Gewitter der Liebe
aus?«
»Das ist sehr lieb von dir«, erwiderte Julia. »Ich hoffe, er nimmt seinen Brei auch von dir an.«
Er lachte und nahm der widerstrebenden Lilly den Jungen ab. »Unser Goldstück hat immer Hunger, der würde sich sogar von einem Landstreicher füttern lassen. Geht nach oben ins Wohnzimmer, ich bringe euch nachher einen Imbiss und etwas Wein.«
Gebannt hörte sich Lilly Julias Geschichte an; hier und da konnte sie einen empörten Ausruf nicht unterdrücken. Als Julia geendet hatte, sagte Lilly: »Ich wusste, dass Ross ein charakterloser Mensch ist, aber dass er sogar ein schwangeres Mädchen sitzen gelassen hat und nun auch dich, verschlägt mir die Sprache.«
»Ich hätte auf dich und Nathan hören sollen«, gab Julia kleinlaut zu. »Ihr habt viel eher erkannt, was für ein Schuft Ross ist.«
Automatisch befühlte Lilly ihren Hals; die roten Fingerabdrücke waren noch immer deutlich zu sehen, doch sie hatte keine Schmerzen mehr. »Ich hatte anfangs vermutet, dass du seine große Liebe wärst und er endlich häuslich werden würde, aber als er dann anfing, die anderen Mädchen im Saloon anzusprechen, sah ich ihn plötzlich mit anderen Augen. Er war immer großzügig mit der Bezahlung, aber als er dann sogar mir das Geld für eine Nacht anbot, sah ich ein, dass ich mit dir darüber reden musste. Glaub mir, das war der schwerste Gang meines Lebens.«
»Ich hatte gerade erfahren, dass ich schwanger geworden war«, erinnerte sich Julia, »und ich hasste dich für deine Worte, dachte, du wolltest unser Glück zerstören.«
»O nein, das wollte ich nie!«, rief Lilly entrüstet. »Ich gönnte dir doch dein Glück, auch wenn ich immer befürchtete, dass Ross dir eines Tages sehr wehtun würde.«
Julia verzog das Gesicht. »Wie recht du doch hattest. Und nun ist er für immer gegangen …«
»Meinetwegen soll er da bleiben, wo der Pfeffer wächst«, sagte Lilly wütend und goss die Weingläser voll. »Wenn er mir jemals über den Weg laufen sollte, kratze ich ihm die Augen aus!«
»Nathan will ihn erschießen.«
»Umso besser. Hier, trink einen Schluck, heute brauchen wir beide eine Ablenkung.«
Zögernd griff Julia nach dem hingeschobenen Weinglas und nippte daran. »Ross wird nie wieder in San Francisco auftauchen, also vergesst eure Rachepläne. Wahrscheinlich kann er sich schon jetzt kaum noch an die dumme Julia erinnern, die gerne mit ihm das Bett geteilt und andächtig seinen Wunschträumen gelauscht hat.« Sie klang verbittert. »Aber ich liebe ihn immer noch, obwohl ich so zornig auf ihn bin. Was kann ich nur dagegen tun?«
»Die Zeit wird die Wunden heilen«, tröstete Lilly mitfühlend. »Du wirst einen anderen Mann kennenlernen, der deine Liebe zu würdigen weiß.«
»Niemals! Ich könnte keinem Mann mehr vertrauen. Aber lass uns das Thema wechseln: Wie sieht es mit deinen Zukunftsplänen aus?«
»Oh, ich glaube, ich habe ein passendes Grundstück gefunden, zwischen einem Revuetheater und einer kleinen verschwiegenen Bar. Einige Gäste aus dem Red Carpet haben mir bereits versichert, mein Etablissement regelmäßig zu besuchen.«
»Und was ist mit deinen …? Du weißt schon, was ich meine.«
»Es gibt keine Männer mehr, denen ich für Geld meine Gunst erweise.« Lillys Stimme klang fest. »Ich gebe zu, dass es da ein paar charmante Gentlemen gegeben hat, die sehr großzügig zu mir waren. Aber ich habe eingesehen, dass ich das auf Dauer nicht will, dass ich meinen Körper nicht mehr verkaufen werde. Ich habe genug Geld verdient, um meinen eigenen Saloon zu eröffnen, und dort wird es keine Huren geben, nur Barmädchen wie mich.«
Vor Erleichterung umarmte Julia ihre Freundin und sagte: »Ich hatte immer Angst um dich. Es hätte auch ein anderer Mann als Bill sein können, der dich umzubringen versucht hätte.«
Weinend lagen sich die Freundinnen in den Armen, als Nathan eintrat, und lächelnd schloss er wieder die Tür von außen. Gut, dass Julia und Lilly wieder zusammenhielten, sagte er sich, als er ins Gästezimmer schlich, um nach dem schlafenden Joseph zu sehen.
Die beiden Frauen saßen noch bis weit nach Mitternacht beisammen und redeten und redeten – über die Vergangenheit und über die Zukunft. Lilly war begeistert, als Julia ihr von Mrs Garlands Vorschlag erzählte, Damenschneiderin zu werden.
»Das ist eine großartige Idee!«, rief sie. »Ich werde deine beste Kundin, das verspreche ich dir.«
Julia wehrte ab. »Ich hab gar keine Zeit, eine Lehre zu beginnen.«
»Ich
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