Gefährliches Spiel
den Rücken gegen die Garagenwand gelehnt, in die Hocke. Er wartete ein, zwei Sekunden, um seine Stimme unter Kontrolle zu kriegen. „Bingo.“
„Hör zu, Vollidiot. Ich weiß nicht, was zur Hölle du glaubst, was du da machst, aber du gefährdest die Mission. Das ist nichts Neues. Du gefährdest die Mission seit Tagen, aber das hier geht jetzt selbst über deinen normalen Wahnsinn hinaus. Zieh dich zurück. Sofort.“
„Vergiss es. Hör mir zu“, flüsterte er dringlich. „Worontzoff ist hier.“
„ Was ?“
„Du hast mich schon verstanden. Er ist hier in Charitys Haus. Genau jetzt. Er ist schon seit über einer halben Stunde hier. Ich … ich habe das Haus verwanzt, und bevor du jetzt vollkommen ausrastest, bedankst du dich lieber bei mir, denn heute Nachmittag passiert etwas, und er will es mit Charity beim Abendessen bei sich zu Hause feiern.“
Der Gedanke machte ihn wahnsinnig. Er konnte sich mit übernatürlicher Genauigkeit an Worontzoffs Gesichtsausdruck erinnern, als er an dem Abend der Soiree Charity berührt und einen Steifen gekriegt hatte. Er konnte sich auch ohne jegliche Probleme Worontzoffs Reaktion vorstellen, wenn Charity ihn zurückwies. Worontzoff war in seiner Welt ein König. Könige waren daran gewöhnt, dass man ihnen gehorchte. Könige bestraften Menschen, die ihnen nicht gehorchten.
„Ich werde es ihr sagen“, sagte Nick plötzlich. Das war die einzige Möglichkeit, die ihm einfiel, um sie zu retten. Er musste alles enthüllen. Wenn sie die ganze Wahrheit wusste, würde sie ganz sicher nicht zu der Villa fahren. „Ich werde ihr sagen, wer er ist und dass sie nicht zu ihm gehen kann. Er wird sie umbringen lassen.“ Das Blut gefror in seinen Adern, als er sich Worontzoffs mögliche Reaktionen vorstellte. Wenn er einem Untergebenen befahl, eine Prostituierte an einen Fleischerhaken zu hängen, dann wollte Nick gar nicht darüber nachdenken, was er Charity antun würde. In seinem verrückten Gehirn war sie seine lang verlorene Geliebte. Wenn Charity ihn zurückwies, würde seine Rache schnell und unbeschreiblich grausam sein.
Natürlich würde Nick zwei Dinge verraten müssen, um sie zu warnen – zum einen müsste er seine wahre Identität enthüllen und zum anderen seinen Auftrag. Manche Männer waren eher gestorben, als während eines Einsatzes ihre Tarnung aufzugeben. Dieser Verhaltenskodex kam für Nick dem am nächsten, was anderen eine Religion war. Was er tun wollte, war undenkbar. Er wusste es, aber das würde ihn nicht abhalten.
Der große, böse Iceman hatte vollkommen die Kontrolle verloren und konnte sich nicht einmal weiter als dreißig Meilen von hier entfernen. Er befand sich auf einem Zug, dessen Bremsen versagten und der auf die zerstörte Brücke über die Schlucht zuraste. Zwar war er für seine eisige Selbstkontrolle bekannt, aber jetzt saß jemand anderes in seinem Kopf an den Kontrollhebeln und den Schaltern im Maschinenraum. „Sobald der Scheißkerl weg ist, gehe ich rein.“
Di Stefanos scharf eingezogener Atem klang laut aus dem Handy. „Kommt überhaupt nicht infrage“, knurrte er. „Das tust du ganz sicher nicht. Bist du verrückt geworden? Was zur Hölle ist los mit dir? Du spülst diesen ganzen Einsatz gerade eiskalt das Klo runter. Sobald Worontzoff ahnt, dass sie etwas weiß, wird alles zusammenbrechen.“
Seine Stimme hörte sich blechern an, ganz weit weg – auf jeden Fall viel zu weit, um Nicks Meinung zu ändern. Bla, bla, bla. Nichts, was Di Stefano sagen würde, konnte seine Entscheidung beeinflussen. In der Sekunde, in der er sie getroffen hatte, wusste er, dass es richtig war. Er musste reingehen und Charity davon überzeugen, heute Abend nicht wegzugehen.
Er konnte sie ganz deutlich vor sich sehen – die Gabelung der Straße. Er schlug einen Weg ein und dies passierte, er tat etwas anderes und das passierte.
Er würde genau jetzt in Charitys Haus gehen, sie in Schutzhaft nehmen und sie in ein sicheres Haus stecken, bis der Auftrag erledigt war. Wenn Worontzoff erst mal weggeschlossen war, würde er kommen und sie holen. Sie wäre natürlich verärgert, weil er sie belogen hatte, aber unterm Strich wäre sie am Leben.
Das wäre Option eins.
Option zwei.
Er tat nichts – blieb einfach hier neben Charitys Garage hocken, hörte zu, wie sie weinte und sich übergab, hörte dann weiter zu, wie sie sich fertig machte, um sich mit einem bekannten Mafiaboss zu treffen. Worontzoff würde mit dem Gedanken, Katya zurück in sein Bett
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