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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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Spaß macht?« fragte Frank.
    Einen kurzen Augenblick lang sah und hörte man ihm an, wie anstrengend sein Job war. Ich nehme an, dass ziemlich häufig Agenten unserer Seite hochgingen, aber London war nur dann interessiert und beunruhigt, wenn es im sowjetischen Funkverkehr gemeldet und der auch noch abgehört wurde.

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    »Das Militär hat Wind davon gekriegt«, sagte Frank. »Jetzt brennen sie darauf, selbst ihr Glück zu versuchen.«
    Er muss bemerkt haben, dass ich erbleichte und die Zähne zusammenbiss, oder was ich sonst noch mache, wenn ich so erschrecke, dass ich am liebsten laut losschreien würde. »Das Militär?« fragte ich, mich an meinem Glas fest- und meine Stimme unter Kontrolle haltend.
    »Der Brigadier erinnerte mich an unsere Militärmission beim russischen Hauptquartier. Die können sich heute ziemlich frei bewegen.«
    »Und was hat der Brigadier noch gesagt?«
    »Er erwähnte das Benehmen dieser Schweine von der GRU, die unsere Leute in Bunde ertragen müssen. Wenn man die bei den Franzosen in Baden-Baden und bei den Amis mitzählt, sind es rund fünfzig Mann von der sowjetischen Militärmission. Jeder einzelne ein GRU-Agent, viele wissenschaftlich ausgebildet. Sie tragen Lederjacken über ihrer Uniform und schmieren Dreck auf ihre Nummernschilder, damit man sie nicht dabei erkennt, wenn sie überall die Nase reinstecken und alles fotografieren, was sie interessiert.« Er grinste. »Warum sollen wir nicht mal Gleiches mit Gleichem vergelten, sagte der Brigadier.«
    »Du hast doch aber deinem alten Kameraden nichts von Bizet erzählt?«
    »Ich bin doch nicht senil, Bernard«, erwiderte er.
    »Die Vorstellung, wie da ein eifriger junger Subalterner in Frankfurt an der Oder herumschnüffelt, ist der reinste Alptraum«, sagte ich.
    »Ich hätte gar nicht davon anfangen sollen.«
    »Aber hast du nicht gesagt, dass sie Wind gekriegt haben?«
    fragte ich.
    »Habe ich das? Ich hätte sagen sollen, dass die Militärs wissen, dass wir irgendwelchen Ärger haben.« Er sah mich an

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    und fügte hinzu: »Die hören nämlich auch den Funkverkehr ab.«
    »Ja, aber nur den der russischen Armee.«
    »An der Grenze schon. Aber hier in Berlin, mitten in der DDR, hören sie sich alles mögliche an. Zum Beispiel den Funkverkehr der GRU und des KGB. Die wissen eben auch gerne, was los ist. Da kann ich schlecht was dagegen haben, Bernard. Auf einem Vorposten wie diesem hier muss das Militär selber die Fühler ausstrecken.«
    »Vielleicht nehme ich nun doch was Stärkeres«, sagte ich, aber in diesem Augenblick rief uns Franks deutsches Hausmädchen zum Essen.
    Ich versuchte, mir meine Sorgen über die Eröffnungen, die Frank womöglich seinen Kameraden beim Heer gemacht hatte, aus dem Kopf zu schlagen. Wir saßen in dem großen Speisezimmer der Villa, nur Frank und ich allein am Ende einer langen, polierten Tafel. Irgend jemand hatte eine Flasche wirklich guten Rotweins in eine Karaffe gefüllt, die leere Flasche stand auf der Anrichte. Ich wusste, das war eine Ehre.
    Frank servierte seine besten Weine nur Leuten, die entweder wichtig genug waren, sie zu verdienen, oder Kenner und sie zu schätzen wussten. Er ließ mich probieren, während die Quiche serviert wurde. Die Portionen waren ziemlich klein. Ich glaube, die Köchin teilte einfach das für Frank vorgesehene Essen zwischen uns auf. Frank schien nichts zu merken. Er wollte den neuesten Londoner Klatsch hören, und ich erzählte ihm, dass der Deputy langsam, aber sicher das ganze Department nach seinen Vorstellungen umkrempelte. Was mich anging, so war mir das ganz recht. Es war höchste Zeit, dass der faulen Bande in London mal jemand auf die Sprünge half. Frank stimmte mir zu, wenn auch ohne sonderliche Begeisterung.
    »Ich bin zu alt dafür, Bernard. Ich kann Veränderungen nur um der Veränderung willen nicht gut finden. Ich war zusammen mit deinem Vater beim Department, 1943 war das.

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    In der Grundausbildung war Sir Henry Clevemore dabei –
    ›Pickel‹ nannten wir den, ein Riese von einem Kerl. Bei einer Angriffsübung fiel er in einen Abwassergraben. Wir mussten ihn zu viert herausziehen.« Er trank einen Schluck Wein und fügte nach einer nachdenklichen Pause hinzu: »Meine Frau sagt, dass ich dem Department mein Leben gegeben habe und einen großen Teil von ihrem Leben dazu.« Die Erklärung kam von Herzen und verriet zugleich Stolz und Bedauern.
    Während des ganzen Essens – Cottage pie (ein Auflauf aus Hackfleisch und

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