Gaelen Foley - Amantea - 03
sie ihn unter halb gesenkten Wimpern ansah, lächelte er ihr aufmunternd zu.
„Du hast nichts gegessen“, flüsterte er. Sie war den ganzen Abend über sichtbar überfordert und jedes Mal erschrocken gewesen, wenn man sie als Hoheit angesprochen hatte. „Hast du keinen Appetit?“
Daniela befeuchtete sich rasch die trockenen Lippen und schüttelte den Kopf. „Ich ... Ich kann nicht.“
Rafael stellte das Weinglas ab und nahm ihre schmale Hand in seine beiden. Er beugte sich zu ihr und stützte die Ellbogen auf den Tisch. Aufmerksam betrachtete er ihr Gesicht.
„Habe ich dir schon gesagt, wie schön du heute aussiehst?“ fragte er.
Sie wollte die Hand wegziehen und runzelte die Stirn. Doch er ließ sie nicht los.
„Bitte benimm dich nicht so vor all diesen Leuten“, flüsterte sie.
„Welchen Leuten?“ fragte er leise. „Ich sehe nur einen Menschen. Eine hinreißende junge Frau. Meine Gemahlin.“ Wieder küsste er ihre Hand.
Misstrauisch sah Daniela ihn an und warf dann erneut beunruhigt einen Blick in den Festsaal.
„Du wirst dich daran gewöhnen, Liebling“, erklärte er. „Schon bald wirst du sie nicht mehr beachten.“
„Wie werde ich mich an dich gewöhnen?“
„Ach, ich möchte nicht, dass du dich zu sehr an mich ge- wöhnst. Ich will dir niemals langweilig werden.“ Mit dem Daumen strich er ihr über den Handrücken. „Liebling, wir beide brauchen nur ein wenig Zeit, um einander kennen zu lernen. Hab keine Angst vor mir.“
Sie senkte den Blick und schwieg.
„Was ist mit dir, Daniela?“
Statt zu antworten, zuckte sie nur leicht die Schultern.
Rafael sah sie an und fühlte sich auf einmal so sehr als Beschützer, wie er das seit seiner Kindheit nicht mehr emp- funden hatte. Ihre Schüchternheit und Verletzlichkeit zogen ihn in ihren Bann.
„Bist du müde?“ fragte er zärtlich.
Daniela nickte, wobei sie den Blick noch immer gesenkt hatte.
Er streichelte ihr die Wange. „Warum gehst du nicht zu Bett?“ schlug er vor, und sein Herz begann heftig zu pochen.
Langsam hob sie den Kopf und sah ihn fragend an. Dies- mal lag ein Ausdruck von Verzweiflung in ihren aquamarin- blauen Augen. Er beugte sich zu ihr und küsste ihre weiche Wange, ohne auf den Jubel rundum zu achten, der seiner Geste folgte.
„Es gibt nichts zu fürchten“, flüsterte er ihr ins Ohr. „Das verspreche ich dir.“
Ihr blasses Gesicht verriet Angst und Elend. Er war gedul- dig gewesen, auch wenn er sie aus tiefstem Herzen begehrte. Heute Nacht wollte er seine Belohnung erhalten.
„Also gut“, sagte Daniela kaum hörbar. Sie schob den Stuhl nach hinten, ohne ihn anzusehen.
Sogleich erhob sich Rafael und half ihr beim Aufstehen. Sie hielt den Blick zu Boden gerichtet, und ihre Wangen waren tief gerötet, als er sie vom Tisch die paar Stufen des Podiums hinabführte. Im Gang vor dem Festsaal blieben sie stehen. Sie hob ihr Kinn und sah ihn flehend an.
„Du brauchst Zeit für dich allein. Ich verstehe.“ Eine Hand hielt er hinter dem Rücken, als er sich nach vorn beugte und ihre Finger ein letztes Mal küsste.
Daniela nickte und löste sich von ihm.
Es war gut, dass Rafael das Verbot ausgesprochen hatte, die uralte Tradition zu befolgen und das königliche Paar in das Schlafzimmer zu begleiten. Zärtlich beobachtete er Daniela, wie sie vor ihm floh. Er schüttelte den Kopf und lächelte. Wahrscheinlich sank sie vor Scham in Ohnmacht, wenn er das blutige Leintuch dem Palastdiener überreichte – wie es Tradition war, um die Jungfräulichkeit der Braut öffentlich zu beweisen.
Es ist an der Zeit, mein Kätzchen, dachte er. Es ist an der Zeit. Er hatte das Gefühl, als stünde ihm heute Nacht etwas ganz Besonderes bevor.
Zutiefst verängstigt und verwirrt floh Daniela den Gang ent- lang und kämpfte gegen die Tränen an. Was tat er nur mit ihr? Er war ein grausamer, fürchterlicher Mann! Warum spielte er mit ihr? Er hatte sie doch nur aus Berechnung geheiratet. „Liebling?“ Warum nannte er sie Liebling? Sie wollte keine Zärtlichkeit in seinen grünen Augen sehen. Warum machte er es ihr so schwer?
Sie rief sich die Tatsachen ins Gedächtnis. Wer Rafael di Fiore wirklich war, das wusste sie. Er war ein Schürzenjä- ger, ein Draufgänger mit unstillbarem Verlangen, und seine Ehe war eine Farce. Noch vor ein paar Nächten hatte er sie – eine völlig Fremde – auf sein Zimmer bringen lassen, um sich mit ihr zu vergnügen.
Nun, er konnte sein Bestes versuchen, doch sein Charme würde keine
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