George, Elizabeth
nicht um sie, wie Lynley ihr
versichert hatte. Sie sollte lediglich erscheinen, um Fragen zu beantworten.
»Danke, Thomas«, sagte sie,
doch erst als sie Hilliers Vorzimmer betrat, fiel ihr auf, dass Lynley sie
zuvor beim Vornamen genannt hatte. Sie drehte sich in der Tür nach ihm um,
aber er war bereits verschwunden.
Judi Macintosh rief den
Assistant Commissioner an. »Superintendent Ardery...«, sagte sie, doch weiter
kam sie nicht. Nachdem sie einen Moment lang zugehört hatte, sagte sie: »Sehr
wohl, Sir«, und erklärte Isabelle, sie solle warten. Es würde nur ein paar
Minuten dauern. Ob sie eine Tasse Kaffee wünsche?
Isabelle lehnte dankend ab.
Man erwartete von ihr, dass sie Platz nahm, also setzte sie sich, aber es fiel
ihr nicht leicht. Während sie wartete, klingelte ihr Handy. Ein Blick aufs
Display verriet ihr, dass es ihr Exmann war. Mit ihm wollte sie jetzt auf keinen
Fall reden.
Ein Mann mittleren Alters trat
ein, unterm Arm eine Literflasche Mineralwasser. Judi Macintosh sagte zu ihm:
»Gehen Sie nur rein, Mr. Deacon.« Das war also der Leiter der Pressestelle,
ausgesandt von der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit, um die Situation in den
Griff zu bekommen. Stephenson Deacon hatte eine Plauze wie ein Fußball, obwohl
er ansonsten so dünn war wie ein Handtuch in einem billigen Hotel. Er sah
irgendwie aus wie eine Schwangere, die verzweifelt darauf bedacht war, nicht
zuzunehmen.
Deacon verschwand in Hilliers
Büro, und Isabelle verbrachte quälende fünfzehn Minuten, in denen sie sich
fragte, was wohl als Nächstes geschehen würde. Was geschah, war, dass Judi Macintosh
gebeten wurde, Isabelle zu Hillier ins Zimmer zu schicken. Allerdings war
Isabelle schleierhaft, auf welchem Weg die Sekretärin diese Information
erhalten hatte, denn sie hatte ihre Arbeit am Computer keine Sekunde
unterbrochen, bis sie plötzlich aufblickte und sagte: »Sie können jetzt
hineingehen, Superintendent Ardery.«
Isabelle betrat Hilliers
Zimmer. Sie wurde Stephenson Deacon vorgestellt und aufgefordert, am
Konferenztisch Platz zu nehmen. Dann wurde sie von beiden Männern in die Mangel
genommen - wann war was, wo, wie passiert, wer hatte wem was angetan, wie kam
es zu der Verfolgungsjagd, wie viele Zeugen gab es, hätte es eine Alternative
zu der Verfolgungsjagd gegeben, sprach der Verdächtige Englisch, hatten die
Polizisten sich ausgewiesen, waren Uniformierte beteiligt...?
Isabelle erklärte, der
Verdächtige habe völlig unerwartet und grundlos die Flucht ergriffen. Während
sie ihn aus gebührender Entfernung beobachtet hätten, habe ihm irgendetwas
einen Schrecken eingejagt.
»Irgendeine Idee, was das
gewesen sein könnte?«, wollte Hillier wissen.
Sie habe keine Erklärung
dafür, erwiderte Isabelle. Ihre Männer sollten sich von dem Mann fernhalten,
keine Uniformierten mitnehmen, keine Szene verursachen...
Großartiger Einfall, bemerkte
Stephenson Deacon.
Aber irgendetwas müsse dem
Verdächtigen Angst eingejagt haben. Womöglich habe er die Polizisten für ein
Heer angreifender Engel gehalten.
»Engel? Was zum...«
»Der Mann hat einen
Dachschaden, Sir. Wenn wir das gewusst hätten, wenn wir geahnt hätten, dass er
es missdeuten könnte, wenn man sich ihm nähert, dass er sich bedroht fühlt,
sobald jemand auf ihn zukommt...«
»Angreifende Engel? Angreifende Engel? Was zum Teufel hat dieser
Vorfall mit Engeln zu tun?«
Isabelle beschrieb ihnen, was
sie in Yukio Matsumotos Wohnung vorgefunden hatten. Die Zeichnungen an den
Wänden. Sie berichtete, was Yukios Bruder zu den Zeichnungen gesagt hatte,
welche Verbindung zwischen dem Geiger und Jemima Hastings bestanden hatte und
was sie sonst noch in dem Zimmer gefunden hatten.
Als sie geendet hatte,
herrschte Schweigen, wofür Isabelle dankbar war. Sie hielt die Hände fest auf
dem Schoß verschränkt. Sie hatte gemerkt, dass sie zitterten. Das war immer ein
Signal dafür, dass es ihr sehr bald sehr schwerfallen würde, klar zu denken.
Es kam davon, dass sie nicht gefrühstückt hatte, redete sie sich ein. Sie war
einfach unterzuckert.
Schließlich ergriff Stephenson
Deacon das Wort. Hiro Matsumotos Anwältin, erklärte er ihr mit einem kurzen
Blick auf eine Telefonnotiz, werde in knapp drei Stunden eine Pressekonferenz
geben. Der Cellist werde dabei zugegen sein, jedoch keine Aussage machen.
Zaynab Bourne werde die Metropolitan Police für all das, was in der Shaftesbury
Avenue geschehen war, verantwortlich machen.
Isabelle wollte etwas
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