Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
George, Elizabeth

George, Elizabeth

Titel: George, Elizabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer dem Tod geweiht
Vom Netzwerk:
Bewegung, trotteten davon. Gordon erwartete
schon, dass Gina jetzt auf die Koppel kommen würde, nachdem die Ponys sich
entfernt hatten, aber sie blieb am Zaun stehen, die Hände um einen Pfosten
geklammert. Nicht zum ersten Mal verfluchte er diesen Pfosten und auch alle
anderen. Er hätte den ganzen Zaun einfach verrotten lassen sollen, dachte er.
    »Das klingt aber nicht sehr
freundlich«, lautete die Antwort auf seine Frage. »Ich bin zu einem kleinen
Plausch gekommen. Das können wir hier erledigen, oder wir fahren ein Stückchen
spazieren.«
    »Ich muss zur Arbeit.«
    »Es wird nicht lange dauern.«
Er rückte seine Hose kurz zurecht: zwei Handgriffe, und die Eier lagen bequem.
Es war eine Bewegung, die sich auf hundert verschiedene Arten deuten ließ, je
nach Situation und je nachdem, wer sie ausführte. Gordon wandte sich ab.
    »Was ist denn los, mein
Lieber?«
    »Ich muss zur Arbeit«,
wiederholte Gordon.
    »Ja, ja, ich weiß. Also...
eine kleine Spritztour?« Und an Gina gerichtet: »Wir fahren nicht weit. Ehe Sie
dazu kommen, ihn zu vermissen, ist er schon wieder zurück.«
    Gina schaute erst Gordon, dann
den Mann, dann wieder Gordon an. Gordon sah, dass sie Angst hatte, und ihn
überkam sinnlose Wut. Aber genau das wollte der andere natürlich. Er musste
dafür sorgen, dass der Scheißkerl von seinem Hof verschwand.
    Entschlossen ging er zum
Wasserhahn und drehte das Wasser ab. »Gehen wir«, sagte er, und dann zu Gina:
»Alles in Ordnung. Bin gleich wieder zurück.«
    »Aber warum...«
    »Bis gleich.«
    Er stieg in den Wagen. Hinter
sich hörte er ein leises Lachen. »Guter Junge!« Dann stieg der Mann ebenfalls
ein, setzte zu rück und bog in Pachtung Sway auf die Straße ab. »Du musst ja wirklich
ein süßes kleines Stück Dreck sein. Sie würde dich nicht ansehen wie ein
Geschenk Gottes für ihr feuchtes Loch, wenn sie die Wahrheit über dich wüsste,
stimmt's?«
    Gordon erwiderte nichts. Ihm
drehte sich der Magen um. Am Ende der Straße bogen sie links ab, weiter in
Richtung Sway. Zuerst dachte er, das Dorf sei ihr Ziel, aber sie fuhren am
Hotel vorbei, rumpelten über die Eisenbahnschienen und am Dorfrand zwischen
hübschen Einfamilienhäusern hindurch. Sie näherten sich dem Friedhof mit seinen
sauberen Grabreihen, der rundherum von Erlen, Buchen und Birken umgeben war.
Dort, dachte Gordon, würde Jemima wahrscheinlich beerdigt werden. Die alten
Friedhöfe in der Nähe waren alle voll belegt, und er glaubte kaum, dass es
irgendwo eine Familiengrabstätte gab, denn sie hatte nie eine erwähnt, und er
wusste, dass ihre Eltern verbrannt worden waren. Sie hatte mit ihm überhaupt
nie über den Tod gesprochen. Sie hatte den Unfall ihrer Eltern lediglich einmal
erwähnt, und dafür war er ihr dankbar, auch wenn er jetzt erstmals darüber
nachdachte.
    Auch am Friedhof fuhren sie
vorbei. Als Gordon gerade fragen wollte, wohin zum Teufel sie unterwegs waren,
bogen sie nach links über einen Feldweg auf einen holprigen Parkplatz ab. Und
da wusste er Bescheid. Vor ihnen lag die Set-Thorns-Schonung, ein Waldgebiet
wie viele andere im New Forest, eingezäunt zum Schutz gegen die freilaufenden
Tiere, bis die Bäume so groß waren, dass Verbiss ihnen keinen Schaden mehr
zufügen konnte.
    Schmale Spazierwege
schlängelten sich durch den Wald. Auf dem Parkplatz stand zurzeit nur ein
einziges Auto, doch kein Fahrer weit und breit. Sie hatten den Wald also
praktisch für sich allein, genau so, wie der andere es wollte.
    »Komm mit, Süßer«, sagte der
Mann. »Machen wir einen kleinen Spaziergang.«
    Gordon wusste, dass es
zwecklos war, auf Zeit zu spielen. Es würde laufen, wie es eben lief. Es gab
Situationen, die er zumin dest nach außen hin im Griff hatte. Aber diese gehörte
nicht dazu.
    Er stieg aus und atmete die
Morgenluft ein. Sie duftete frisch und rein. In einiger Entfernung befand sich
ein Gatter. Er ging darauf zu, öffnete es, betrat die Schonung und wartete auf
weitere Anweisungen. Sie würden nicht lange auf sich warten lassen. Dort, wo
er stand, begannen drei Pfade: Einer führte tiefer in den Wald, die anderen
beiden folgten dem Waldrand. Ihm war es egal, welchen Weg sie einschlugen, denn
es stand ohnehin längst fest, was geschehen würde.
    Ein kurzer Blick auf den
Boden, und sie wussten, welchen Weg sie nehmen mussten. Ziemlich frische Huf-
und Fußspuren führten in den Wald hinein, also folgten sie einem anderen Weg,
der sich am Waldrand entlangschlängelte, durch eine Senke, über einen

Weitere Kostenlose Bücher