Gefaehrliche Verstrickung
wie die Reklameschilder vor den Kinos. Und sie wusste auch, dass Phoebes Comeback gescheitert war.
Sie besaßen ein Haus, sie besuchte eine gute Schule, doch mit Phoebes Karriere war es stetig bergab gegangen. Nicht nur ihre äußere Schönheit war in Jaquir verblaßt; sie hatte auch ihr schauspielerisches Talent eingebüßt - und ihre Selbstachtung.
»Bist du noch nicht fertig?« Phoebe stürmte in Adriannes Zimmer. Ihre glänzenden Augen und die hektische Stimme verrieten Adrianne, dass ihre Mutter sich wieder mit einem neuen Vorrat an Amphetaminen versorgt hatte. Sie kämpfte gegen das Gefühl der Hilflosigkeit an und versuchte ein Lächeln. Einen neuen Streit, Tränen oder sinnlose Versprechungen ihrer Mutter könnte sie heute abend nicht ertragen.
»Gleich.« Adrianne befestigte den Kummerbund an ihrem Damenfrack. Sie wünschte, sie könnte ihrer Mutter sagen, wie gut sie aussähe, doch Phoebes Abendkleid ließ sie innerlich zusammenzucken. Es war viel zu tief ausgeschnitten und klebte an ihrem Körper wie eine goldene, zweite Haut. Larrys Wahl, dachte Adrianne. Larry Curtis war immer noch Phoebes Agent, ihr zeitweiliger Geliebter und ständiger Manipulator.
»Wir haben noch genügend Zeit«, sagte sie statt dessen.
»Oh, ich weiß.« Phoebe ging rastlos im Zimmer umher, in ihrem glitzernden Goldkleid, aufgeputscht durch die Pillen und ihre eigenen, unberechenbaren Stimmungsschwankungen. »Aber Premieren sind nun mal furchtbar aufregend. Die vielen Menschen, die Kameras.« Sie blieb vor Adriannes Spiegel stehen und sah sich selbst, wie sie früher ausgesehen hatte, ohne die sichtbaren Zeichen ihrer Krankheit und Enttäuschungen. »Alle werden dasein. Wie in alten Zeiten.«
Konfrontiert mit ihrem Spiegelbild, verfiel sie ins Träumen, wie sie es zu oft tat. Sie sah sich selbst im Rampenlicht stehen, umringt von Bewunderern und Freunden. Alle liebten sie, suchten ihre Nähe, wollten mit ihr sprechen und sie berühren.
»Mama.« Beunruhigt durch ihr plötzliches Schweigen, legte ihr Adrianne eine Hand auf die Schulter. Es gab Tage, da verlor ihre Mutter gänzlich den Bezug zur Wirklichkeit, und dieser Zustand dauerte manchmal Stunden. »Mama«, wiederholte sie und verstärkte ihren Griff aus Angst, Phoebe werde wieder in diesen langen schwarzen Tunnel hineingezogen und sich in ihren eigenen Fantasien verlieren.
»Was?« Phoebe tauchte blinzelnd aus ihren Gedanken auf und lächelte dann, als ihr Blick sich auf Adriannes Gesicht heftete. »Meine kleine Prinzessin. Du bist so erwachsen geworden.«
»Ich liebe dich, Mama.« Gegen ihre Tränen ankämpfend, schlang Adrianne die Arme fest um ihre Mutter. Im vergangenen Jahr hatten sich Phoebes Stimmungen mehr und mehr verschlechtert, glichen nun der Achterbahn, mit der sie einst in Disneyland gefahren waren. Ein ständiges Auf und Ab zwischen hoffnungsvollen Hochs und bodenlosen Tiefs. Sie konnte nie sicher sein, ob Phoebe morgens fröhlich lachen und wilde Versprechungen machen oder in Tränen ausbrechen und sich der Verzweiflung überlassen würde.
»Ich liebe dich, Addy.« Sie streichelte über Adriannes Haar und wünschte, die Farbe und der dunkle Glanz mögen sie nicht immer an Abdu erinnern. »Wir machen schon was aus uns, nicht wahr?« Sie wandte sich ab und begann, im Zimmer umherzugehen, umherzuschleichen, ohne Ziel.
»In ein paar Monaten werden wir zu meiner Premiere gehen. Oh, ich weiß, der Film ist nicht zu vergleichen mit diesem hier, aber diese Low-budget-Produktionen sind momentan sehr populär. Es ist, wie Larry schon sagte: Ich muss einfach immer verfügbar sein. Und mit der Publicity, die er plant...« Sie dachte an die Nacktaufnahmen, für die sie letzte Woche posiert hatte. Aber jetzt war nicht der richtige Moment, um ihr davon zu erzählen. Reine Geschäftssache, beruhigte sie sich und verknotete ihre Finger ineinander. Nur Geschäft.
»Ich bin sicher, es wird ein wunderbarer Film werden.« Doch die anderen Filme waren dies nicht, überlegte Adrianne. Die Kritiken waren verheerend gewesen. Sie hatte es gehaßt, ihre Mutter so sehen zu müssen, wie sie sich auf der Leinwand selbst beleidigte, ihren Körper benutzte anstelle ihres Talents. Selbst jetzt, nach fünf Jahren in Kalifornien, muss te sich Adrianne eingestehen, dass ihre Mutter nur eine Art der Gefangenschaft durch eine andere vertauscht hatte.
»Wenn der Film ein Erfolg wird, ein großer Erfolg, dann kaufen wir ein Haus am Strand, das verspreche ich dir.«
»Wir haben doch ein
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