Gefaehrliche Sehnsucht
begann, sich um die Sicherheit von Aidan zu sorgen. Irgendwo in ihrem Kopf hörte sie die Stimme ihrer Mutter.
»Geh zurück nach Shadow Fields. Dort hast du Hilfe.« Ihr Unterbewusstsein sagte ihr, dass ihre Mutter Recht hatte. Aber wie sollte sie das anstellen. Sie konnte doch nicht einfach bei George anklopfen und sagen: »Du musst mir helfen, Vampire sind hinter Aidan und mir her ...«
Sie griff sich an die Stirn und dachte nach. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie musste das tun, was ihre Mutter getan hatte. Wenn sie Aidan verließ, würde sie zu ihrem Vater zurückkehren.
Zwei Wochen später saß Aidan im Zug nach Shadow Fields. Sie selbst hatte sich ebenfalls eine Fahrkarte besorgt und begleitete ihre Tochter, ohne dass diese davon wusste. Es war keine leichte Aufgabe, Aidan zu beobachten und zu beschützen, ohne selbst dabei gesehen zu werden.
»Und nun bin ich schon seit Monaten hier«, dachte Ilysa, »und ich fühle die Anwesenheit von Vampiren. Aber ich habe keine Ahnung, wo sie sich tagsüber versteckt halten.«
Gestern hatte sie kurz die Hoffnung, diesem Geheimnis etwas näher zu kommen. Ein junger Mann hatte sie beobachtet. Sie hatte es mit einer großen Intensität gefühlt. Es machte ihr Spaß, ihn an der Nase herumzuführen und so zu tun, als wäre sie ahnungslos. Aber irgendetwas hatte ihm verraten, dass dem nicht so war und er zog sich zurück.
Sie war kurz davor gewesen, ihn zu stellen, als sie plötzlich das Gefühl hatte, George sei in der Nähe. Trotz des Regens konnte ihre feine Nase seinen Geruch wahrnehmen. Sie blickte zurück und sah unter seinem vor Wasser triefenden Hut sein gesenktes Gesicht. Ihr war sofort klar, dass George sie nicht entdeckten durfte. Sie musste sich jetzt auf die Vampire konzentrieren. Nichts durfte sie ablenken. Auch George nicht.
In diesem Augenblick entschied sie sich spontan, den jungen Mann ein anderes Mal zu schnappen. Sie war sich sicher, sie würde ihm bald wieder begegnen. Leise und für George unsichtbar verließ sie den Stadtgarten.
Stunden später war sie wie jeden Abend auf dem Weg zu Aidan, um sie zu beschützen. Ihre Tochter war wieder alleine zu Hause. Ihr Vater war, wie meistens in den letzten Monaten, an einem Tatort. Ilysa stand im schwachen Licht einer Straßenlaterne und blickte verzweifelt die Park Road entlang. Sie fokussierte mit ihren Augen den Parkeingang, aber es regte sich nichts. Sie war nahe daran für heute aufzugeben, aber dann hörte sie es. Das Geräusch kam vom Ufer des Shadow Fields Rivers. Ein lautes Schmatzen ließ ihr das Blut in ihren Adern gefrieren. Lautlos schlich sie näher. Im schwachen Licht erkannte Ilysa hinter einer Nebelschwade ein Gesicht, aus dem sich eine spitze Schnauze mit gefährlichen Raubtierzähnen heraus löste. Ilysa zuckte zurück.
»Ein Wolf«, flüsterte sie ungläubig. »Ein Werwolf.« Ihr Blick senkte sich auf den Boden vor dem Untier. Ein brauner Feldhase lag tot in einer Blutlache. Plötzlich hob das Tier seine Schnauze. Der Wolf schnupperte in die Luft und setzte sich in Bewegung. Er überquerte die Lichtung und lief auf eine Baumgruppe zu. Ilysa blieb stehen und duckte sich hinter einem dichten Strauch, der um eine alte dicke Eiche wuchs. Mit ihren Augen durchdrang sie die Nacht und beobachtete das Tier. Es drehte sich um und sah in ihre Richtung. Langsam hob es den Kopf und begann zu heulen. Es war, als wolle der Werwolf mit ihr sprechen.
Ilysa versuchte, ruhig zu bleiben. Ohne den Wolf aus den Augen zu lassen, schweifte ihr Blick kurz nach oben. Der Himmel war voll von einem Wolkenmeer und nur an manchen aufgerissenen Stellen leuchtete das Mondlicht gespenstisch auf Shadow Fields herab. Als sie ihren Blick wieder senkte, fiel ihr Blick auf eine Gruppe von drei schwarz gekleideten übergroßen Gestalten, die sich dem Tier langsam näherten. Die Szene wirkte unwirklich. Sie schienen keine Angst vor dem gefährlichen Raubtier zu haben. Langsam näherten sie sich dem Wolf und versuchten seine Blickrichtung zu deuten. Dann hob einer der drei Männer seinen Arm und zeigte in ihre Richtung. Ilysa zuckte zurück. Sie griff an ihren Talisman und flüsterte leise eine Schutzformel. Ihre Augen behielt sie dabei immer auf das Geschehen vor sich gerichtet.
Als die Männer sich in ihre Richtung in Bewegung setzten, sprang der Wolf vor und stellte sich vor die dunklen Gestalten. Mit einem gefährlichen Knurren hielt er sie zurück. Ilysa erschrak. Was hatte das zu bedeuten? Da hörte sie ein
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