George, Elizabeth
lächelte. Er trat an
den Getränkewagen, der unter der Fensterbank stand, und schenkte zwei Whisky
und für Deborah einen Sherry ein. Als er die Gläser herumreichte, fragte er
Lynley: »Hast du mir etwas mitgebracht?«
»Du kennst mich einfach zu
gut.« Lynley gab ihm die Kopie des Fotos und berichtete St. James von den
Ereignissen des Tages: von Yukio Matsumoto, der wilden Jagd durch die Stadt,
dem Unfall auf der Shaftesbury Avenue. Dann erwähnte er noch, was sie in der
Wohnung des Geigers gefunden hatten und dass Ardery zu der Überzeugung gelangt
war, dass sie ihren Täter hatten.
»Nicht von der Hand zu weisen,
wenn man alles bedenkt«, sagte St. James. »Aber du bist anderer Meinung?«
»Ich habe ein Problem mit dem
Motiv.«
»Zwanghafte Liebe? So etwas
kommt weiß Gott oft genug vor.«
»Falls Besessenheit im Spiel
ist, dann ist er wohl eher von Engeln besessen. Er hat die Wände in seinem
Zimmer mit Engeln bemalt.«
»Wirklich? Wie merkwürdig.« St. James betrachtete das
Foto. Deborah sah ihm über die Schulter. »Was ist das, Tommy?«, fragte sie.
»Das wurde in Jemimas Tasche
gefunden. Die Kollegen vom S07 sagen, es ist ein Karneol, aber das ist auch
alles. Ich hatte gehofft, du könntest mir etwas dazu sagen. Oder wenn nicht...«
»Dass ich jemanden kenne, der
dir weiterhelfen kann? Ich muss mir das mal näher ansehen.« St. James ging mit
dem Foto an seinen Schreibtisch und nahm ein Vergrößerungsglas zur Hand.
»Ziemlich abgenutzt. Der Größe nach zu urteilen, könnte es sich um einen Stein
aus einem Herrenring handeln oder aus einem Anhänger. Oder auch aus einer
Brosche.«
»Auf jeden Fall also ein
Schmuckstück«, stimmte Lynley zu. »Was sagst du zu der Schnitzarbeit?«
St. James beugte sich erneut
über das Foto. Nach einer Weile sagte er: »Hm, irgendetwas Heidnisches. Das ist
ziemlich offensichtlich, oder?«
»Das dachte ich auch. Aber
keltisch scheint es nicht zu sein.«
»Nein, nein, auf keinen Fall
keltisch.«
»Woher weißt du das?«, fragte
Deborah.
St. James reichte ihr die
Lupe. »Amor«, sagte er. »Eine der geschnitzten Figuren. Er kniet vor der Frau.
Und sie ist... Minerva? Was meinst du, Tommy?«
»Oder Venus.«
»Aber die Waffen?«
»Hat es mit Mars zu tun?«
Deborah blickte auf. »Das
hieße doch, dass dieses Ding... wie alt ist? Tausend Jahre?«
»Noch älter, würde ich sagen.
Wahrscheinlich drittes oder viertes Jahrhundert.«
»Wo hatte sie den Stein her?«,
wollte Deborah von Lynley wissen.
»Das ist die große Frage.«
»Kann es sein, dass sie
deswegen ermordet wurde?«, fragte Deborah. »Wegen eines geschnitzten Steins? Er
muss ziemlich wertvoll sein.«
»Er besitzt sicherlich einen
gewissen Wert«, sagte Lynley. »Aber wenn ihr Mörder hinter dem Stein her
gewesen wäre, hätte er ihn kaum in ihrer Tasche gelassen.«
»Es sei denn, er wusste nicht,
dass sie ihn bei sich trug«, sagte Deborah.
»Oder er wurde gestört, ehe er
dazu kam, ihre Taschen zu durchsuchen«, meinte St. James.
»Was das angeht...« Lynley
berichtete ihnen von der Mordwaffe oder von dem, was sie für die Tatwaffe
hielten. Sie war, so erklärte er, blutverschmiert.
»Um was handelt es sich
denn?«, fragte St. James.
»Das wissen wir noch nicht
genau«, sagte Lynley. »Bisher können wir nur von der Form ausgehen.«
»Und die ist...?«
»Tödlich scharf an einem Ende,
vielleicht fünfundzwanzig Zentimeter lang, mit einem gebogenen Griff. Wie ein
merkwürdig geformter Nagel.«
»Und wozu wird das Ding
normalerweise benutzt?«
»Keine Ahnung.«
Nachdem mehrere Streifenwagen,
die Fahrzeuge der Spurensicherung, ein Krankenwagen und Dutzende uniformierte
Polizisten an der Dawkins-Bauruine eingetroffen waren, war innerhalb kürzester
Zeit auch die Presse zur Stelle, und die Nachricht, dass eine Leiche entdeckt
worden war, verbreitete sich in dem Viertel wie ein Lauffeuer. Auch wenn die
Polizei vor Ort sich redlich bemühte, den Informationsfluss zu kontrollieren,
ließ sich kaum verheimlichen, um welche Art von Verbrechen es sich handelte.
Bereits nach vier Stunden veröffentlichten die Medien Einzelheiten über den
Zustand von John Dressers Leiche und deren genauen Fundort. Außerdem wurde
landesweit über die Festnahme dreier Jungen berichtet (deren Namen selbstverständlich
geheim gehalten wurden), die der Polizei »bei den Ermittlungen geholfen«
hätten; ein altbekannter Euphemismus für »tatverdächtig«.
Michael Spargos senfgelber
Anorak hatte ihn nicht nur für
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