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Gefährliches Geheimnis

Gefährliches Geheimnis

Titel: Gefährliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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wurde rot vor Zorn, und seine Kollegen unterdrückten ein Lächeln. Monk eilte mit Runcorn auf den Fersen weiter.
    »Woher wissen Sie das?«, fragte Runcorn, sobald sie außer Hörweite waren.
    »Ich war hier schon mal«, antwortete Monk und ver- suchte, sich darauf zu besinnen, wo genau der Operations-
    saal lag.
    »Das über den … Blinddarm!«
    »Ein gewisser Gray hat vor drei Jahren ein Buch über Anatomie veröffentlicht«, antwortete Monk. »Hester hat ein Exemplar. Hier.« Er stand vor der Tür, die er für die richtige hielt, und trat ein.
    Bis auf Kristian Beck, der neben einem Tisch stand, war der Raum leer. Er war in Hemdsärmeln, und an seinen aufgerollten Manschetten war Blut, aber seine Hände waren sauber. Monk hatte ihn eine ganze Weile nicht gesehen und hatte vergessen, welch starken Eindruck er auf sein Gegenüber machte. Er war Anfang fünfzig, durchschnittlich groß, sein Haaransatz ging leicht zurück, aber seine Augen zogen alle Aufmerksamkeit auf sich. Sie waren dunkel und von so bemerkenswerter Intelligenz, dass sie wirklich schön zu nennen waren. Sein Mund deutete Leidenschaftlichkeit an, aber man spürte deutlich eine innere Kontrolle, als kämen heftige Gefühle nur selten zum Ausbruch.
    Er holte Luft, um sich gegen die Eindringlinge zu wehren, aber als er Monk erkannte, entspannte sich seine Miene, auch wenn die Zeichen der Erschütterung weiterhin deutlich zu erkennen waren.
    »Es tut mir Leid«, sagte Monk, und die Aufrichtigkeit, mit der er dies empfand, lag deutlich in seiner Stimme.
    Kristian antwortete nicht, und ein Blick in sein Gesicht zeigte, dass der Verlust ihn einen Augenblick übermannte und ihm das Sprechen unmöglich machte.
    Runcorn rettete die Situation. »Dr. Beck, ich bin Superintendent Runcorn. Wir müssen Ihnen leider ein paar Fragen stellen, die keinen Aufschub dulden. Haben Sie jetzt Zeit? Ich denke, es wird etwa eine Stunde dauern.«
    Kristian nahm sich zusammen. Vielleicht war er
    erleichtert, etwas Konkretes tun zu müssen. »Ja, natürlich. Obwohl ich nicht weiß, was ich Ihnen erzählen sollte, was helfen könnte.« Das Sprechen fiel ihm schwer. »Sie haben mir nicht gesagt, wie sie umgebracht wurde. Ich habe sie natürlich … im Leichenschauhaus gesehen. Sie sah … unverletzt aus.«
    Runcorn schluckte, als hätte er einen Frosch im Hals.
    »Man hat ihr das Genick gebrochen. Es muss sehr schnell gegangen sein. Ich glaube wohl, dass sie kaum etwas gespürt hat.«
    »Und die andere Frau?«, fragte Kristian leise.
    »Das Gleiche.« Runcorn blickte sich um, als suchte er nach einem geeigneteren Ort für ihr Gespräch.
    »Hier werden wir nicht gestört«, sagte Kristian gequält.
    »Heute operiert außer mir niemand.«
    »Sind Sie deswegen hier?«, fragte Runcorn. »Unter den gegebenen Umständen …«
    »Nein«, sagte Kristian schnell. »Sie haben jemanden gefunden. Ich … Ich wollte nur nicht herumsitzen und … nachdenken. Die Arbeit kann ein Segen sein.«
    »Ja.« Schmerz brachte Runcorn in Verlegenheit, besonders wenn er diesen zwar verstand, aber nicht teilen konnte. Sein Unbehagen stand ihm ins Gesicht geschrieben, und auch seine Körperhaltung – er wusste nicht, wohin mit seinen Händen, und sein Blick mied geflissentlich die Instrumente, die auf dem Tisch in der Nähe der Wand auf- gereiht waren – verriet ihn. »Wussten Sie, dass Mrs. Beck sich von Argo Allardyce porträtieren ließ, Doktor?«
    »Ja, natürlich. Ihr Vater hatte das Bild in Auftrag gegeben«, antwortete Kristian.
    »Waren Sie je in dem Atelier oder haben Sie Allardyce kennen gelernt?«
    »Nein.«
    »Kein Interesse an dem Porträt Ihrer Frau?«
    »Ich habe sehr wenig Zeit, Superintendent. Die Medizin ist, wie die Polizeiarbeit, sehr anspruchsvoll. Ich hatte mich sehr darauf gefreut, es zu sehen, wenn es fertig war.«
    »Und Sie sind Allardyce nie begegnet?«, hakte Runcorn noch einmal nach.
    »Meines Wissens nicht.«
    »Er hat mehrere Bilder von ihr gemalt, wussten Sie das?« Kristians Miene war unlesbar. »Nein, das wusste ich
    nicht. Aber es überrascht mich nicht. Sie war schön.«
    »Würde es Sie überraschen, wenn er sich in sie verliebt hätte?«
    »Nein.« Ein leichtes Lächeln zuckte um Kristians Mund.
    »Und es macht Sie nicht wütend?«
    »Warum sollte es, Superintendent, solange er sie nicht belästigt?«
    »Sind Sie sicher, dass er das nicht getan hat?«
    Das Gespräch führte zu nichts, und Runcorn war sich dessen ebenso bewusst wie Monk. In Runcorns Stimme lag ein

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