Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
Vom Netzwerk:
Schach spielen gelernt?
    Schach dem
König!»
    Léon
verschob einen seiner Springer. Er zeigte kein großes Interesse am Spiel.
    «Ich hab's
vergessen, M'sieur.»
    Hugh maß
ihn mit einem scharfsichtigen Blick.
    «Du hast
ein überraschend kurzes Gedächtnis, nicht wahr, mein Freund?»
    Léon lugte
ihn durch seine Wimpern an.
    «Ja,
M'sieur. Sehr, sehr traurig. Und Ihre Klugheit hat sich hiermit empfohlen.
Sie geben nicht acht.»
    «Nein? Du
hast deinen Springer verwirkt, Léon. Du spielst ungeheuer
unbekümmert.»
    «Ja, das
kommt daher, daß ich gerne hasardiere. Ist es wahr, M'sieur, daß Sie uns
nächste Woche verlassen?»
    Hugh
unterdrückte ein Lächeln, als er das «uns» vernahm.
    «Ja, das
stimmt. Ich reise nach Lyon.»
    Léons Hand
verhielt unbestimmt über dem Schachbrett.
    «Ich war
noch nie dort», sagte er.
    «Nein? Du
hast noch Zeit dazu.»
    «Oh, ich
will ja gar nicht dorthin!» Léon stürzte sich auf einen unseligen Bauern und
nahm ihn. «Ich hörte, daß es in Lyon sehr viele üble Gerüche und nicht sehr
nette Leute gibt.»
    «Du
möchtest also nicht dorthin fahren? Nun, vielleicht hast du recht. Was ist
los?» Hugh hob lauschend den Kopf.
    Draußen war
eine leichte Bewegung entstanden, im nächsten Augenblick riß ein Lakai die Tür
der Bibliothek auf, und der Herzog trat langsamen Schrittes ein.
    Tisch,
Schachbrett und -figuren stürzten um. Léon war mit einem Satz aufgesprungen und
hatte sich selbst zu Avons Füßen gestürzt – alle Etikette und alle feinen
Sitten waren vergessen.
    «Monseigneur!
Monseigneur!»
    Über sein
Haupt hinweg kreuzten sich Avons und Davenants Blicke. «Er ist natürlich
übergeschnappt. Ich bitte dich, beruhige dich, Léon.» Léon küßte ein letztes
Mal seine Hand und erhob sich.
    «Oh,
Monseigneur, ich hab mich ja so elend gefühlt!»
    «Nun, ich
hätte es Mr. Davenant nie zugetraut, daß er Kindern gegenüber grausam ist»,
bemerkte Seine Gnaden. «Wie geht's Hugh?» Er trat näher und streifte Hughs
ausgestreckte Hände mit seinen Fingerspitzen. «Léon, verleihe deinem Entzücken
über meinen Anblick dadurch Ausdruck, daß du die Schachfiguren aufhebst.» Er
schritt zum Feuer und stellte sich, Hugh zur Seite, mit dem Rücken davor.
    «Hast du
eine angenehme Zeit hinter dir?» fragte Hugh.
    «Eine
äußerst instruktive Woche. Die Straßen hier sind bemerkenswert. Gestatte,
Léon, daß ich deine Aufmerksamkeit auf einen unbedeutenden Bauern lenke, der
dort unter dem Stuhl liegt. Bauern zu mißachten ist niemals angezeigt.»
    Hugh
blickte ihn an.
    «Was soll
das heißen?» forschte er.
    «Nur ein
frommer Rat, mein Lieber. Ich hätte einen exzellenten Vater abgegeben. Meine
Philosophie reicht fast an die Chesterfields heran.» Hugh grinste.
    «Chesterfields
Konversation erweckt Bewunderung.»
    «Und
leichte Ermüdung. Ja, Léon, was willst du?»
    «Soll ich
Wein bringen, Monseigneur?»
    «Mr.
Davenant hat dich in der Tat gut gedrillt. Nein, Léon, du sollst keinen Wein
bringen. Hoffentlich hat er dir keine Ungelegenheiten bereitet, Hugh?»
    Léon warf
Davenant einen ängstlichen Blick zu. Es hatte ein und das andere leichte
Scharmützel zwischen ihnen gegeben. Hugh lächelte ihn an.
    «Er hat
sich geradezu bewundernswert aufgeführt», sagte er.
    Seine
Gnaden hatte den ängstlichen Blick aufgefangen, und auch das beruhigende
Lächeln.
    «Ich bin
erleichtert. Darf ich nun die Wahrheit hören?»
    Léon
blickte ihn ernst an, ohne jedoch ein Wort zu wagen. Hugh legte Avon eine Hand
auf die Schulter.
    «Wir haben
einander ein paar kleine Wortgefechte geliefert, Alastair. Das ist alles.»
    «Wer
gewann?» forschte Seine Gnaden.
    «Sie wurden
durch einen Kompromiß beendet», erklärte Hugh feierlich.
    «Äußerst
unklug. Du hättest auf bedingungslose Kapitulation bestehen sollen.» Er faßte
Léon am Kinn und blickte in die zwinkernden blauen Augen. «Wie ich es getan
hätte.» Er kniff ins Kinn. «Sollte ich das nicht, Kind?»
    «Vielleicht,
Monseigneur.»
    Die
haselnußbraunen Augen verengten sich.
    «Vielleicht?
Was heißt das? Bist du innerhalb dieser einen kurzen Woche so verderbt
worden?»
    «O nein!»
Léons Grübchen erzitterten. «Aber ich bin manchmal sehr halsstarrig,
Monseigneur. Natürlich will ich stets trachten, mich Ihrem Wunsche gemäß
aufzuführen.»
    Avon ließ
ihn los.
    «Das will
ich hoffen», sagte er unerwartet und wies ihn mit einem Winken seiner weißen
Hand zur Tür.
    «Es ist
wohl zwecklos zu fragen, wo du gewesen bist?» sagte Hugh,

Weitere Kostenlose Bücher