Gewitter der Liebe
Speisen, die sie für ihre Gäste kochte, etwas mit nach Hause zu nehmen, und über das Kompliment strahlte sie. Sie wusste, dass sie eine gute Köchin war, aber ein Lob aus dem Mund des Kaufmanns aus Missouri war ihr eine besonders große Ehre.
Am nächsten Vormittag stattete Lilly ihrer Freundin einen Besuch ab. Sie trug ein neues Kleid aus feinstem weichem Stoff, das für die schlammigen Straßen eigentlich viel zu schade war.
Erfreut kochte Julia Kaffee, und auch Nathan schien entzückt über die willkommene Unterhaltung zu sein. »Stellt euch vor«, sprudelte es aus Lilly hervor, »im Saloon ist jeden Abend der Teufel los. Ihr mögt es vielleicht nicht glauben, aber die Männer zahlen mir zehn Dollar, nur damit ich mich zu ihnen setze. Manchmal schäkern sie, aber oft brauchen sie einfach nur jemand, der ihnen zuhört. Sicher, der eine oder andere Mann verspricht mir einen Haufen Geld, wenn ich die Nacht mit ihm verbringen würde, aber …« Sie schnappte Julias entsetzten Blick auf und fügte rasch hinzu: »… aber ich lehne selbstverständlich ab. Im Red Carpet gibt es genug Mädchen, die dafür eingestellt wurden, und in einer nahen Seitenstraße hat neulich ein Bordell eröffnet. Seht mich nicht so erschüttert an; ich werde meinen Körper niemals verkaufen.«
»Was erzählen dir diese Männer denn?«, wollte Nathan wissen, den alles interessierte, was um ihn herum geschah.
»Manche beklagen sich über ihre Einsamkeit«, verriet Lilly. »Viele haben Hals über Kopf Frau und Kinder verlassen, um in Kalifornien reich zu werden. Andere wiederum reden gern von ihrer Arbeit, von den Lagern und dem Leben dort. Ich habe inzwischen mehrfach erfahren, dass es in einigen Lagern schon zu Schießereien wegen des Goldes gekommen ist, zu Diebstählen und Hinrichtungen.«
Erschrocken schlug sich Julia eine Hand vor den Mund. Wenn sich nun auch Ross in solch einem Lager befand?
»Es kommt immer öfter zu Ausschreitungen«, wusste Lilly weiter zu berichten. »Die amerikanischen Goldsucher wollen alles Gold für sich und fordern, dass die Ausländer gehen sollen. Ist das nicht verrückt?«
»Das ist der reinste Wahnsinn«, bestätigte Nathan nachdenklich. »Dieses verdammte Gold wird noch so manchen Kopf und Kragen kosten.«
Die Frauen nickten zustimmend.
»Gestern hat mich doch tatsächlich jemand versucht abzuwerben«, sagte Lilly amüsiert. »Hübsche Frauen werden in den größeren Lagern gesucht, zum Ausschenken von Getränken und zum Tanzen. Am Sonntag, wenn nicht gearbeitet wird, scheint der Bedarf an Unterhaltung besonders groß zu sein.«
Nathan und Julia wechselten einen alarmierten Blick.
»Aber ich bleibe in San Francisco. Mein Chef ist sehr nett und großzügig bei der Abrechnung, und mein niedliches Zimmer gefällt mir. Ihr müsst euch also um mich nicht sorgen.« Sie stutzte. »Wo ist eigentlich Ross?«
Julia erklärte es ihr. »Mit ihm sind auch die Brüder Hofman und ein Dutzend anderer Männer vom Treck losgezogen. Nach dem, was du erzählt hast, habe ich Bedenken, dass er gesund zurückkommt.«
»Das musst du nicht«, beschwichtigte Lilly sie. »Das, was ich gehört habe, trifft nicht auf alle Lager zu. Meistens arbeiten die Männer friedlich nebeneinander in ihren Claims und freuen sich, wenn einer ein paar Goldkörner gefunden hat.«
»Trotzdem bin ich erst beruhigt, wenn Ross wieder da ist«, sagte Julia und fügte leise hinzu: »Ich vermisse ihn so sehr.«
Lilly rückte das neue Hütchen auf ihrem Kopf zurecht und erwiderte: »Ich hoffe, er findet genug Gold, um dich bald zu heiraten. Das hat er schließlich mehrmals versprochen.«
»Er wird sein Wort halten.« Julia strich ihren Rock glatt und fühlte sich neben der nun mondän gekleideten Freundin wie eine graue Maus. »Ich muss nur Geduld haben, dann stehen wir bald vor dem Traualtar. Aber vorher helfe ich Nathan mit seinem Laden.«
»Dann bist du ja bestens beschäftigt.« Lilly lachte und stand auf. »Nun muss ich aber gehen und noch etwas schlafen, denn ich komme erst am frühen Morgen dazu, mich auszuruhen.«
Die beiden Frauen umarmten sich zum Abschied, und Nathan bekam einen freundschaftlichen Kuss auf die bärtige Wange. Julia begleitete Lilly zur Haustür, schaute zum Himmel und zog die Nase kraus. »Und ich hatte gedacht, in Kalifornien wird es niemals kalt und die Sonne scheint Tag für Tag.«
»Warte bis zum Frühjahr, dann erlebst du das reinste Paradies, wenn man den Leuten glauben kann.« Lilly schlang den neuen
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