George, Elizabeth
Bemerkung lautet: »Ich
habe eine Pflicht«, aber es wird nicht erkennbar, ob sie die Kommunikation mit
ihrem Enkel für einen Teil dieser Pflicht hielt. Obwohl sie verständlicherweise
starke Schuldgefühle gehabt haben muss, weil sie lan der unzulänglichen und
häufig gewalttätigen Obhut seiner Mutter überlassen hatte, schien sie dies und
die daraus resultierende emotionale und psychische Verwahrlosung lans nicht in
Verbindung damit zu bringen, was John Dresser zugestoßen war.
lan selbst fragte kein
einziges Mal nach seiner Mutter, so als wüsste er im Voraus, dass er während
der Ermittlungen allein dastehen würde, lediglich unterstützt von einer
Sozialarbeiterin, die er bis zum Tag seines Verbrechens noch nie gesehen hatte.
Was Michael Spargo betrifft,
wissen wir bereits, dass seine Mutter ihn quasi vom ersten Moment an, also bei
seiner Festnahme, im Stich ließ - eine Erfahrung, die sein junges Leben bereits
geprägt hatte: Dass der Vater die Familie verließ, wird tief greifende
Auswirkungen auf all seine Söhne gehabt haben. Sue Spargos Alkoholismus und
ihre Unzulänglichkeit als Mutter werden Michaels Gefühl des Verlassenseins
zusätzlich verstärkt haben. Sue Spargo war nie in der Lage gewesen, die
Brutalität der älteren gegenüber den jüngeren Brüdern zu unterbinden, und so
wird Michael keine Hoffnung gehegt haben, dass sie ihn vor irgendetwas schützen
konnte.
Nach ihrer Verhaftung wurden
Michael, Reggie und lan bis zu sieben Mal täglich verhört. Wie angesichts der
Ungeheuerlichkeit und der Grauenhaftigkeit ihres Verbrechens nicht anders zu
erwarten, zeigte jeder mit dem Finger auf die anderen. Zu bestimmten Fragen
äußerten sich die Jungen überhaupt nicht - insbesondere dazu, was es mit der in
dem Ramschladen gestohlenen Haarbürste auf sich hatte -, aber Michael Spargo
und Reggie Arnold waren sich der Schwere ihres Verbrechens durchaus bewusst.
Ungeachtet ihrer anfänglichen Unschuldsbeteuerungen verdeutlichen ihre
wiederholten Hinweise auf »das, was mit dem Baby passiert ist«, in Verbindung
mit ihrer zunehmenden Verzweiflung, sobald bestimmte Themen angesprochen wurden
(und im Fall von Reggie Arnold das wiederholte hysterische Anflehen seiner
Eltern, ihn nicht zu hassen), dass sie sich sehr wohl darüber im Klaren waren,
wie sehr sie mit ihrem Verbrechen an John Dresser die Grenze von Sittlichkeit
und Menschlichkeit überschritten hatten. Dahingegen blieb lan Barker bis zum
Schluss ungerührt, als hätten seine Lebensumstände ihn nicht nur gewissenlos
gemacht, sondern auch jede Empathie ausgelöscht, die er andernfalls gegenüber
anderen menschlichen Wesen empfunden hätte.
»Ist dir bekannt, was
forensische Beweismittel sind, Junge?«, waren die Worte, die die Tür zum
Geständnis aufstießen, denn ein Geständnis war das, was die Polizei wie jedem
Verbrecher auch den Jungen entlocken wollte. Bei ihrer Festnahme waren die
Schulkleidung der Jungen, ihre Schuhe und ihre gesamte Oberbekleidung zur Untersuchung
sichergestellt worden, und das Spurenmaterial dieser Kleidungsstücke sollte
sie später nicht nur mit dem Dawkins-Gelände in Verbindung bringen, sondern
auch mit den letzten, grauenvollen Augenblicken von John Dressers Leben.
An den Schuhen aller drei
Jungen fanden sich Blutspritzer des Kleinkinds. Fasern ihrer Kleidung wurden
nicht nur an Johns Schneeanzug gefunden, sondern auch in seinem Haar und an
seinem Körper. Ihre Fingerabdrücke befanden sich an der Haarbürste, an einem
vom Tatort stammendem Kupferrohr, an der Tür des Toilettenhäuschens, an der
Klobrille und an John Dressers Turnschuhen. Der Fall war eindeutig, die
Beweislage wasserdicht, was während der ersten Verhöre, als die Analyse der
Beweismittel noch nicht abgeschlossen war, natürlich noch nicht feststand.
Nach Meinung der ermittelnden
Polizisten, der sich auch die Sozialarbeiterinnen anschlossen, würde ein
Geständnis der Jungen verschiedenen Zwecken dienen: Danach wäre das jüngst
erlassene Gesetz zum Schutz eines Gerichtsverfahrens vor unerlaubten
Veröffentlichungen auf den vorliegenden Fall anwendbar, womit sich nicht nur
den immer wilderen Spekulationen der Presse über den Fall ein Ende setzen
ließe, sondern auch dem möglichen Durchsickern vorverurteilender Details an
die Öffentlichkeit. Es würde der Polizei erlauben, ihre Aufmerksamkeit auf
einen klaren Fall zu konzentrieren, den sie den Anklägern der Krone
präsentieren konnte. Und schließlich würde es den Psychologen das
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