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Geh Ich Auf Meine Hochzeit

Geh Ich Auf Meine Hochzeit

Titel: Geh Ich Auf Meine Hochzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Kelly
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habe ich nicht‹ hätte Olivia gerne geantwortet. Schließlich verfüge ich nicht über hellseherische Kräfte. Ich wasche und bügle deine Kleidung auf den Verdacht hin, dass du einiges davon tragen möchtest. Ich weiß nie, nach welchem Anzug dir an einem bestimmten Tag gerade der Sinn stehen könnte.‹ Stattdessen verzog sie leicht das Gesicht und entschuldigte sich nochmals.
    Ab diesem Zeitpunkt war Stephen leicht gereizt. Olivia ahnte, dass er auf der Hochzeit schlechte Laune haben würde. Insgeheim grübelte sie darüber nach, neben welchen Gast sie Vida bitten könnte, Stephen zu platzieren, damit er sich nicht langweilte. Vida würde sie verstehen, darauf vertraute Olivia. Es würde Vida nichts ausmachen, ihre sorgfältig geplante Tischordnung auf den Kopf zu stellen, damit Stephen keinen Wutanfall bekam.
    Schweigend machte sie sich und Sasha fertig. Die Freude, ihre Tochter in ihr märchenhaftes Wildseidenkleid zu stecken, wurde durch die eisige Stimmung in der Wohnung beeinträchtigt. Jetzt erschien die durch die Fenster hereinströmende Sonne fahl, und Olivia zitterte in ihrem dünnen Morgenmantel, eine Gänsehaut überzog ihren allzu schlanken Körper. Stephen verstand sich wirklich darauf, die Atmosphäre zu vergiften, dachte sie, während sie ihre Tochter anlächelte, als sei alles in Ordnung. Dann kniete sie sich auf den Boden und schloss ihre winzigen, mit Stoff bezogenen Knöpfe zu.
    »Wir werden einen wunderschönen Tag haben«, flüsterte sie. »Ganz und gar wunderschön.« Das kleine Mädchen aber wusste es besser.
    »Es wird alles gut, Mama«, flüsterte sie. »Ich habe zum Weihnachtsmann gebetet, dass er es macht.«
    Olivia konnte nur mit Mühe ein hysterisches Schluchzen unterdrücken. Die arme kleine Sasha. In ihrer Unschuld flehte sie die einflussreichste Person, die sie kannte, an, die Familie wieder in Ordnung zu bringen. Sie ahnte nicht, dass es mehr bedurfte als eines netten alten Mannes in einem roten Anzug, ihre Eltern miteinander zu versöhnen.
    »Sasha«, flüsterte sie, damit Stephen sie nicht hören konnte. »Es gibt da nicht so richtige Wunder. Mamas und Papas haben manchmal ganz einfach Streit, das muss man durchstehen.«
    Das Töchterchen sah Olivia einen Augenblick lang mit ihren ernsten silbergrauen Augen an.
    »Ganz, ganz schlimme Streite?«, fragte sie.
    Ihre Mutter zögerte. Wie konnte sie diese Frage bejahen, wo sie doch wusste, dass die meisten Leute nicht Streite von der Art ausfochten, wie sie zwischen Stephen und ihr üblich waren: bittere und gemeine Kommentare seinerseits, feiges Schweigen von ihr. Auseinandersetzungen dieser Art mussten für ein kleines Mädchen schrecklich beängstigend sein. Sie wollte Sasha nicht anlügen, doch wie sollte sie ihr die Wahrheit vermitteln? Für vierjährige Ohren waren solche Dinge eigentlich nicht verkraftbar.
    »Ja, ganz schlimme Streite, weil Papas müde sind, wenn sie von der Arbeit kommen und viele Sorgen haben...« Sasha blickte sie immer noch mit großen Augen an, doch Olivia fuhr fort. »Aber sie sind nicht wirklich so schlimm, weil wir ja wissen, dass Papa uns lieb hat und es im Grunde gar nicht so meint, stimmt‘s?«
    Sasha schien nicht überzeugt. Ich muss lernen, ein besserer Schwindler zu werden, dachte Olivia besorgt. Plötzlich fuhr ihr ein Gedanke durch den Kopf, wie ein Blitz, der in einen Kirchturm einschlug, beängstigend und heftig. Warum sollte sie überhaupt lügen? Wenn Stephen und sie nicht die Art von Beziehung unterhielten, bei der Sasha ohne Angst leben konnte, dann sollten sie nicht mehr zusammen sein. So einfach war das.
    Wie ein Kirchturm, der nach dem Blitzschlag Feuer gefangen hatte, war auch Olivias Gehirn von dem erstaunlichen Gedanken wie elektrisiert. Andere Einfälle rasten wild durcheinander, während nur der erste in ihrem Kopf haften blieb. Warum sollte man mit jemandem zusammenbleiben, wenn derjenige einen nur unglücklich machte und selbst ganz eindeutig durch den anderen ebenfalls unglücklich wurde? Und warum sollte man bleiben, wenn die geliebte Tochter sich gezwungen sah, einen mysteriösen Weihnachtsmann um Hilfe zu bitten, weil ihr Vater die Nerven verlor und seiner allzu häufig auftretenden Wut freien Lauf ließ?
    »Olivia!«, brüllte Stephen. Als ob sie Angst hätte, er könne in ihre Seele blicken und ihre unerlaubten Erörterungen entdecken, schreckte sie nervös hoch und rannte zur Tür.
    »Ja?«
    »Das willst du doch nicht etwa zu der Hochzeit anziehen?«
    Das war ein

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