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Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Titel: Galgenfrist für einen Mörder: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Kompasse, Sextanten, Quadranten, Chronometer, Barometer, Astrolabien. Ordentlich auf einem Tisch aufgereiht lagen mehrere Zirkel und Jakobsstäbe. Doch das alles diente nur der Tarnung. Pearly Boys eigentliche Geschäfte wurden im Hinterzimmer abgewickelt und betrafen größtenteils gestohlenen Schmuck und Kunstwerke wie Gemälde, Schnitzarbeiten oder mit Juwelen besetzte Ornamente. Er hatte längst den größten Teil von Fat Mans Territorium an sich gerissen.
    Mit ausdrucksloser Miene musterte er Monk, seine Augen so kalt wie das Polarmeer. »Ich helf der Polizei doch immer gern«, flötete er. »Was suchen Sie denn, Mr. Monk? ›Monk‹ ist doch richtig, oder? Hab schon von Ihnen gehört. Ihr Ruf eilt Ihnen voraus.«
    Monk schluckte den Köder nicht und verkniff sich die Frage danach, was Pearly Boy über ihn gehört hatte.
    »Allerdings«, bestätigte er mit einem Nicken, »etwas, das wir gemeinsam haben.«
    Pearly Boy starrte ihn verblüfft an. »Und was wäre das?«
    »Unser Ruf.« Monks Mund war ein gerader Strich. »Wie mir zu Ohren gekommen ist, sind auch Sie ein harter Mann.«
    Das schien Pearly Boy zu amüsieren. Er brach in Kichern aus, das zu herzhaftem Lachen anschwoll. Schließlich hörte er abrupt auf und wischte sich mit einem großen Taschentuch die Augen. »Ich werde Sie mögen«, verkündete er strahlend, doch die Augen glichen eher nassen Steinen.
    »Das freut mich«, erwiderte Monk mit einer Stimme, als ob er soeben an geronnener Milch gerochen hätte. »Wir könnten füreinander von Nutzen sein.«
    Das war eine Sprache, die Pearly Boy mit Sicherheit verstand, auch wenn er nicht so recht wusste, was er davon halten sollte. »Ach ja? Und wobei?«
    »Gemeinsame Freunde und Feinde«, erklärte Monk.
    Das weckte Pearly Boys Interesse. Er versuchte, es zu verbergen, allerdings vergeblich. »Freunde?«, fragte er neugierig. »Wer sind denn Ihre Freunde?«
    »Lassen Sie uns mit den Feinden anfangen.« Jetzt lächelte Monk. »Einer von Ihren Feinden war Fat Man.« Er sah Hass und Triumph in den Augen des anderen aufblitzen. »Und auch einer von meinen«, fügte er hinzu. »Sie haben es mir zu verdanken, dass er tot ist.«
    Pearly Boy benetzte sich die Lippen. »Das weiß ich. Hab’s gehört. Ist im Schlamm vor Jacob’s Island ertrunken, heißt es.«
    »Das ist richtig. Kein schöner Tod.« Monk schüttelte den Kopf. »Ich hätte die Leiche rausfischen können, aber das war der Mühe nicht wert. Die Statue habe ich ja gekriegt, und das war die Hauptsache. Er wird hübsch dort unten bleiben.«
    Pearly Boy erschauerte. »Sie sind wirklich ein harter Knochen«, bestätigte er, wobei Monk nicht ganz klar war, ob das als Kompliment gemeint war oder nicht.
    »Das bin ich«, bestätigte Monk. »Ich bin hinter mehreren Leuten her und vergesse nie, wer mir einen Gefallen getan und wer mich reingelegt hat. Wer ist Mary Webber?«
    »Keine Ahnung. Nie von ihr gehört. Das bedeutet, dass sie nichts mit meinem Geschäft zu tun hat. Sie ist keine Diebin, Hehlerin oder Kundin.«
    Das überraschte Monk nicht. Er hatte mit nichts anderem gerechnet. »Außerdem suche ich einen Jungen mit dem Namen Reilly; ich suche die Person, die dazu gezwungen wurde, sich um ihn zu kümmern und darauf zu achten, dass ihm nichts zustößt.«
    Pearly Boy riss die Augen weit auf. »Gezwungen? Wie könnte jemand dazu gezwungen werden? Wer würde so was tun und aus welchem Grund, Mr. Monk?«
    »Mr. Durban hätte es getan«, erwiderte Monk mit fester Stimme. »Weil es ihm nicht gefiel, dass Jungen ermordet wurden.«
    »Na ja, mir doch auch nicht.« Pearly Boy spielte den Überraschten, aber wie Monk es erhofft hatte, war seine Neugier stärker als seine Vorsicht. Pearly Boy handelte nicht nur mit Diebesgut, sondern auch mit seltenen oder wertvollen Informationen – die bisweilen ebenfalls gestohlen worden waren. »Und wer könnte verhindern, dass so was passiert?«
    »Jemand, der Macht hat«, sagte Monk zögernd, als überlegte er noch während des Sprechens. »Und auch jemand, der selbst viel zu verlieren hat, dem viele Gefahren drohen, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Pearly Boy konnte ihm immer noch nicht folgen. »Aber wer würde denn kleine Jungs umbringen?«
    »Jericho Phillips. Wenn sie aufsässig werden, rebellieren und gegen …« Monk verstummte abrupt, als er sah, dass Pearly Boy erbleichte und sein Oberkörper unter der prächtig bestickten Weste erstarrte. Plötzlich bestand für Monk kein Zweifel mehr daran, dass Pearly

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