G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke
komplementäre Süchte, wie die beiden später erklären würden, die das erste Vorzeichen einer sich anbahnenden Freundschaft fürs Leben darstellten.
»Also, wir erleben hier gerade die ersten Anfänge einer neuen sexuellen Revolution«, sagte Lexa, nach ihren filmemacherischen Ambitionen gefragt, »und nach dem ganzen Rumgejammer und den ganzen Rückziehern zu urteilen, die jeder nach der vorigen veranstaltet hat, könnte ich mir vorstellen, daß es ganz nett wäre, etwas wie ein kulturelles Leuchtfeuer zu haben, das den Leuten den Weg weist oder ihnen zumindest ein paar neue Ideen gibt...«
»Ein kulturelles Leuchtfeuer?« sagte Joan. »Ein Pornofilm soll ein kulturelles Leuchtfeuer darstellen?«
»Naja« - Lexa hob abwiegelnd die Hände -, »naja, vielleicht nicht direkt ein Leuchtfeuer, vielleicht eher so was wie ein Lagerfeuer, um das man sich gutnachbarlich setzen kann, um gemeinsam seine Würstchen zu braten. Du weißt doch, wie die Amerikaner zum Sex stehen, Joan - es gibt keine Macht im Universum, die uns davon abhalten könnte, es zu tun, aber um es mit offenen Augen zu tun, brauchen wir eine schriftliche Genehmigung in dreifacher Ausfertigung. Was ich mit diesem Film erreichen möchte, ist, die Leute dazu zu bringen, daß sie sich die Genehmigung selbst erteilen, und ihnen vielleicht auch ein paar Möglichkeiten vorführen, an die sie bislang noch nicht gedacht hatten.
Also, wie ich die Sache sehe, sind bis jetzt zwei Arten von Pornographie versucht worden. Da gibt's zum einen den traditionellen männerorientierten Mackerfilm, in dem klischeehafte Frauengestalten von abgrundhäßlichen Männern mit der ganzen emotionalen Anteilnahme ebenso vieler Pleuelstangen durchgeh ckt wurden. Dann gibt's die »weibliche Erotik<, die Ende der achtziger Jahre en vogue war: Filme, in denen sich zur Abwechslung einmal intelligente emanzipierte Frauen von abgrundhäßlichen Männern auf die ganz empfindsame Tour durchficken ließen - da troff es nur so von Zartgefühl und wechselseitigen Beteuerungen, wie sanft und gewaltlos alle Beteiligten doch seien, bis frau/man den unwiderstehlichen Drang verspürte, dem Videorecorder einen zugespitzten Pfahl in die Vorlauftaste zu rammen.
Was ich also tun möchte, ist, den Mackern die Geilheit nehmen, das lyrische Gesäusle der femmes auf die Hälfte zusammenstreichen, eine gute Prise echten Einfallsreichtum der Aids-Jahre hineinrühren, als die Menschen lernten, vorsichtig und kreativ im Bett zu sein, ein paar männliche Darsteller nehmen, bei denen man nicht gleich loslachen oder mit harten Gegenständen schmeißen muß, das Ganze in eine Rolle 16-Mil-limeter-Film packen und selbige auf die breite Öffentlichkeit loslassen: einen ultimativ-innovativen Erotikfilm, der bei Frauen und Männern, Schwulen und Heteros, Romantikern und Sexbesessenen gleichermaßen wirkt.« Sie lachte. »Und auch noch ne richtige Handlung hat.«
»Ganz schön ehrgeizig«, sagte Joan, von Lexas Mut beeindruckt. »Wohlgemerkt - nicht, daß ich eine Expertin auf dem Gebiet wäre.«
»Das ist ja überhaupt das Beste an der Sache - wir sind in Amerika, kein Mensch ist ein Experte auf dem Gebiet. Schau, es heißt, der Sex sei ein Geschäft, in dem man strohdoof sein und trotzdem eine Masse Knete machen kann - ich möchte herausfinden, was eine intelligente Pornographin schaffen kann.«
»Es ist dir doch wohl klar, daß absolut jeder Frauen-und-Fami-lien-Verein von hier bis Kalifornien auf die Barrikaden steigen wird...«
»Und so dafür sorgen, daß der Film ein Straßenfeger wird.«
»... ganz zu schweigen von der Reaktion vieler Linken. Meine Wohnungsgenossin Penny würde wahrscheinlich sagen, solange ein Großteil des Grundwassers in New England nicht für Trinkzwecke geeignet ist, gibt es wahrlich wichtigere Probleme als die Qualität unserer erotischen Phantasien.«
Lexa zog eine von Joans Marlboros aus dem Päckchen und zündete sie an. »Zufällig weiß ich eine ganze Menge über die Geschichte der >Initiative sauberes Wasser< in diesem unseren Land«, sagte sie, »und jeder, der dir erzählt, sauberes Wasser und sexuelle Ekstase seien inkompatible Zielsetzungen, ist ein Hohlkopf. Glaubst du vielleicht, deine Wohnungsgenossin wäre bereit zu geloben, so lange in Keuschheit zu leben, bis man wieder unbesorgt Hummer aus der Bucht von Boston essen kann?«
Joan lächelte. »Penny wäre wahrscheinlich die erste, die in den Video-Shop rennt, um deinen Film auszuleihen - unter falschem Namen. Ich
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