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George, Elizabeth

George, Elizabeth

Titel: George, Elizabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer dem Tod geweiht
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weiszumachen, es wäre eine
Geste der Verzweiflung. »Pazza donna! Wieso hätte ich Jemima etwas antun sollen?«
    Ihre Augen wurden schmal. Er
klang so überzeugend. Aber das war typisch für ihn - für einen Mann, der fünf
oder fünfzehn oder fünfzig Mal verlobt gewesen war mit Frauen, die ihn irgendwann
alle hatten sitzen lassen. Und warum wohl? Warum? Warum? Was genau stimmte nicht mit Mr.
di Fazio? Was machte er mit den Frauen? Was wollte er von ihnen? Oder, noch
besser, was erfuhren sie über ihn?
    Er trat einen Schritt näher
und sagte: »Mrs. McHaggis, lassen Sie uns doch wenigstens...«
    »Nein!« Sie wich vor ihm
zurück. »Bleiben Sie, wo Sie sind! Wenn Sie auch nur einen Zentimeter näher
kommen, schreie ich wie am Spieß. Ihre Sorte kenne ich!«
    »Meine Sorte? Was meinen Sie damit?«
    »Spielen Sie bloß nicht den
Unschuldigen!«
    Er seufzte. »Dann haben wir
ein Problem.«
    »Was? Wieso? Versuchen Sie nicht,
mich reinzulegen!«
    »Ich muss ins Haus«, sagte er.
»Und das kann ich nicht, wenn Sie mich nicht vorbeilassen.« Er steckte das
Taschentuch wieder ein. Er hatte es die ganze Zeit in der Hand gehalten - und
sie wusste genau, dass er es natürlich benutzen wollte, um seine Fingerabdrücke
von der Tasche zu wischen. Er war schließlich kein Idiot, aber das war sie auch
nicht.
    Offenbar sah er ein, dass sie
ihn durchschaut hatte, und gab auf. »Ich habe eine Postanweisung in meinem
Zimmer vergessen, die ich nach Sizilien schicken möchte. Die muss ich holen,
Mrs. McHaggis.«
    »Ich glaube Ihnen kein Wort.
Die Anweisung hätten Sie gleich losschicken können, als Sie das Geld eingezahlt
haben.«
    »Ja, das stimmt. Aber ich
wollte auch eine Grußkarte dazulegen. Möchten Sie sie sehen? Mrs. McHaggis,
seien Sie doch nicht albern.«
    »Ich lasse mich nicht von
Ihnen ums Fingerchen wickeln, junger Mann.«
    »Bitte, denken Sie noch mal
nach. Die Schlüsse, die Sie ziehen, ergeben überhaupt keinen Sinn. Wenn
Jemimas Mörder hier in diesem Haus wohnt, wie Sie anzunehmen scheinen, dann
gibt es doch wohl viel, viel bessere Verstecke für eine Handtasche als Ihren
Vorgarten. Meinen Sie nicht auch?«
    Bella schwieg. Er versuchte,
sie zu verwirren. Das machten Mörder immer, wenn sie sich in die Ecke gedrängt
fühlten.
    »Ehrlich gesagt, ich hatte eigentlich
Frazer im Verdacht, aber die Handtasche sagt mir...«
    »Wagen Sie es ja nicht, Frazer
zu beschuldigen!« Auch das taten sie alle. Sie versuchten, anderen die Schuld
in die Schuhe zu schieben, sie versuchten, den Verdacht von sich abzulenken.
Ganz schön durchtrieben, der Bursche.
    »... dass es auch keinen Sinn
ergibt, ihn für den Täter zu halten. Denn warum sollte Frazer sie ermorden,
ihre Handtasche hierher schaffen und in einer Mülltonne deponieren, die vor dem
Haus steht, in dem er wohnt?«
    »Das ist kein Müll«,
entgegnete Bella dümmlich. »Das sind alles wiederverwertbare Stoffe. Ich lasse
nicht zu, dass Sie es Müll nennen. Nur weil die Leute so denken, machen sie
sich nicht die Mühe, ihre Sachen zu recyceln. Wenn sie nur endlich damit
anfingen, dann würden wir unseren Planeten retten. Verstehen Sie das nicht?«
    Er verdrehte die Augen
himmelwärts. Einen Moment lang sah er genauso aus wie diese Märtyrer auf
Heiligenbildchen, dachte Bella, weil er so dunkle Haut hatte, weil er ja Italiener
war und die meisten Märtyrer ebenfalls aus Italien kamen. Oder nicht? War er
denn überhaupt Italiener? Vielleicht tat er auch nur so. Gott, sie war ja
völlig durchgedreht. Passierte einem das, wenn man dem Grauen ins Auge
blickte? Außer dass sie gar nicht mehr so entsetzt war wie anfangs oder wie sie
es hätte sein müssen, dachte sie.
    »Mrs. McHaggis«, sagte Paolo
ruhig. »Bitte denken Sie mal darüber nach, dass jemand anderes Jemimas
Handtasche in die Tonne gestopft haben könnte.«
    »Lächerlich. Warum sollte
jemand anders...«
    »Und falls jemand anderes die
Tasche hier deponiert hat, wer könnte das wohl gewesen sein? Gibt es vielleicht
jemanden, der ein Interesse daran haben könnte, einen von uns wie den Schuldigen
aussehen zu lassen?«
    »Es gibt nur einen, der
aussieht wie der Schuldige, mein Lieber, und das sind Sie.«
    »Nein! Begreifen Sie denn
nicht? Dass die Tasche in Ihrer Tonne gelegen hat, lässt Sie selbst auch nicht
besonders gut dastehen. Genauso wie es mich - in Ihren Augen - und Frazer
schlecht dastehen lässt.«
    »Sie versuchen, jemand anderem
die Schuld zu geben! Ich habe Sie gewarnt, das nicht zu tun. Ich habe

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