Gefaehrliche Verstrickung
unverhüllte Weiblichkeit erkannte. »Doch nach unserer ersten Nacht fürchtete ich mich nicht mehr.«
Kichernd wurden dann Scherze über die bevorstehende Hochzeitsnacht gemacht, teils amüsiert, teils aber auch mit neidvollem Unterton. Etliche Hände machten sich an Adriannes Haar zu schaffen, kämmten und flochten es, legten es in Locken, während andere Räucherstäbchen anzündeten und den duftenden Rauch in ihr Haar wedelten. Adrianne brachte es nicht übers Herz, Einwände dagegen zu erheben.
Als die Schneiderin mit dem Hochzeitskleid kam, wurden die meisten Frauen höflich, aber bestimmt aus dem Zimmer gescheucht. Anerkennend mit der Zunge schnalzend und leise Anweisungen murmelnd, half Dagmar Adrianne in den weißen Traum. Sie hatte die Nase voll vom Paradies und sehnte sich nach Paris zurück, wo das Schlimmste, was einer
Frau bei einem nachmittäglichen Bummel passieren konnte, ein paar Pfiffe und unanständige Anträge waren. Unter anerkennenden Ohs und Ahs knöpfte sie zwei Dutzend winzige Knöpfe zu.
»Sie sind eine wunderschöne Braut, Eure Hoheit. Warten Sie.« Ungeduldig verlangte Dagmar nach dem Kopfschmuck. »Ich möchte, dass Sie sich damit im Spiegel betrachten.«
Hauchdünner Tüll wurde vor ihren Augen drapiert. Ein Schleier, selbst heute. Der Alptraum nahm kein Ende, dachte Adrianne, als sie ihre Umgebung wie durch eine Nebelschicht wahrnahm, Der Spiegel wurde so gedreht, dass sie sich in voller Größe darin betrachten konnte, eingehüllt in eine Wolke schneeweißen Satins und steifer Spitze; die Schleppe glitzerte wie ein Wasserfall im Sonnenlicht und reichte bis ans Ende des Raumes. Mehr als hundert Stunden hatten Näherinnen damit zugebracht, die Schleppe über und über mit Perlen zu besticken. Eine Krone aus Perlen und Diamanten bildete den Kopfschmuck, aus dem dann die meterlange Tüllflut entsprang.
»Sie sehen hinreißend aus, fantastisch. Das Kleid ist ein Traum, wie ich es versprochen habe.«
»Ja, mehr als das. Ich danke Ihnen.«
»Es war mir ein Vergnügen«, entgegnete sie, offenbar erleichtert, die Arbeit hinter sich zu wissen. »Ich möchte Ihnen viel Glück wünschen, Hoheit. Mögen all Ihre Wünsche heute in Erfüllung gehen.«
Adrianne dachte nur an Sonne und Mond. »Das werden sie, gewiß.«
Dann nahm sie das Brautbouquet aus Orchideen und weißen Rosen entgegen.
Sie war eine Braut, aber es würde keinen Hochzeitsmarsch geben, keine zusammengebundenen Schuhe und keinen Reis. Aber vielleicht wurde es ihr dadurch sogar leichter gemacht, das ganze nur als Show anzusehen, als Teil des Spiels, das zu spielen sie gezwungen war.
Ihre Hände waren kühl und ruhig, ihr Herzschlag ganz normal, als sie ihren Begleiterinnen in den Saal folgte, wo sie dem Bräutigam und den männlichen Familienmitgliedern präsentiert werden sollten.
Ihr Anblick verschlug ihm buchstäblich den Atem, anders hätte es Philip nicht beschreiben können. Gerade noch hatte er ganz ruhig geatmet und sich wie jeder andere Mann hier im Saal gefühlt, und im nächsten Augenblick blieb für ihn die Welt stehen. Sogar aus seinen Fingern wich jegliches Gefühl. Seine Knie wurden weich. Eine Nervosität und Beklemmung, die er an sich nie gekannt hatte, stieg in ihm hoch und schnürte ihm die Kehle zu.
Reihum wurde die Braut von den männlichen Verwandten geküßt, teils mit feierlicher Miene, teils mit offen gezeigter Freude. Und sehr förmlich von ihrem Vater. Dann nahm Abdu ihre Hand und legte sie in Philips. Damit war er mit ihr fertig.
Sie wurden gesegnet. Die entsprechenden Abschnitte aus dem Koran wurden verlesen, jedoch in Arabisch, so dass Philip kein Wort davon verstand. Er spürte nur Adriannes eiskalte Hand, die in der seinen zu zittern begann.
Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er eine weiße throbe und die traditionelle Kopfbedeckung tragen würde. Das hätte die ganze Angelegenheit noch unrealistischer erscheinen lassen können, doch irgendwie wurde ihr dadurch auch klar, dass , sosehr sie sich auch verstellen und das Ganze als Spiel betrachten mochten, die Eheschließung dennoch eine unleugbare Tatsache war. Zwar nur auf Zeit und leicht aufzulösen, aber zumindest heute real.
Bis zur Prozession sollte noch eine Stunde vergehen. Sie wurde durch einen Schrei angekündigt, dann folgte das traditionelle Zungenschnalzen der Beduinenfrauen, die im Hochzeitssaal warteten. Philip hörte die Trommeln und die Musik, dann begann der lange Marsch.
Heute nacht würden sie noch einmal durch
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