch enger an sich heran und marschierte stur geradeaus, aber ich konnte sehen, wie dabei seine Kiefer mahlten. Das hier lief ganz und gar nicht nach Plan, so viel begriff sogar ich. Offenbar stellte die Rückkehr eines Gefallenen in der Lichtwelt eine Attraktion dar, die sich niemand entgehen lassen wollte. Nach nur wenigen Metern hing uns bereits eine Traube aus mindestens zehn Männern und Frauen an den Fersen, die aufgeregt durcheinandertuschelten. Wenn das so weiterging, war es nur eine Frage der Zeit, bis die Richter von unserer Ankunft Wind bekamen – und dann wären wir ernsthaft in Schwierigkeiten. Zwar mochten die gewöhnlichen Engel vergessen haben, wie Sam aussah, aber die Richter würden ihn ohne jeden Zweifel wiedererkennen.
    Im Gehen drückte ich ihm unauffällig den Ellenbogen in die Seite, bis er zu mir heruntersah. „Was sollen wir tun?“, formte ich mit den Lippen.
    „Einfach weiterlaufen“, antwortete er ebenso leise. „Keine Ahnung, warum so viele von ihnen in der Eingangshalle rumlungern. Haben die

Weitere Kostenlose Bücher