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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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eigenen Namen aussprach.Wie lange hatte ihn niemand mehr so genannt? Es mussten Jahrtausende sein, seit er der Welt der Ewigen den Rücken gekehrt hatte. Sicher, da war ja noch Slyman, doch der Junge hatte seinen wirklichen Namen nie erfahren. Als er nun nach so vielen Jahren seinen Namen wieder hörte, kamen in dem Einsamen Erinnerungen an Erlebnisse hoch, von denen er eigentlich angenommen hatte, er habe sie vergessen. Er hatte also noch einen Namen, noch war er jemand.
    »Also dann, Mardyan«, sagte der Unbekannte lächelnd. »Mardyan, der Einsame. Klingt gut. Darf ich mich dann auch vorstellen: Viridian, der Schwarze, zu deinen Diensten.«
    »Warum der Schwarze?«, fragte der Einsame verwirrt.

    Viridian lachte und meinte: »Ich wusste, du würdest das fragen. Wegen meiner Haare. Ich habe einige Jahre bei den Sterblichen im Nebelreich gelebt und sie haben diese Angewohnheit, sich die Haare schwarz zu färben, besser gesagt: sie in schwarze und silberne Strähnen zu färben. Und weil ich mich angepasst und den Brauch übernommen habe, nennt man mich heute noch der Schwarze. Zufrieden?«
    »Hmm«, war der einzige Kommentar des Einsamen dazu. »Hör mal, ist es zuviel verlangt, wenn ich darum bitte, mich loszumachen?«
    Viridian lachte wieder auf. »Deine Haltung ist nicht gerade bequem, oder? Das dachte ich mir schon. Entschuldige, dass ich dich nicht schon früher losgebunden habe, aber sie werden nicht sehr erfreut sein, wenn ich das mache.Wenn du mir versprichst, dass du mir nicht wegläufst, werde ich dich trotzdem runterlassen.«
    »Versprochen«, sagte der Einsame. Er hätte alles versprochen, nur um wieder Boden unter den Füßen zu haben. Er hätte sowieso nicht gewusst, wohin er laufen sollte, und außerdem hoffte er, dass Viridian ihm helfen konnte.
    »Na gut. Ich verlasse mich auf dich.« Viridian zog einen Hocker heran und stieg darauf, dann zog er sein Schwert, führte die Klinge an die Seile um die Knöchel des Einsamen heran und schnitt sie durch. Der Einsame landete auf seinen ausgestreckten Händen und schwang sich, als wäre es das Natürlichste auf der Welt, mit einem eleganten Salto auf seine Füße.
    Viridian steckte zwei Finger in den Mund und stieß einen Pfiff aus. »Nicht schlecht!«, rief er aus. »Bist du etwa ein Gaukler?«
    »Nein«, antwortete der Einsame empört und massierte sich den schmerzenden Rücken. »Ich bin ein Reisender und Kämpfer.«
    »Fast wie ich«, sagte Viridian. »Von Natur aus bin ich jemand, der sich in alles einmischen muss, von Beruf bin ich Deserteur und meiner Neigung nach bin ich ein Forscher und Entdecker.«

    »Na großartig! Fahnenflucht ist das Erbärmlichste, was ein Soldat tun kann.«
    »Ja, so sagt man.« Viridian nickte ernst. »Aber ich bin nun mal ein erbärmlicher Kerl, ohne einen Funken Ehre und Anstand im Leib, also, da muss man sich ja nicht wundern, oder?«
    Der Einsame zog es vor, nicht darauf einzugehen. Hauptsache, er stand wieder auf seinen Beinen und war noch am Leben. Er betrachte Viridian etwas eingehender. Dieser Ewige war seltsamer, aber anscheinend auch boshafter, als er auf den ersten Blick gewirkt hatte. Seine Augen leuchten in einem ungewöhnlichen Kornblumenblau und waren ein wenig mandelförmig geschnitten, und seine Lider waren schwarz umrahmt, was das leuchtende Blau seiner Iris besonders betonte. Seine Nase war gerade und schmal, fast ein wenig zu lang geraten, und seine zu einem zwielichtigen Lächeln verzogene Lippen waren schmal, aber weich. Ein Hauch von Röte lag auf seinen blassen Wangen. Die langen schlanken Finger seiner eleganten Hände verschränkte er gerne miteinander. Seine Kleidung war eines Königs würdig: ein mit goldenen Bändern geschnürtes Oberteil aus schwarzer Seide, eine schwere Silberkette um die Taille, die Hosen wieder aus schwarzer Seide und golden gesäumt, dazu Stiefel aus glattem schwarzem Leder. Um seine Schultern wehte ein schwarzer Umhang. Sowohl der silberne Bogen als auch das Schwert, das er sich nun wieder an der Seite befestigt hatte, waren ausgezeichnete Waffen, die noch dazu sehr alt zu sein schienen. Er sah gar nicht aus wie ein Deserteur, aber ebensowenig wie ein echter Soldat. So auf den ersten Blick machte er den Eindruck eines vornehmen einsamen Kriegers.Aber was hatte ein so edel gekleideter Ewiger hier mitten unter den Behaarten zu suchen?
    »Wie bist du hierhergekommen,Viridian?«, fragte ihn der Einsame. »Dieser Ort liegt nun wirklich ziemlich abseits von den Städten des

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