Gefaehrliche Verstrickung
bitte an meinen Nerz, der liegt noch auf dem Dach.«
Das Gesicht in den Händen vergraben, ließ sich Celeste in den cremefarbenen Clubsessel vor dem Küchenfenster sinken. Adrianne machte sich inzwischen über den Kühlschrank her. »Addy, wie lang soll dies noch so weitergehen?«
»Was denn? Ah, Landleberwurst. Genau das richtige. »Sie hörte den langgezogenen Seufzer hinter sich und verbiß sich ein Grinsen. »Ich liebe dich, Celeste.«
»Ich dich auch, mein Schatz. Aber ich werde langsam alt. Denk bitte an mein Herz.«
Adrianne balancierte einen Teller in der Hand, auf dem sich Pastete, Weintrauben und hauchdünne Buttercracker türmten. »Du hast das größte und stärkste Herz von allen, die ich kenne.« Damit hauchte sie Celeste einen Kuss auf die Wange. Angenehm stieg der Duft ihrer Nachtcreme Adrianne in die Nase. »Mach dir keine Sorgen um mich, Celeste. Ich verstehe mich sehr gut auf mein Geschäft.«
»Ich weiß.« Wer hätte das gedacht? Tief durchatmend betrachtete Celeste die junge Frau, die ihr da gegenübersaß. Prinzessin Adrianne von Jaquir, Tochter von König Abdu ibn Faisal Rahman al-Jaquir und der bekannten Schauspielerin Phoebe Spring, mit ihren fünfundzwanzig Jahren Schirmherrin zahlloser Wohltätigkeitsveranstaltungen, Mitglied der Gesellschaft, Liebling der Klatschspalten... und eine Fassadenkletterin.
Wer würde das vermuten? Niemand. Mit dieser Gewißheit versuchte Celeste sich schon seit Jahren zu beruhigen, obwohl sie fand, dass Adriannes Äußeres doch etwas von einer Zigeunerin hatte. Aus dem bezaubernden kleinen Mädchen war eine attraktive Frau geworden. Den goldenen Teint, die dunklen Augen und das Haar hatte sie von ihrem Vater geerbt und von ihrer Mutter die kräftigen Gesichtszüge, die, etwas verfeinert, ihre doch recht kleine Statur wunderbar unterstrichen. Sie verkörperte eine gelungene Mischung aus Zartheit und Exotik mit ihrem grazilen Körper und den ausgeprägten Gesichtszügen. Der Mund war der Phoebes, und es versetzte Celeste jedesmal einen kleinen Stich, wenn sie ihn betrachtete. Die Augen - sosehr sich auch Adrianne gewünscht haben mochte, nichts von ihrem Vater geerbt zu haben - waren Abdus Augen: schwarz, mandelförmig und klug.
Von ihrer Mutter hatte sie die Großherzigkeit, die Wärme und die edle Gesinnung geerbt, von ihrem Vater die Entschlossenheit, die Stärke - und den Hang zur Rache.
»Adrianne, es gibt keinen Grund mehr für dich, damit weiterzumachen.«
»Doch, alle Gründe der Welt.« Adrianne schob sich einen Cracker in den Mund.
»Phoebe hat uns verlassen, Liebes. Und nichts kann sie uns zurückbringen.«
Für einen Augenblick, nur für einen kurzen Augenblick bekam ihr Gesichtsausdruck etwas Jugendliches und ungeheuer Verletzliches. Dann wurde ihr Blick wieder hart. Nachdenklich bestrich sie einen weiteren Cracker mit Pastete. »Ich weiß es, Celeste. Niemand weiß das besser als ich.«
»Ach Liebes.« Sanft streichelte Celestes Hand über Adriannes. »Sie war meine beste und liebste Freundin, genau wie du nun. Ich weiß, wie sehr du mit ihr und unter ihrer Krankheit gelitten hast, wie verzweifelt du versucht hast, ihr zu helfen. Aber jetzt ist es nicht mehr notwendig, solche Risiken einzugehen. Und auch vorher war es nicht nötig. Immerhin bin ich immer für euch dagewesen.«
»Ja.« Adrianne drehte ihre Hand um, so dass sich ihre Handflächen berührten. »Das warst du. Und ich weiß, dass du für alles aufgekommen wärst, wenn ich es zugelassen hätte - die Rechnungen, die Ärzte, die Medikamente. Ich werde nie vergessen, was du für mich und Mama getan hast. Ohne dich hätte sie nie so lange durchgehalten.«
»Sie hat nur für dich durchgehalten.«
»Ja, das ist wahr. Und was ich tat, was ich jetzt tue und in Zukunft tun werde, das tue ich allein für sie.«
»Addy...« Celeste verspürte eine Angst, die nicht von den Worten selbst herrührte; es war die kalte Sachlichkeit, mit der sie ausgesprochen wurden, die ihr die Kehle zuschnürte. »Addy, es ist nun über sechzehn Jahre her, dass du Jaquir verlassen hast. Und seit fünf Jahren ist Phoebe tot.«
»Und mit jedem Tag wächst die Schuld. Celeste, bitte, sieh mich nicht so an.« Adrianne grinste, versuchte, die trübe Stimmung zu verjagen. »Was wäre ich ohne dieses... dieses Hobby? Ich wäre genau das, was die Presse aus mir zu machen versucht, eine reiche, adlige Gesellschaftsbiene, die ein wenig in Wohltätigkeit macht und von Party zu Party flattert.«
Adrianne schnitt
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