Geschichten aus dem Ringwelt-Universum
sagte: »Nimm meine Shorts.«
»Nein, Schatz, ich bin doch schließlich der Nudist hier.« Aber Jill hielt sich mit beiden Armen umklammert.
»Hier«, sagte Ron und reichte ihr seinen Pullover. Sie warf ihm einen dankbaren Blick zu, dann wickelte sie sich in offensichtlicher Verlegenheit den Pullover um die Hüften und verknotete die Ärmel.
Ron begriff es immer noch nicht. Ich fragte ihn: »Kennst du den Unterschied zwischen Nudismus und Nacktheit?«
Er schüttelte den Kopf.
»Nudismus ist eine Lebenseinstellung. Nacktheit ist ein Zeichen von Schutzlosigkeit.«
Nudismus war populär im Freipark. Nacktheit war es in jener Nacht nicht. Stücke des Mantels müssen über den ganzen King’s Freipark verstreut gewesen sein. Ich sah mindestens vier in jener Nacht: eins als Kilt, zwei als improvisierte Sarongs und eins als Bandage.
An einem normalen Tag schließen die Eingänge zum King’s Freipark um sechs. Diejenigen, die bleiben wollen, bleiben solange sie mögen. Gewöhnlich sind es nicht viele; es gibt keine Beleuchtung in einem Freipark, aber es dringt etwas Licht von der nahegelegenen Stadt herüber. Die Monitore schweben umher, von Infrarot geleitet, aber die meisten von ihnen sind nicht bemannt.
Die heutige Nacht sollte anders sein.
Es war nach Sonnenuntergang, aber noch hell. Eine kleine alte Dame kam auf uns zugestampft mit einem mörderischen Ausdruck in ihrem verrunzelten Gesicht. Zuerst dachte ich, er gelte uns, aber dem war nicht so. Sie war so aufgebracht, daß sie nicht geradeaus gucken konnte.
Sie sah meine Füße und blickte auf. »Ach, Sie sind es. Der junge Mann, der geholfen hat, den Rasenmäher zu zerstören«, sagte sie – was nicht ganz fair war. »Ein Freipark, ja? Ein schöner Freipark! Zwei Männer haben mir soeben mein Abendessen weggenommen!«
Ich breitete die Hände aus. »Tut mir leid. Wirklich. Wenn Sie es noch hätten, könnten wir Sie vielleicht dazu überreden, uns etwas abzugeben. Wir haben nämlich auch Hunger.«
Ihr Zorn verrauchte ein wenig, was sie beinahe in Tränen ausbrechen ließ. »Dann sind wir alle hungrig. Ich hatte es in einer Plastiktüte. Das nächste Mal nehme ich etwas, was nicht durchsichtig ist, ach verflixt!« Sie bemerkte Jill und ihren improvisierten Pullover-Rock und fügte hinzu: »Tut mir so leid, Liebes, aber ich habe mein Handtuch schon einem anderen Mädchen gegeben, das es noch nötiger brauchte.«
»Trotzdem vielen Dank.«
»Bitte, kann ich bei euch bleiben, bis die Monitore wieder in Ordnung sind? Ich fühle mich irgendwie nicht sicher. Ich heiße übrigens Glenda Hawthorne.«
Wir stellten uns vor. Glenda Hawthorne gab uns die Hand. Inzwischen war es völlig dunkel geworden. Wir konnten die Stadt hinter den hohen grünen Hecken nicht sehen, aber die Veränderung war verblüffend, als die Lichter von Westwood und Santa Monica aufleuchteten.
Die Polizei ließ sich Zeit dabei, uns mit ein paar neuen Monitoren zu versorgen.
Wir kamen zu der Wiese, die manchmal von der Gesellschaft für kreativen Anachronismus für ihre Turniere gebraucht wird. Sie kämpfen zu Fuß mit beschwerten und gepolsterten Waffen, die so konstruiert sind, daß sie sich wie Schwerter, Schlachtäxte, Morgensterne und so weiter verhalten. Die Waffen sind mit Vorrichtungen versehen, daß sie nicht in die falschen Hände fallen können. Die Wiese ist groß und flach und frei von Bäumen und steigt an den Rändern etwas an.
Auf einem der Hänge bewegte sich etwas.
Ich blieb stehen. Es bewegte sich nicht mehr, aber es war deutlich in dem Licht zu erkennen, das von den Wolken zurückgeworfen wurde. Ich konnte eine helle, menschenähnliche Gestalt und ein fahles Rechteck daneben ausmachen.
Ich sprach leise: »Bleibt hier!«
Jill sagte: »Sei nicht blöd. Es gibt hier nichts, hinter dem man sich verstecken könnte. Also komm!«
Das weiße Schild war verbogen und von Fußabdrücken gezeichnet. Der Mann, der es getragen hatte, sah uns mit schmerzverzerrtem Gesicht an. Blut lief ihm aus der Nase. Mit sichtlicher Mühe flüsterte er: »Ich glaube, sie haben mir die Schulter ausgerenkt.«
»Laß mich mal sehen.« Jill beugte sich über ihn. Sie betastete ihn mit den Fingern, dann setzte sie an und zog fest und gleichmäßig an seinem Arm. Der Mann mit dem Schild schrie vor Schmerz und Elend.
»Das müßte jetzt gut sein.« Jills Stimme klang zufrieden. »Wie fühlt es sich an?«
»Es tut nicht mehr so weh.« Er lächelte fast.
»Was ist passiert?«
»Sie fingen an, mich zu
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