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Geheime Macht

Geheime Macht

Titel: Geheime Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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musste zum Tatort in Glorias Geschäft zurückkehren. Es war sehr wahrscheinlich, dass Gloria, wer oder was sie auch sein mochte, und ihre Kumpane Raphaels Leute ermordet hatten. Das erklärte sowohl die große Spannweite der Bissspuren als auch die Lage der Wunden. Aber ich hatte keinen konkreten Beweis. Ich hatte keinen Zugang zu Glorias Leiche, also konnte ich den genauen Abstand zwischen ihren Giftzähnen nicht ausmessen, und ich wusste immer noch nicht, wo sich ihre Kollegen aufhielten oder was sie letztlich beabsichtigten.
    Ich hatte den begründeten Verdacht, dass das Messer auf dem Foto, das ich in Anapas Büro gesehen hatte, etwas damit zu tun hatte. Ich war mir sogar ziemlich sicher, aber auch in diesem Fall fehlte mir ein Beweis. Ich musste herausfinden, was es mit diesem Messer auf sich hatte, und dazu musste ich mir Zugang zum Tatort verschaffen, und das konnte ich nur allein tun. Wenn ich erwischt wurde, würde man mich verhaften, aber ich war einfach nur eine Privatperson. Wenn irgendwer aus dem Rudel zusammen mit mir geschnappt wurde, hätte die Sache eine völlig andere Wertigkeit.
    In mir tat alles weh. Ich fühlte mich, als hätte ein Monstrum mit kleinen scharfen Zähnen auf mir herumgekaut. Meine Knochen waren so schwer, dass sie aus Blei zu bestehen schienen.
    Ich wollte nicht nach draußen gehen. Ich wollte mich nur hinlegen und schlafen, damit ich die Schmerzen nicht mehr spürte. Aber es gab Leute, die Antworten von mir erwarteten, und ich würde sie ihnen nicht geben können, wenn ich mich ausruhte. Außerdem war jetzt die beste Zeit, die Räume zu durchsuchen, während sich die Magie zurückgezogen hatte. Wer konnte sagen, wie lange diese Technikphase anhielt?
    Na los, Ms Nash! Bewegen Sie Ihren Arsch!
    Ich brauchte meine ganze Willenskraft, um mich aufzusetzen. Doolittle hatte mir körperliche Anstrengungen verboten, aber die Zeit drängte. Ich musste es nur etwas ruhiger angehen.
    Ich fuhr zur Pucker Alley, die zwei Blocks von der White Street entfernt war, und versteckte meinen Wagen im Schatten einer Ruine. Ein riesiger, wolkenloser Himmel breitete sich über mir aus, und die Nacht war mit Schleiern aus silbrigem Mondlicht verhangen. Gut für mich. Ich nahm meine Tasche vom Rücksitz und öffnete sie. Darin befand sich meine Notfallausrüstung: Streichhölzer in einem Plastikbeutel, Verbandsmull, antibiotische Salbe, Pflaster, Messer, Klebeband, ein Fläschchen mit Alkohol, eine Wasserflasche, eine Fertigmahlzeit von der United States Army, Extramesser, Strick, Handschuhe, Mütze und ein Handtuch. Ich hatte einmal ein Buch gelesen, in dem es hieß, dass ein Reisender immer eins dabeihaben sollte, was ein sehr guter Ratschlag war.
    Ich streifte die Handschuhe über, versteckte mein Haar unter der Mütze, zog den Reißverschluss der Tasche zu und machte mich auf den Weg.
    Unter der Baumwollmütze trat mir sofort der Schweiß auf die Stirn. Eine Mütze und der schwüle Atlanta-Sommer waren keine gute Kombination. Aber etwas Schweiß war immer noch besser, als am Tatort Haare zu verlieren, die vielleicht von der Spurensicherung der PAD gefunden wurden.
    Die Straße vor Glorias Antiquitätenladen sah fast genauso aus wie zuvor: verlassen und Unheil verkündend. Von der Anwesenheit der Polizei war nichts mehr zu sehen. Etwas in der Art hatte ich erwartet. In Atlanta war immer etwas los, und die PAD war kontinuierlich überfordert. Wahrscheinlich würden sie morgen mit der Spurensicherung weitermachen.
    Meine Ohren fingen keine Geräusche aus der unmittelbaren Nähe auf. Die White Street lag menschenleer vor mir.
    Ich näherte mich der Tür. Ein großes Papiersiegel war über die Tür und einen Teil des Rahmens geklebt worden, und darauf stand in großen roten Buchstaben ZUTRITT VERBOTEN . Die meisten Polizeidienststellen hatten nicht genügend Budget für das berüchtigte gelbe Absperrband. In neunzig Prozent aller Fälle war ein Aufkleber der einzige Hinweis auf einen gesperrten Tatort. Es ging gar nicht darum, irgendjemanden physisch daran zu hindern, sich Zutritt zu verschaffen. Für die Polizei war ein gebrochenes Siegel lediglich der Beweis, dass jemand die Absicht hatte, den Tatort zu betreten.
    Ich zog mein Dietrichset aus der Westentasche, schlitzte den Aufkleber mit dem dickeren Dietrich auf und schob einen dünneren ins Schloss.
    Eins, zwei, drei … Klick.
    Ich drückte die Tür auf, schlüpfte hindurch und schloss sie hinter mir. Der Mond lugte durch die Fenster herein und

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