Gesang des Drachen
nicht wusste, wo sich Deochar aufhielt. Doch sie hatte sich dagegen entschieden. Noch musste er das nicht wissen, aber wenn es so weit war, würde sie mit dieser Information auftrumpfen und ihren Ruf als die heimliche Herrscherin von Cuan Bé festigen. Ihr Reichtum war das Netzwerk aus Spionen, Informanten und Leuten, die ihr einen Gefallen schuldeten, und ihre Waffe war Wissen.
Der Widerstand wird nicht auf mich verzichten können, dachte sie. Und wenn alles vorbei ist ... Nun, wir werden sehen, was dann geschieht.
»Woran denkst du?«, fragte Kedra.
»An die Zukunft.«
14.
Das Geständnis
»Wieso hast du das gesagt?« Duibhin schubste Peddyr mit beiden Händen. Der Vogeljunge stolperte. »Gelobt sei der Schattenlord? Bist du bescheuert?«
»Ich bin in Panik geraten! Cedric wollte, dass wir Maurice beobachten.« Peddyr wusste, dass Rechtfertigungen sinnlos waren. Er selbst verstand nicht, weshalb er die Worte gerufen hatte. Wahrscheinlich, weil er in diesem Moment geglaubt hatte, dass Cedric ihn in Ruhe lassen würde, wenn er dachte, Peddyr gehöre zu den Gläubigen. Ich bin so ein Idiot.
Er trat Sand in einer Fontäne über das Flussufer und setzte sich auf einen Baumstamm. Ciar stand mit reglos hartem Gesicht neben Duibhin. Marcas war nirgends zu sehen.
»Es tut mir leid«, sagte Peddyr leise. »Ich bin an allem schuld.«
»Natürlich bist du das.« Duibhin nahm die Entschuldigung nicht an, sondern ging nur rastlos am Ufer auf und ab. Ciar beobachtete ihn schweigend, wartete anscheinend auf dessen Entscheidung.
»Wir dürfen nicht mehr hierherkommen«, fuhr Duibhin nach einem Moment fort.
»Was?« Peddyr hob den Kopf. Der Fluss war sein zweites Zuhause ... sein erstes, korrigierte er sich, als ihm einfiel, dass er nicht mehr zu seinen Eltern zurückkehren konnte. »Ich weiß nicht, wo ich sonst hingehen soll.«
»Wo soll ich denn angeln?«, fragte Ciar.
Duibhin drehte sich zu beiden um. »Kapiert ihr nicht, in welcher Gefahr wir schweben? Wir haben einen der Anführer der Iolair verraten und uns als Anhänger des Schattenlords ausgegeben.«
»Nicht wir, ich«, sagte Peddyr.
»Das ist egal. Die unterscheiden uns nicht voneinander. Was für einen gilt, gilt für alle. Wir müssen uns verstecken, bevor Cedric die anderen alarmiert und uns suchen lässt. Ich habe Geschichten darüber gehört, was die Iolair mit Gefangenen anstellen. Ich will ihnen nicht in die Hände fallen.«
»Was machen sie denn mit ihren Gefangenen?«, fragte Ciar. Er klang neugierig, aber auch nervös.
Duibhin schüttelte den Kopf. »Üble Dinge. Erzähle ich dir ein anderes Mal. Jetzt müssen wir erst mal weg hier. Die Iolair wissen, wo wir leben, also geht nicht nach Hause.«
Er sah zuerst Peddyr, dann Ciar eindringlich an. »Und kommt vor allem nicht wieder hierher.«
»Ich bin wieder da.«
Alle drei fuhren herum. Peddyr atmete auf, als er Marcas im Fluss treiben sah. Er hielt etwas in seinen Tentakeln, was wie eine alte Kiste aussah.
»Und was ist mit ihm?«, fragte Ciar. »Wo soll er hingehen?«
Duibhin hob die Schultern. »Den Fluss hinunter oder hinauf. Die Hauptsache ist, er bleibt nicht in dieser Bucht.«
»Ich will euch etwas zeigen, was ich gefunden habe«, sagte Marcas.
»Nicht jetzt, Marcas.« Duibhin wandte sich von ihm ab und schlug Peddyr so heftig auf die Schulter, dass es schmerzte. »Du kannst ihm das erklären. Ist schließlich deine Schuld, dass er seine Heimat verliert. Wir hauen jetzt jedenfalls ab.«
Er nickte Ciar zu. Gemeinsam eilten sie den Weg hinauf, der zum Dorf führte. Peddyr blieb zurück und blickte auf das Wasser, das die untergehende Sonne orange färbte. Für ihn war die Bucht der schönste Ort der Welt, aber für Marcas war sie die einzige Heimat, die er je gekannt hatte.
»Wovon hat Duibhin geredet?«, fragte Marcas. Seine Stimme wurde bereits heiser.
Peddyr setzte zu einer Antwort an. Ich habe noch mehr Mist gebaut, deshalb werden wir hier nie wieder gemeinsam Fische fangen können. Und wir werden uns auch nicht mehr im Fluss treiben lassen und Ciar die Fische vom Haken stehlen. Und Duibhin wird sie nicht mehr für uns grillen. Doch das alles konnte und wollte er nicht aussprechen.
Marcas betrachtete ihn.
Die Kiste trieb neben ihm im Wasser, aber er hielt sie weiter umschlungen, so als wäre sie ihm wichtig. »Was ist mit meiner Heimat?«
Die Frage gab Peddyr den Ruck, der noch gefehlt hatte. »Nichts. Mach dir keine Sorgen. Es ist alles in Ordnung.«
Marcas hinterfragte
Weitere Kostenlose Bücher