Georgette Heyer
kannte einige der strahlendsten Damen der Gesellschaft, die
grün vor Ärger werden würden, sobald sie davon hörten. Eine von ihnen hatte ihm
einmal eine große Abfuhr erteilt – es wäre ein Spaß, ihr die Neuigkeit ins Ohr
zu flüstern!
Natürlich
mußte es nicht stimmen. Er würde besser urteilen, wenn er die beiden wieder
zusammen sehen konnte. Er hoffte, Miss Trent bei Mrs. Underhills
Schildkröten-Dinner zu sehen, wahrscheinlich würde sie anwesend sein. Er
beschloß, sich ihr angenehm zu machen, denn wenn nur die leiseste Möglichkeit
bestand, daß sie Waldo heiratete, war es höchst wichtig, sich mit ihr auf guten
Fuß zu stellen. Wie gut, daß er nach Yorkshire gekommen war!
Miss Trent
war bei dem Dinner anwesend; aber hätte sie absagen können, ohne Mrs.
Underhills sorgsam geplante Tischordnung zu zerstören, sie hätte es getan. Sie
wagte sogar vorzuschlagen, bei Charlotte – die böse Zahnschmerzen hatte und
nicht im Salon erscheinen konnte –, oben zu bleiben. Aber davon wollte Mrs. Underhill
nichts hören. Wo sollte sie eine Dame für Miss Trents Platz am Tisch finden?
«Ich
dachte, da die Micklebys kommen, Ma'am, könnten Sie die ältere Miss Mickleby
einladen», schlug Ancilla (ohne Überzeugung) vor.
«Reden Sie
nicht so dumm!» sagte Mrs. Underhill. «Als ob Sie nicht so gut wie ich wüßten,
daß Mrs. Mickleby beleidigt ist, wenn man nur eine und nicht alle drei ihrer
verwünschten Töchter einlädt. Und wie beleidigt wäre sie, wenn ich eine in der
letzten Minute einlade! Ich kann es ihr nicht übelnehmen, es wäre eine
jämmerliche Höflichkeit.»
So gab Miss
Trent nach, und niemand hätte angesichts ihres kühlen Temperaments vermuten
können, daß sie unter ständiger Verlegenheit litt. Die Unterstellung, daß sie
ihre Netze nach dem Unvergleichlichen auswerfe, war für eine stolze Dame ihrer
Erziehung so abstoßend, daß sie immer, wenn sie daran dachte, ein Ekelgefühl
verspürte. Als wäre sie ein ganz gewöhnliches, berechnendes Geschöpf ohne Takt
und Benehmen, das darauf lauerte, einen Ehegatten zu angeln! Und, noch schlimmer,
einen Ehegatten, der so reich und so vornehm war, daß er als höchster Preis
gewertet werden mußte! Und sie, die verarmte Tochter eines Infanterieoffiziers!
Sie konnte sich zwar nicht vorwerfen, Schlingen ausgelegt zu haben, aber wenn
sie den letzten Monat überblickte, war er eine Reihe von Ausritten mit dem
Unvergleichlichen, Abenden in seiner Gesellschaft, Spaziergängen im Park von
Staples, Tête-à-têtes, scherzhaften Worten – und alles führte zu dem Höhepunkt,
dem verhängnisvollen Ball, dem sie nie hätte beiwohnen dürfen. Wie taktlos sie
gewesen war! Jedem mußte es so erscheinen, als wäre sie nur – unter Aufgabe der
sich selbst gezogenen Grenze – zu dem Ball gegangen, um mit dem
Unvergleichlichen zu tanzen – und die schreckliche Wahrheit war, daß es
stimmte. Und wer, der sie zweimal Walzer tanzen und an seinem Arm zum Dinner
gehen, der ihn ihren Schal holen sah, würde glauben, daß sie diese
Schamlosigkeit unbedacht ausgeführt hatte, weil sie ihn liebte und in seiner
Gesellschaft zu glücklich war, um die Schwierigkeit der Situation oder selbst
die primitivste Schicklichkeit zu bedenken? Sie hätte ebensogut ihr Strumpfband
in der Öffentlichkeit befestigen können!
Es war eine
harte Feuerprobe, zu Mrs. Underhills Dinner erscheinen zu müssen, wissend, daß
Mrs. Micklebys scharfes Auge sie beobachten werde. Vielleicht sogar Mrs.
Chartleys! Sie wählte aus ihrer dürftigen Garderobe das einfachste und
nüchternste Abendkleid und bedeckte ihre streng geflochtenen Locken mit einer
Haube. Mrs. Underhill erhob sofort Einwendungen: «Warum haben Sie nur die Haube
aufgesetzt, als wären Sie eine alte Jungfer von vierzig? Nehmen Sie sie um
Himmels willen ab! Hauben zu tragen werden Sie Zeit genug haben, wenn Sie
verheiratet sind!»
«Ich rechne
nicht damit, zu heiraten, und wie Sie wissen, Ma'am, paßt es sich so für eine
Gouvernante.»
«Nein, und
Sie werden auch nicht heiraten, wenn Sie sich nicht ein wenig hübsch machen!»
unterbrach sie Mrs. Underhill kurz. «Wenn Sie nur nicht das alte braune Kleid
tragen würden, das schon genügt, jeden trübsinnig zu machen! Sie gehen mir
ebenso auf die Nerven wie Tiffany, Miss Trent.»
So ging
Miss Trent nach oben, um die abscheuliche Haube abzunehmen, aber sie zog kein
anderes Kleid an. Sie kam auch erst herunter, als alle Gäste eingetroffen
waren, huschte unauffällig in den Salon,
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