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Gefährliches Geheimnis

Gefährliches Geheimnis

Titel: Gefährliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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wehenden Röcken und mit einem Fichu aus Spitze um den Hals hereingefegt. Ihre dunklen Augen strahlten, und auf ihre Wangen lag eine leichte Röte.
    »Hallo, Hester!«, sagte sie fröhlich. »Zweimal innerhalb von vier Tagen! Hast du dir plötzlich überlegt, alle deine Bekannten zu besuchen? Jedenfalls ist es sehr schön, dich zu sehen.« Sie gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange, dann trat sie einen Schritt zurück und warf einen Blick auf den Tisch. »Kein Tee? Ich nehme an, es ist viel zu früh, aber du möchtest doch sicher etwas? Nell sagt, du bist schon eine Dreiviertelstunde hier. Es tut mir Leid. Ich rede mit ihr …«
    »Bitte nicht!«, sagte Hester schnell. »Sie hat mir Tee angeboten, aber ich habe abgelehnt. Und mach dir keine Umstände. Du kommst wohl gerade vom Lunch?«
    »Was?« Imogen sah einen Augenblick aus, als läge ihr nichts ferner, dann lachte sie. Es war ein aufgeregtes, glückliches Lachen.
    »Ja … natürlich.« Sie schien zu rastlos zu ein, um sich hinzusetzen, bewegte sich vielmehr ungewöhnlich umtriebig durchs Zimmer. »Wenn du nichts essen oder trinken willst, was kann ich dir sonst anbieten? Ich bin mir sicher, dass du keinen Klatsch hören willst. Du kennst die Menschen, mit denen ich verkehre, nicht. Wie auch immer, sie sind die größten Langeweiler aller Zeiten. Sie sagen und tun jeden Tag die gleichen Dinge und sind fast alle vollkommen humorlos!« Sie wirbelte herum und ließ die Röcke fliegen. »Was ist los, Hester? Sammelst du für einen
    Wohltätigkeitsverein?« Sie sprach schnell, die Worte sprudelten förmlich aus ihr heraus. »Lass mich raten! Ein Krankenhaus? Willst du, dass ich mich in meinem Freundeskreis nach Töchtern umsehe, damit aus ihnen anständige junge Damen werden, die für eine gute Sache hart arbeiten? Miss Nightingale ist so eine Heldin, dass sie vielleicht sogar mitmachen würden! Obwohl es nicht mehr in Mode ist wie Ende des Krieges. Schließlich kämpfen wir im Moment nicht gegen jemanden, oder? Natürlich, Amerika, aber das geht uns wirklich nichts an!« Ihre Augen strahlten, und sie sah Hester erwartungsvoll an.
    »Nein, es würde mir nicht in den Sinn kommen, deine Freunde um Hilfe zu bitten«, antwortete Hester mit einer leichten Schärfe.
    »Die Menschen müssen sich der Krankenpflege widmen, weil sie es wollen, nicht weil jemand sie darum gebeten hat oder sie den Angebeteten nicht heiraten konnten.«
    »Oh, bitte!«, sagte Imogen mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Du klingst so pompös! Ich weiß, dass du es nicht so meinst, aber …«
    Hester hatte Mühe, Gleichmut zu bewahren.
    »Kennst du Argo Allardyce?«, fragte sie.
    Imogens Augenbrauen schossen in die Höhe. »Was für ein phantastischer Name! Ich glaube nicht. Wer ist das?«
    »Ein Künstler, dessen Modell vor kurzem ermordet wurde«, antwortete Hester und beobachtete sie genau.
    »Ich lese keine Zeitungen.« Imogen zuckte leicht die Schultern. »Es tut mir natürlich Leid, aber solche Dinge passieren.«
    »Gleichzeitig wurde die Frau eines Arztes ermordet«, fuhr Hester fort und ließ den Blick nicht von Imogens Gesicht. »In der Acton Street, gleich um die Ecke von der
    Swinton Street.«
    Imogen erstarrte und machte große Augen. »Die Frau eines Arztes?«
    »Ja.« Hester spürte ein Flattern aus Angst, fast wie
    Ohnmacht.
    »Elissa Beck.«
    Imogen war weiß wie ein Laken. Hester fürchtete, sie würde in Ohnmacht fallen. »Es tut mir Leid«, sagte Hester schnell und trat einen Schritt auf Imogen zu, um sie aufzufangen, falls sie taumelte oder fiel.
    Imogen wies sie mit einer heftigen Handbewegung ab, ging zum Sofa und sank darauf nieder, wobei ihre Röcke sich um sie bauschten. Sie schlug einen Augenblick die Hände vors Gesicht. »Ich war da!«, sagte sie heiser. Ihre Stimme kratzte, als täte ihr die Kehle weh. »Ich meine, direkt um die Ecke! Ich … ich habe eine Freundin besucht. Wie schrecklich!«
    Hester hätte an dieser Stelle lieber nicht nachgehakt, aber der Gedanke an Charles trieb sie an. »Was für eine Freundin?«
    Imogen schaute überrascht auf. »Was?«
    »Was für eine Freundin hast du in dieser Gegend?«
    In Hesters Augen blitzte Zorn auf. »Das geht dich nichts an, Hester! Ich habe nicht die Absicht, mich vor dir zu rechtfertigen, und es ist unhöflich, dass du danach fragst!«
    »Ich versuche, dich davor zu bewahren, in eine sehr hässliche Untersuchung hineingezogen zu werden«, sagte Hester heftig.
    »Du warst in der Swinton Street, einen Block von dort

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