Gefaehrten der Finsternis
nach Süden zieht. Jetzt lagert er an der Grenze zum Ewigen Königreich, auf Höhe der Grenzstädte. Zwei von diesen fünf Städten wurden schon geräumt und zwei weitere bringen gerade ihre Zivilbevölkerung in die Letzte Stadt. Ein anderer Zug von Flüchtlingen aus den Grenzregionen versucht, die Ödnis zu durchqueren, oder auch den Wald und die Sümpfe, um bis zur Feste Syrkun zu gelangen. Da wird man sie aber wahrscheinlich abweisen. Die Ewigen sind bei Altambra geschlagen worden, haben sich zur Ödnis zurückgezogen und damit
die Grenzregionen praktisch ohne Schutz zurückgelassen. Wenn wir uns also dem Heer der Ewigen anschließen wollen, müssen wir nach Syrkun gehen.«
»Einen Moment«, unterbrach ihn der Einsame. »Ich habe nie gesagt, dass ich mich dem Heer der Ewigen anschließen will. Ich habe nur gesagt, dass ich ihnen helfen will. Und zwar auf meine ganz eigene Weise.«
»Und wie?«, fragte Viridian verblüfft.
»Wenn Hauptmann Vandriyan als der Letzte der Ersten gilt«, begann der Einsame gedankenversunken zu erzählen, »dann nur, weil es seit langer Zeit öffentlich heißt, dass ich schon längst gestorben oder zumindest spurlos verschwunden bin, obwohl niemand etwas Genaueres darüber weiß. Während meiner Wanderungen durch das Königreich zeigt man mit Fingern auf mich, als wäre ich ein Schatten, ein übernatürliches Wesen. Und was dich betrifft, dich haben sie schon für tot erklärt, bevor ich gegangen bin.«
»Worauf willst du hinaus?«, fragte Viridian misstrauisch. »Du willst doch hoffentlich keine Toten wieder zum Leben erstehen lassen?«
»Und warum nicht?« Auf dem stets ernsten Gesicht des Einsamen erschien plötzlich ein Lächeln. »Hast du nie davon gehört, dass Einbildung eine mächtige Waffe ist? Der Feind hat immer Furcht als Mittel benutzt, um seine Gegner zu besiegen. Gut, habe ich mir gesagt, dann tun wir eben das Gleiche. Unsere Feinde sind stark, das will ich gar nicht leugnen. Aber sie sind auch abergläubisch. Was meinst du, was passiert, wenn sie plötzlich zwei Männer vor sich sehen, die sie seit Jahrhunderten tot glauben!«
Viridian sah ihn zweifelnd an. »Das kann nichts werden. Damit wirst du sie nicht in Angst versetzen.«
»Natürlich rechne ich damit, dass die Ewigen ihren Teil dazu beitragen«, fuhr der Einsame gelassen fort. »Du musst wissen:Wo
immer ich Städte betrete, verbreitet sich regelrechte Panik und alle schließen sich in ihren Häusern ein.Wenn sogar die Ewigen sich so aus der Ruhe bringen lassen - glaubst du dann nicht, dass wir auch den Feind erschrecken können?«
»Könnte sein«, gab Viridian zu. »Aber ich sage dir, das überzeugt mich nicht.«
»Keine Sorge. Ich weiß, was ich tue, das habe ich immer gewusst. Seit mehr als zweihundertfünfzigtausend Jahren. Kannst du mir vertrauen?«
»Ja, aber …« Viridan schien noch nicht aufgeben zu wollen.
»Kein Aber!« Der Einsame beendete abrupt das Thema. »Wir werden nach Syrkun gehen. Wenn dort gekämpft wird, müssen wir dorthin. Ach, und da ist übrigens noch etwas, das ich dich fragen muss:Würden die Behaarten, entschuldige, ich meine natürlich die Droqq, dir überallhin folgen? Und jedem deiner Befehle gehorchen?«
»Vermutlich schon«, antwortete Viridian vorsichtig. »Aber warum ist das wichtig?«
»Glaubst du nicht«, fragte der Einsame, »dass der Überraschungseffekt noch größer wäre, wenn zwei Tote, die plötzlich aus dem Nichts auftauchen, von einem Heer von wütenden behaarten Wesen begleitet werden, die noch nie zuvor jemand gesehen hat?«
Viridian seufzte. »Marydan! Das meinst du doch nicht ernst!«
»Das ist mein verdammter Ernst,Viridian«, bestätigte der Einsame.
Slyman und Rabba Nix waren wieder aufgebrochen. Inzwischen dachte der junge Ewige, dass es alles in allem ein Glück gewesen war, diesem Gnom zu begegnen. Sicher, Rabba Nix war das ungeschickteste Wesen und der größte Tollpatsch, den er je gesehen hatte … Er hatte es bereits geschafft, die Hälfte von Slymans Sachen zu ruinieren, und als er Feuer machen wollte,
hatte er beinahe einen Waldbrand ausgelöst. Aber wenn er sich bemühte, konnte er ein ausgezeichneter Führer sein. Er kannte die Wälder wie seine eigene Westentasche, jeden Fußbreit, jeden Platz. Er wusste mit äußerster Genauigkeit Wege, Furten, Schlupfwinkel von Tieren zu finden.Wenn man ihm folgte, konnte man sich unmöglich verirren oder blindlings in eine Gefahr laufen. Und Rabba Nix wusste auch, was im Wald essbar war und
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