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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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Grund von Krankheit.
    Die Ablehnung der Verfassung von 1919 durch die große Mehrheit der Inder veranlaßte die britische Regierung zur Ausarbeitung von Reformvorschlägen. Da die zweite von zwei Kommissionen, die mit dieser Aufgabe betraut waren, nur aus Briten bestand, rief sie den geharnischten Protest der Kongreßpartei hervor. Diese verlangte nunmehr, im August 1928, ultimativ den Dominion-Status für Indien, der binnen Jahresfrist zu gewähren war. Der Gegenentwurf einer indischen Verfassung, der von einer Konferenz aller indischen Parteien in Kalkutta im Dezember 1928 verabschiedet werden sollte, scheiterte am Veto der Muslim-Liga unter Mohammed Ali Jinnah. Da die Regierung in London die Forderungen der Kongreßpartei nicht zu erfüllen bereit war, forderte diese im Dezember 1929 die volle Unabhängigkeit (purnasvara).
    Gandhi begann im März 1930 mit einer neuen Kampagne des zivilen Ungehorsams, bei der diesmal die Aufhebung des aus dem Jahr 1836 stammenden britischen Salzmonopols im Vordergrund stand. Der «Salzmarsch» endete damit, daß Gandhi, nachdem er am 16. April 1930, seinen Anhängern ein Beispiel gebend, am Meeresstrand bei Dandi symbolisch einige Salzkörner aufgelesen hatte, zusammen mit den getreuesten seiner Gefolgsleute, verhaftet wurde. Es folgte die Massenverhaftung von Tausenden von Nachahmungstätern, die sich durch demonstratives Salzsieden auf Marktplätzen strafbar machten. Ein knappes Jahr später, im März 1931, wurden alle politischen Gefangenenauf Grund einer Vereinbarung zwischen Gandhi und dem britischen Vizekönig Lord Irwin, dem späteren Lord Halifax, freigelassen. Das Salzsieden für den Haushaltsgebrauch war fortan gestattet.
    Eine Round-Table-Konferenz in London im Herbst 1931, an der auch Gandhi teilnahm, brachte keine Lösung des indischen Verfassungskonflikts, weil es nicht gelang, bei den Wahlrechtsbestimmungen den Minderheiten, von den Muslims bis zu den kastenlosen Hindus, zu einem angemessenen Schutz vor einer Überstimmung durch die Hindu-Mehrheit zu verhelfen. Ein Versuch von Premierminister MacDonald, das Problem einseitig durch Aufspaltung der Hindus in Kastenhindus und Kastenlose zu lösen, stieß auf den erbitterten Widerstand Gandhis, der in einen Hungerstreik trat und mit Fasten bis zum Tod drohte. Am 24. September 1932 wurde der britische Octroi schließlich im sogenannten «Punapakt» zurückgenommen.
    Das vorläufige Ende des Streits war die von London oktroyierte Verfassung vom 4. August 1935, die eine Föderation zwischen den Provinzen von Britisch-Indien und den vertraglich an die britische Krone gebundenen indischen Fürsten vorsah. Da die meisten Fürsten den Beitritt zur Föderation ablehnten, konnte 1937 nur der nichtföderative Teil der Verfassung in Kraft treten: Die Dyarchie auf der Provinzialebene hörte auf; die Provinzen wurden nunmehr von Ministern regiert, die gewählten Parlamenten verantwortlich waren. Gleichzeitig wurde Birma aus dem indischen Imperium herausgelöst und mit einem Status teilweiser Autonomie ausgestattet: ein Erfolg der nationalistischen Studentenbewegung um Aung San. Die Kongreßpartei beteiligte sich mit Billigung Gandhis, der sich inzwischen aus der aktiven Politik zurückgezogen hatte und sozialen Fragen widmete, an den Wahlen zu den Provinzialparlamenten. Vom großen Ziel der staatlichen Souveränität aber schien Indien noch weit entfernt zu sein – weiter als Ceylon, die Insel im Süden des Subkontinents, die 1931 eine Verfassung auf der Grundlage des allgemeinen Wahlrechts auch für Frauen und mit einem Zweikammersystem erhielt, womit wesentliche Voraussetzungen für die Entlassung in die Unabhängigkeit gegeben waren.
    Die sechs überwiegend englischsprachigen und europäisch geprägten Dominions des Empire hatten diesen Status damals schon längst erreicht: Kanada, Australien, Neuseeland, Neufundland und die Südafrikanische Union zwischen 1867 und 1910, Irland 1921. Bereits in der Tschanakkrise vom September 1922 hatte Premierminister LloydGeorge zur Kenntnis nehmen müssen, daß Kanada und die Südafrikanische Union nicht daran dachten, Großbritannien Gefolgschaft zu leisten, wenn dieses sich entschloß, in einen Krieg mit der Türkei einzutreten. Auf der Empirekonferenz von 1933 kam es noch nicht zu einer endgültigen Klärung der Souveränitätsansprüche der Dominions. Auf der Folgekonferenz in London im Oktober und November 1926 einigte man sich auf die von dem früheren Premierminister

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