Galileis Freundin (German Edition)
diesem überdimensionierten Palast aus dem Weg gehen zu können und dass man sich über Wochen noch nicht einmal sehen müsste .
Einem Schmetterling gleich schwebte an diesem heißen Tag die kühle, hochmütige Braut am Arm des Prinzen Giancarlo die zwölf weißen Marmorstufen der Loggia hinab zum Portal der Kirche. Dort empfing sie Signore Niccolini, der Erzbischof von Florenz. Er reichte der fün f zehnjährigen Frau das Kreuz. Vittoria della Rovere de Urbino kniete auf einem roten Samtki s sen nieder, führte das Kreuz an die Lippen und küsste die Füße des Korpus. Atemlose Stille herrschte in dem Volk der vieltausenden Menschen , als aus einem versteckt gehaltenen Seite n tor hinter dem schweren Stoffvorhang seine Durchlauchtigste Hoheit, der Großherzog, Ferd i nando II., erschien und der Braut aus ihrer ehrfürchtigen Haltung emporhalf. In Begleitung des Herzogs von Parma, des Herzogs von Guisa und des Prinzen Leopoldo de’Medici hielt das Brautpaar durch das Hauptportal Einzug in das Kirchenschiff, die Schöpfung des florentin i schen Meisters Brunelleschi. Nahezu einhundertsiebzig Ellen legten sie in Begleitung bis unter die Kuppel im Kreuz von Haupt-und Querschiff zurück. Hier hielten sie eine Weile an. In ei n hundertsechzig Ellen über sich spürten sie das jüngste Gericht, das grandiose Fresco des Mei s ters Giorgio Vasari. Die hoch stehende Sonne schickte ihre funkelnden Strahlen durch die kunstvoll bemalten Glasfenster in der Kuppel. Am Altar erwartete Monsignore Piccolomini, Erzbischof von Siena, und die Bischöfe Monsignore Venturi, Robbia, Serristori und Salviati den feierlichen Zug. Monsignore Salviati überreichte seiner Durchlauchtigsten Hoheit die Kr o ne. Der Großherzog schaute der jungen Braut in die Augen. Sie kniete auf einem Samtkissen nieder, hielt ihren Kopf aufrecht und Ferdinando II. legte das funkelnde und leuchtende Prun k stück der Braut auf den dunkelhaarigen Kopf. Vier Chöre begleiteten die Zeremonie mit g e sungenen Gebeten.
Die Artillerie schoss Salut von der Cittadella und allen Burgen der Stadt. Vielstimmiges Gl o ckengeläut erklang vom Kampanile, allen Kirchtürmen der Stadt und des Palazzo Granduca Sie kündeten der Bevölkerung von dem Vollzug des freudigen Ereignisses.
Zurück im Palazzo Pitti strebten die Gäste, Kleriker und hochrangige Mitglieder der anges e hensten Häuser der Toskana und Europas, über die breite Ammannatistiege aus dem sechzeh n ten Jahrhundert, in den ersten Stock zur Galleria delle Statue und in die Sala delle Nicchie. Von hier aus verteilten sie sich in die Säle und Galerien, in Appartamenti und zu den großen Fenstern, um einen Blick auf das Volk auf der Straße zu werfen.
Die Menge der eingeladenen herrschaftlichen Häuser erlaubten es der verwitweten Markgräfin, sich wie zufällig aus den Fängen ihrer Buondelmonti Begleitung zu lösen. Sie streifte durch die prachtvollen Galerien und schaute sich Gemälde und Statuen, wunderschöne Möbelstücke, die Stuckkunst im Sala Bianca, Handwerkliche Gebilde der großherzoglichen Werkstätten und Schmuck aus der florentinischen Gold-und Silberschmiedemanufaktur an. Ihr Weg schien zie l los, ihre Zeit ohne Hast zu sein. In dem einfallenden Licht durch die gewaltigen Fensterb ö gen leuchteten die Roben und die Juwelen der Damen. Funkelnde Diamanten, Sternsaphire, ast e ristische Rubine, Smaragde und rosaroter Morganit, einfache Amethyste, gelb bis braun leuc h tende Topas und in mehreren Farben schimmernde Turmaline beschwerten Finger und Hände. Opalartige Perlen, oder Bernstein aus dem Samland verdeckten die Halsfalten alternder Gräfi n nen.
Durch das Menschengewirr hindurch, am anderen Ende im Sala di Venere leuchtete der Hi n terkopf eines schwarzhaarigen Mannes. Im selben Augenblick verdeckten flanierende Grafen, bummelnde Hofdamen und eilig laufende Diener den Blick. Der Schopf war verschwunden. Vielleicht war er niemals da, wahrscheinlich gab es viele solche r Haarschopfe unter den Gästen aus zahlreichen Nationen.
Welches Bild sie auch von nun an betrachtete, der Haarschopf ließ sie nicht mehr in Ruhe. War er es gewesen oder nicht? Konnte es sein oder war es unmöglich? Der Soldat aus der Provence war unter Mitwirkung des Prinzen Giancarlo von dem Granduca persönlich verbannt worden.
Caterina streifte durch das Meer an Gepränge, vorbei an prunkvollen Vasen aus der Ming D y nastie, übersah die gleißenden facettenreichen Edelsteine an den Hälsen von Matronen, hatte keinen
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