Gewitter der Liebe
auf den nächsten Stuhl fallen, als Julia ihn lobte.
»Es wird noch Monate dauern, bis ich mit diesen Dingern einigermaßen geradeaus laufen kann«, sagte er verbittert. »Wie gerne würde ich endlich wieder arbeiten!«
Julia ging zum Herd und goss Nathan heißen Kaffee in seine Blechtasse. »Du musst geduldiger mit dir sein. Und die Unterarmkrücken sind nur der Anfang. Dr. Stevens meint, sobald die Wunde restlos verheilt ist, kannst du ein Holzbein benutzen. Josh hat schon damit begonnen, aber nun ist er erst einmal mit Ross im Goldlager. Ob die beiden fündig werden?«
»Warum nicht? Wie ich mitbekommen habe, findet jeder, der fleißig sucht, etwas Gold. Man muss nur Geduld und Ausdauer haben.«
Vom Hafer her erklang eine Schiffssirene, und Julia horchte unwillkürlich auf. »Schon wieder ein Schiff. Bald wird San Francisco aus allen Nähten platzen. Mrs Garland weiß schon jetzt nicht mehr, wo sie all die Gäste unterbringen soll.«
»Du wirst sehen, dass neue Hotels bald wie Pilze aus dem Boden sprießen werden«, vermutete Nathan und wärmte seine kalten Hände an der Kaffeetasse. »Nur zu dumm, dass die Zimmerleute fast alle an den Flüssen sind, anstatt die Häuser fertigzustellen.«
Julia setzte sich zu ihm. »Ross erzählte, dass die Schiffskapitäne um ihre Mannschaften bangen und ihnen verbieten, an Land zu gehen, um sich im Goldwaschen zu versuchen. Stell dir vor, so manches Handelsschiff liegt im Hafen fest, weil seine Besatzung abgehauen ist!«
»Dieses Goldfieber scheint wirklich ansteckend zu sein«, bemerkte er kopfschüttelnd, während er seinen Kaffee schlürfte. »Und das ist erst der Anfang. Wie es aussieht, sind die Flüsse in Kalifornien noch voller Gold, und auch in den Bergen vermutet man riesige Goldvorkommen.«
»Mr Sutter soll übrigens versucht haben, das an seiner Mühle gefundene Gold als Eigentum zu beanspruchen, aber das wurde abgelehnt. Jeder, der Gold in irgendwelchen Gewässern findet, darf es behalten.«
Nathan nickte und versuchte mit schmerzverzogenem Gesicht, seine Sitzposition zu verändern. »Aus diesem Grund werden immer mehr Leute angelockt – und Berufsglücksspieler, die in den Saloons den gutgläubigen Goldwäschern ihre mühsam gesammelten Funde wieder abnehmen.«
»Davon berichtete mir Lilly bereits«, sagte Julia trocken. Sie war noch immer nicht mit der Berufswahl ihrer Freundin einverstanden, obwohl die immer wieder schwor, nur ihre gute Laune, jedoch nie ihren Körper verkaufen zu wollen. »Abends ist es so voll im Red Carpet, dass die Leute Schlange stehen.« Sie seufzte. »Mir wäre lieber, Lilly würde bei einer netten Pensionswirtin wie Mrs Garland arbeiten.«
»Mach dir keine Sorgen. Lilly ist alt genug; sie muss selbst entscheiden, was sie tut.«
Julia stand auf und trat ans Fenster. Gerade legte das Schiff an; es war ein Dreimaster und trug die Flagge von Hawaii. Von dort trafen oft Schiffe mit Waren ein, weniger mit Passagieren. Draußen war es wie gewohnt dunstig, und die Berge auf der anderen Seite trugen ihre ersten zaghaften Schneemützen.
Julias Gedanken flogen zu Ross. Hoffentlich hatte er genügend warme Wäsche bei sich, denn an den Flussufern, an denen die Männer von morgens bis abends hockten und unermüdlich ihre Goldpfannen mit Schlamm füllten und schwenkten, war es kalt und feucht.
»Hörst du mir überhaupt zu?«
Erschrocken wirbelte sie herum. »Entschuldige bitte. Was hast du gesagt?«
»Ich sagte, dass ich unbedingt mit dem Besitzer dieses Geschäftshauses reden muss. Wenn er mir einen anständigen Preis macht, möchte ich das ganze Haus kaufen – natürlich erst nach eingehender Besichtigung der Räumlichkeiten.«
Sie setzte sich wieder zu ihm, erfreut darüber, dass sein Geschäftssinn allmählich wieder an die Oberfläche trat. »Es sieht von außen sehr geräumig aus; sicher gibt es einen großen Lagerkeller.«
»Und im oberen Stockwerk könnte ich wohnen.«
»Nathan, du bist bei uns willkommen. Du kannst so lange bleiben, wie du möchtest.«
Er lächelte dünn. »Das ist mir klar, aber mir ist lieber, wenn ich meine eigenen vier Wände habe, das habe ich von Anfang an geplant.« Die folgenden Worte versuchte er beiläufig auszusprechen, auch wenn es ihm schwerfiel. »Außerdem möchte ich das junge Glück nicht ständig stören.«
»Unfug«, widersprach sie augenblicklich. »Die meiste Zeit werde ich allein sein, und da bin ich sehr froh, wenn ein Mann im Haus ist.«
Er lachte verbittert. »Nur mit dem
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