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Fürchtet euch

Fürchtet euch

Titel: Fürchtet euch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wiley Cash
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wie sie sich in einem überheizten Zimmer bei geschlossenen Fenstern und Türen irgendwie mit Arbeit ablenkt und versucht, nicht auf die Rauchschwaden zu achten, die über den Hof treiben, oder auf das Geräusch der berstenden Bretter. Hätte sie den Vorhang zurückgezogen, hätte sie mich über den Hof gehen sehen, auf den Rauch zu, zu der Stelle, wo Gillum mit seinen Töchtern stand und wartete, dass es endlich vorbei war.
    »Wie ist das passiert, Gillum?«, fragte ich ihn. Er wandte den Blick nicht von der Scheune, aber er nahm die rechte Hand aus der Hosentasche und berührte die ältere Tochter an der Schulter. Sie war etwa fünfzehn, und sie zuckte zusammen, als hätte er ihr einen Stromstoß verpasst. Ihr Gesicht wirkte traurig, und sie trat näher an ihn ran. Gillum sah mich kurz an und blickte dann wieder zur Scheune.
    »Ich hab nur was erledigt, Sheriff«, sagte er.
    »Ich war auf dem Highway und habe den Rauch gesehen und dachte, ich schau mal nach«, entgegnete ich.
    »Alles in Ordnung.« Er verstummte, und ich lauschte auf das Feuer, das in der Scheune um sich griff. Leises Stimmengemurmel ertönte weiter unten, wo sich die Leute am Zaun versammelt hatten, um zuzuschauen.
    »Gillum, Sie haben da eine komplette Tabakernte in der Scheune. Erzählen Sie mir nicht, es wäre alles in Ordnung.« Ehe ich weiterreden konnte, blickte die jüngere Tochter zu mir hoch.
    »Ich hab ihn da reinlaufen sehen«, sagte sie. Sie sah ihren Daddy an, und er griff nach ihrer Hand. Sie drückte den Kopf gegen sein Bein.
    »Was redet sie da?«, fragte ich. Gillum sagte nichts, und die Kleine sah mich einfach nur an. Dann wandte sie den Kopf und schaute wieder ihren Daddy an.
    »Wen hast du da reinlaufen sehen?«
    »Sie sagt, sie hat gesehen, wie der Teufel die Straße runtergerannt kam«, sagte die ältere. »Sie sagt, sie hat gesehen, wie er in die Scheune gerannt ist.«
    »Ist da jemand drin?«, fragte ich. Gillums Blick glitt von der Scheune zum Boden. Auf dem Hügel vor ihm hatte das Feuer die unteren Balken verschlungen und fraß sich nun über die Querbalken hoch Richtung First. Die Traufen gingen in Flammen auf. Das Dach würde als Nächstes brennen.
    »Vor einer Weile ist Libby Clovis krank geworden«, sagte Gillum. »Zuerst hat Bob abgewartet, aber das Fieber ging einfach nicht runter. Er hat sie hier ins Krankenhaus gebracht, und die haben sie untersucht, konnten aber nix finden. Es ging ihr immer schlechter, und er war schon kurz davor, sie nach Asheville zu fahren, aber ihre Mama wollte, dass er einen Pastor holt. Er hat mir erzählt, dass er sich gedacht hat, es könnte ja nix schaden.
    Libbys Mama hat also aus Marshall einen Pastor namens Chambliss kommen lassen, und Bob sagt, der hat sich im Krankenzimmer mit Libby eingeschlossen. Er sagt, er hat gehört, dass es hinter der Tür mächtig laut wurde. Hat sich angehört, als würde Mobiliar zerschlagen, als würde das Bett vom Boden hochgehoben und wieder fallen gelassen.«
    Ich wandte mich um und sah zu den Leuten runter, die vor dem Zaun standen. Ganz hinten entdeckte ich die hochgewachsene, hagere Gestalt von Robert Clovis, der gerade eine noch unangezündete Zigarette an die Lippen hob. Unsere Augen trafen sich, und er sah schnell weg. Er machte ein Streichholz an, und für einen Moment hob sich sein verbrauchtes Gesicht hell von der dunkler werdenden Straße ab, die sich hinter ihm verlor. Ich wandte mich wieder dem Feuer zu.
    »Wer ist in der Scheune?«
    »Ich kann nicht sagen, was genau es ist«, sagte Gillum. »Aber Bob hat mir erzählt, Chambliss hat die Familie am späten Nachmittag ins Krankenzimmer gerufen und sie aufgefordert, sich die Hände zu reichen und zu beten. Bob sagt, sie haben dagestanden und sich an den Händen gehalten und gebetet, aber er hat die Augen offen gehalten und sich umgesehen. Er sagt, es ist ganz plötzlich aus ihrem Körper gekommen. Er sagt, jeder im Raum hat’s gesehen: der Pastor, Libbys Mama, er selbst. Sie haben gesehen, wie es aus ihrem Körper kam und dann wie ein Schatten aus dem Haus gerannt ist. Was auch immer in Libby war, es ist jetzt in meiner Scheune, und ich hab vor, es heute Abend loszuwerden.«
    »Sie denken, in Ihrer Scheune wäre so was wie ein Dämon?«
    »Wie gesagt, ich kann nicht genau sagen, was es ist. Ich weiß bloß, dass es da drin ist.«
    »Ich weiß nicht, was Ihre Tochter meint, gesehen zu haben, aber ich hoffe, die Scheune da ist leer, wenn das Feuer niedergebrannt ist.«
    »Sie werden keine

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