Gefaehrten der Finsternis
Jahrtausenden bei solchen Gelegenheiten verwendet wurde.Tatsächlich war es das erste Mal, dass Tyke sie gemäß ihrer Bestimmung aussprach.
»Sehr gut.« Der Regent erhob sich und schien offensichtlich sehr zufrieden. »Wenn du also aufstehen möchtest, lasse ich dir Kleider bringen. Nimm dir so viel Zeit, wie du willst. Draußen vor der Tür steht eine meiner Mägde: Was immer du möchtest, du brauchst sie nur darauf anzusprechen.«
Mit diesen Worten ging er aus dem Zimmer und ließ Tyke allein zurück. Kurz darauf betrat ein Mädchen, dessen Gesicht hinter einem Schleier verborgen war, mit sauberen Kleidern im Arm das Zimmer. Es legte die Sachen mit einem leichten Knicks aufs Bett und verschwand gleich wieder so schweigend, wie es gekommen war.Tyke konnte nur sehr wenig von der jungen Frau erkennen, aber er glaubte, dass sie wunderschön war. Als er nun sicher war, dass niemand mehr unerwartet eintreten würde, stand er auf und fand erleichtert heraus, dass neben dem Bett sowohl ein Nachttopf als auch eine Schüssel voller Wasser standen. Er wusch sich das Gesicht, kämmte sich die Haare, polierte seine
Kristallohrringe und zog sich dann schnell an. Die Gewänder, die man ihm gebracht hatte, waren aus violetter, silberdurchwirkter Seide und passten ihm wie angegossen, sodass Tyke vermutete, sie seien extra für ihn angefertigt worden. Er schlüpfte gleich darauf in die Stiefel und warf dann einen zufriedenen Blick in den Spiegel des Toilettentischchens. Die Gewänder standen ihm ausgezeichnet und verliehen ihm eine ungewohnt edle und würdevolle Aura. Nur eins quälte ihn noch - er war immer noch unbewaffnet. Mit einem guten Schwert an seiner Seite hätte er sich wesentlich wohler gefühlt. Aber dem konnte ja abgeholfen werden. Es war Zeit, sich in die Waffenkammer zu begeben, wie es ihm der Regent vorgeschlagen hatte. Fröhlich vor sich hinpfeifend, wie er es seit den Lebzeiten seines Vaters nicht mehr getan hatte, warf er sich den neuen Umhang um die Schultern und verließ das Zimmer.
Das Mädchen, das ihm die Kleider gebracht hatte, wartete in einem geräumigen hellen Vorzimmer auf ihn. Sie hatte anscheinend die ganze Zeit neben der Tür gestanden. Als sie seiner ansichtig wurde, knickste sie anmutig, ergriff Tykes Hand und küsste sie ehrerbietig. »Der Regent und seine Gemahlin erwarten Euch in ihren Gemächern, Prinz von Mirnar«, verkündete sie ihm. »Wenn Ihr mir bitte folgen wollt.«
Tyke gehorchte und eilte hinter ihr her durch die Treppenfluchten und Flure des Palastes, der ihm größer und prächtiger erschien als der Königssitz des Nebelreiches. Staunend fragte er sich, wie herrlich dann wohl erst die Weiße Residenz der Ewigen sein mochte, wenn schon der Regent einer Grenzstadt sich so ein prunkvolles Gebäude erlauben konnte. Und allmählich begriff er, warum Lucidious so viel daran lag, auch nur einen kleinen Teil des Ewigen Königreiches unter seine Kontrolle zu bekommen. Allerdings wusste er genau, dass sein Bruder all die wunderbaren Dinge, die die Ewigen in so vielen Jahrtausenden errichtet hatten, nur zerstören und ihre Reichtümer für sinnlose Dinge
vergeuden würde. Mehr als jemals zuvor wünschte er von ganzem Herzen, dass die Schwarzen Truppen diesen Krieg nicht gewinnen würden. Sie durften keine Gelegenheit bekommen, die Pracht und die vollkommene Harmonie der Ewigen zu zerstören!
»Hat der Regent Kinder?«, fragte er das Mädchen, um ein Gespräch zu beginnen.
»Ja, zwei.« Sie nickte. »Aber sowohl er als auch seine Gemahlin erfreuen sich bester Gesundheit, sodass es nicht verwundern würde, wenn sie noch ein drittes bekämen. Der Ältere, Atur der Unerschrockene, ist erst vor Kurzem fünfhundertsechs geworden. Seine Schwester Irmya ist nur ein wenig jünger.«
Tyke versuchte, sich die Schönheit der Tochter des Regenten vorzustellen, aber das wollte ihm nicht gelingen.Wenn schon die Mägde so anmutig waren, wie bezaubernd mochte erst eine junge Ewige von edler Herkunft sein?
Die Magd blieb vor einer weißen Tür stehen und gab Tyke ein Zeichen. »Es ist mir nicht erlaubt, die Privatgemächer des Regenten zu betreten«, erklärte sie. »Aber Euch erwartet er dort.«
Im Nebelreich war es nicht üblich, dass die Herrscher ihre Untergebenen freundlich behandelten, aber Tyke nahm an, dass die Ewigen, die ja von Natur aus höflich waren, dies taten. Daher dankte er dem Mädchen, ehe er die weiße Tür aufstieß. Dann betrat er das private Wohngemach des Regenten.
Er kam in
Weitere Kostenlose Bücher