Gewitter der Liebe
Interesse erweckt. Der Eingangsbereich war auffällig in Gold und Rot gehalten, und an der Tür prangte ein weißes Schild mit der Aufschrift: »Dringend Personal gesucht!« Die hohen Fenster des Saloons waren mit dicken samtenen Vorhängen verschlossen. Obwohl Lilly nichts sagte, ahnte Julia, dass ihre Freundin dort gerne arbeiten würde.
Sie wandten sich zum Hafen; inzwischen war es Mittag geworden. Auf den Straßen herrschte reger Verkehr, man sah Kutschen, Transportfuhrwerke und Männer zu Pferd oder auf dem Maulesel. Einige von ihnen waren Geschäftsleute, andere Goldsucher. Das konnte Julia an der Kleidung erkennen, den breitrandigen Hüten und den Vollbärten. Es waren zumeist einfache Gemüter, die harte Arbeit gewohnt waren und in Kalifornien auf einen Glücksfund hinarbeiteten. Julia entgingen nicht die sehnsüchtigen Blicke, die ihr und Lilly hinterher geschickt wurden.
Ross zeigte ihr das Miethäuschen, und Julia fand es entzückend. Im Hotel erfuhren sie, dass dieses Haus und alle weiteren in der Straße dem Hotelbesitzer gehörten, einem mageren Mann von der Ostküste. Er verlangte fünf Dollar Wochenmiete; dafür war es ihm gleichgültig, wie viele Personen einziehen würden.
Ross und Julia sagten sofort zu, noch bevor sie das Innere ihres neuen Heimes angesehen hatten. Für Julia war klar, dass auch Nathan und Lilly dort fürs Erste wohnen sollten, bis sie eine eigene Bleibe gefunden hatten.
Eine Woche später wurde eingezogen. Das Haus hatte drei winzige Schlafzimmer im Obergeschoss, doch für Julia war es das reinste Paradies, auch wenn die Möblierung der Räume eher spartanisch war. Nur widerstrebend, nach langem Überreden, stimmte Nathan zu, eines der Zimmerchen zu beziehen. Manchmal packte ihn die kalte Wut, weil er nun auf andere Menschen angewiesen war, doch er war glücklich, dass er Julia weiterhin an seiner Seite hatte.
Nathans Planwagen hatte Ross verkaufen können, ebenso die Zugtiere. Das Pferd allerdings wollte Nathan behalten, auch wenn er sich fragte, ob er jemals wieder im Sattel sitzen würde. Die Wunde war so weit verheilt, dass er vorsichtig versuchte, Joshs Krücken zu benutzen, was schwieriger als angenommen war; doch Julia machte ihm immer wieder Mut.
Am Morgen, als Ross zum ersten Mal in Begleitung einiger Männer vom Treck ein Goldwäscherlager aufsuchte, war er mit allem eingedeckt, was man für das Schürfen benötigte. Nathan hatte ihm aus seinem Warenkontingent mit Sichertrog, verschiedenen Äxten, wetterfester Kleidung und allem anderen ausgestattet. Da Lilly eine Arbeit mit Unterkunft im Red Carpet gefunden, wurde ihr Zimmer zum Warenlager. Bis Nathan ein Ladengeschäft gefunden hatten, sollte alles dort untergestellt werden; Julia hatte darauf bestanden.
Sie blickte Ross von der vorderen Veranda nach, bis er aus ihrem Blickfeld verschwunden war. Eine ganze Woche wollte er in dem zwanzig Meilen entfernten Lager verbringen, und Julia vermisste ihn schon jetzt.
Auch sie hatte schnell Arbeit bekommen, in jener Pension, die ihr schon beim ersten Rundgang durch das Zentrum ins Auge gefallen war. Dort arbeitete sie jeden Nachmittag vier Stunden und verdiente das Dreifache von dem, was sie bei Barclay & Wilson verdient hatte, indem sie Bettwäsche, Handtücher und Tischwäsche instand hielt. Die Pensionswirtin, eine gutmütige rundliche Witwe namens Judith Garland, behandelte Julia wie ein Familienmitglied, sodass diese nie das Gefühl hatte, nur eine kleine Näherin zu sein.
Als Julia zurück in die Küche kam, übte Nathan bereits wieder, mit seinen hölzernen Gehhilfen zurechtzukommen. Immer wieder verlor er das Gleichgewicht, dabei war es doch so wichtig, dass er lernte, sich aus eigener Kraft vorwärts zu bewegen.
Das Ladengeschäft, das Ross ihm vorgeschlagen hatte, hatte Nathan inzwischen mit eigenen Augen inspizieren können – zumindest von außen. Dafür hatte Ross auf Julias Drängen eine offene leichte Kutsche gemietet und war mit Nathan durch das Zentrum gefahren. Dessen geschultes Auge hatte sofort erkannt, dass mit einem Geschäft für Goldwäscherbedarf viel Geld zu machen war. Zwar gab es zwei weitere Läden dieser Art in unmittelbarer Nähe, doch einer war verlassen, da sein Besitzer sich ebenfalls unter die Goldsucher begeben hatte, und ein Hinweis an dem anderen Geschäft teilte Interessenten mit, dass Sichertröge und Wiegen zum effizienteren Goldwaschen, sogenannte Rocker, bis auf absehbare Zeit vergriffen seien.
Ächzend ließ Nathan sich
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