George, Elizabeth
zurückkommen. Der Gedanke war mir unerträglich.«
Merediths Augen wurden schmal.
Sie durchschaute den Hinterhalt, wenn es denn einer war: Denn vielleicht
hatten Jemima und Gordon sich tatsächlich wieder miteinander ausgesöhnt.
Vielleicht hatte Jemima tatsächlich vorgehabt zurückzukommen. Und wenn das der
Fall war, was hätte Gina daran gehin dert, nach London zu fahren, Jemima aus dem Weg zu
räumen und die Fahrkarten und die Hotelrechnung aufzubewahren, um Gordon die
Tat in die Schuhe zu schieben? Was für ein großartiger Racheplan einer
verschmähten Frau!
Aber irgendetwas stimmte an
der ganzen Sache nicht. Die unterschiedlichen Möglichkeiten verwirrten
Meredith.
Gina sagte: »Ich habe Angst.
Irgendetwas stimmt hinten und vorne nicht, Meredith.«
Meredith gab ihr den Umschlag
zurück. »Den müssen Sie unbedingt der Polizei übergeben.«
»Aber dann kommen die noch mal
zu ihm. Dann erfährt er, dass ich ihn angezeigt habe, und wenn er Jemima
wirklich etwas angetan hat, dann...«
»Jemima ist tot. Sie wurde
ermordet. Und wer immer sie auf dem Gewissen hat, muss gefunden werden.«
»Ja. Natürlich. Aber wenn
Gordon es war... Er kann es nicht gewesen sein. Ich weigere mich einfach, das
zu glauben... Es muss eine Erklärung für all das geben.«
»Sie werden ihn einfach fragen
müssen.«
»Nein, das geht nicht...
Meredith, verstehen Sie denn nicht? Bitte! Wenn Sie mir nicht helfen... Allein
schaffe ich es nicht.«
»Sie müssen.«
»Könnten Sie nicht... ?«
»Nein. Sie kennen doch die
Geschichte. Die Lügen. Wenn ich zur Polizei gehe, weiß ich jetzt schon, was
dabei herauskommt.«
Gina schwieg. Ihre Lippen
zitterten. Als ihre Schultern sich entspannten, begriff Meredith, dass Gina
einen Entschluss gefasst hatte. Wenn Meredith mit den Zugtickets und der Hotelrechnung
zur örtlichen Polizei oder zu den Polizisten von Scotland Yard ging, dann würde
sie etwas aussagen, was jemand anders ihr erzählt hatte. Diesen Jemand würden
die Polizisten als Nächstes aufsuchen, und wahrscheinlich würde Gordon Jossie
zu Hause sein, wenn die Polizisten eintrafen, um Gina Fragen zu stellen.
Jetzt begannen Ginas Tränen zu
fließen, doch sie wischte sie fort. »Kommen Sie mit?«, fragte sie. »Ich gehe
zur Polizei, aber ich schaffe das nicht allein. Es ist ein solcher Verrat, und
am Ende hat es vielleicht alles gar nichts zu bedeuten, und wenn es wirklich so
ist... Verstehen Sie denn nicht, was ich hier mache?«
»Es kann nicht sein, dass es
nichts zu bedeuten hat«, sagte Meredith. »Das wissen wir beide.«
Gina schlug die Augen nieder.
»Ja. Richtig. Aber was ist, wenn mich auf der Wache der Mut verlässt... Was
mache ich bloß, wenn sie Gordon holen? Denn die kommen garantiert! Irgendwann
merken sie, dass er gelogen hat, und dann kommen sie, und dann weiß er
Bescheid. O Gott, o Gott, wie konnte ich mir nur so etwas antun?«
Die Tür zu den Räumen von Gerber & Hudson öffnete sich, und Randall
Hudson streckte den Kopf heraus. Er wirkte verärgert, und es war klar, warum,
als er fragte: »Kommen Sie heute noch mal zur Arbeit, Meredith?«
Meredith spürte, wie ihre
Wangen glühten. Sie war noch nie am Arbeitsplatz ermahnt worden. Leise sagte
sie zu Gina: »Also gut. Ich komme mit. Kommen Sie um halb sechs wieder hierher.«
Dann sagte sie zu Hudson: »Tut mir schrecklich leid, Mr. Hudson. Ein kleiner
Notfall. Aber den haben wir zum Glück gelöst.«
Das stimmte zwar nicht ganz,
aber in ein paar Stunden würden sie der Lösung einen Schritt näher sein.
Barbara Havers rief Lynley an,
als Winston Nkata außer Hörweite war - nicht, weil sie Winston verheimlichen
wollte, dass sie mit ihrem ehemaligen Partner telefonierte. Es hatte mehr mit
dem Timing zu tun. Sie wollte den Inspector erreichen, bevor er im Yard
eintraf. Deswegen hatte sie schon früh am Morgen in ihrem Hotelzimmer in Sway
zum Telefon gegriffen.
Sie erwischte Lynley beim
Frühstück. Er brachte sie über die laufenden Ermittlungen in London auf den
neuesten Stand. Was Isabelle Arderys Darbietung als Superintendent anging,
hielt er sich ziemlich bedeckt, und Barbara fragte sich, was genau er ihr
eigentlich vorenthielt. In seiner Zurückhaltung erkannte sie diese typische
Loyalität, die sie selbst über so lange Zeit erfahren hatte, und es versetzte
ihr einen Stich, über den sie lieber nicht weiter nachdachte.
»Wenn sie davon überzeugt ist,
dass sie ihren Täter hat, warum beordert sie uns dann nicht nach London
zurück?«, fragte
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