Gewitter der Liebe
verrichtete, während er selbst zum Nichtstun verurteilt war.
»Das, was du für mich tust, werde ich kaum jemals wiedergutmachen können«, sagte er verlegen. »Wenn ich mich doch nur besser bewegen könnte.«
Sie strich sich das Haar aus der Stirn und erwiderte mit zuversichtlicher Stimme: »Ich habe versprochen, dir zu helfen, und es macht mir nichts aus, alles sauberzumachen. Am Wochenende können wir anfangen, die Waren herzubringen, Lilly wird mir dabei helfen. Nur bei der schweren Registrierkasse, die du aus Missouri mitgebracht hast, brauchen wir Verstärkung. Vielleicht ist Ross dann ja schon wieder aus Blessed River zurück.«
Das glaubte Nathan kaum, denn er hatte den fieberhaften Glanz in Ross’ Augen gesehen. Der Mann war im Goldrausch, und er würde erst Ruhe geben, wenn er Unmengen des begehrten Metalls gefunden hatte.
Das kleine Schaufenster war so verschmutzt, dass man kaum hindurchschauen konnte. Julia kratzte die mit weißer Farbe gepinselten Buchstaben ab, die darauf hinwiesen, dass sich hier einmal ein Geschäft für Kurzwaren befunden hatte.
»Warum der frühere Ladenbesitzer wohl aufgegeben hat?«, wunderte sie sich, nachdem das Schaufenster sauber war. »Die Lage ist doch ideal.«
»Der Vermieter hat mir verraten, dass der frühere Eigentümer einer der ersten Männer im vergangenen Jahr war, der zu den Goldfeldern gezogen ist. Er hatte Glück und fand einige große Nuggets, baute sich ein schönes neues Haus und vergrößerte sein Geschäft. Das wird nun von seiner Frau geführt, während er weiterhin auf der Jagd nach noch mehr Gold ist.«
Julias Gedanken schweiften ab zu dem hübschen Haus, das Ross bauen wollte. Sie würden es schön haben dort oben auf den Hügeln, und es würde eine prächtige Hochzeit geben.
»In ungefähr drei Wochen trifft die Veronique von der Ostküste ein«, holte sie Nathans Stimme in die Gegenwart zurück. »Bereits in Missouri habe ich einen großen Posten von Waren in Auftrag gegeben – obwohl ich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wusste, ob ich jemals Kalifornien erreichen würde.« Er blickte auf das leere, hochgesteckte Hosenbein. »Nun ja, um ein Haar hätte ich es nicht erreicht. Ich werde eine Hilfskraft einstellen, denn ich kann nicht erwarten, dass du mir ständig hilfst; immerhin hast du auch noch deine eigene Arbeit zu verrichten.«
Sie wrang den Wischlappen im Putzeimer aus, dann richtete sie sich auf. Doch bevor sie protestieren konnte, erklärte ihr Nathan, dass er auch ohne seine Behinderung einen Helfer eingestellt hätte.
Diesmal dauerte es fast einen Monat, bis Ross sich wieder in San Francisco sehen ließ. Erneut brachte er ein Beutelchen Goldkiesel mit sowie einen weiteren Beutel mit Goldstaub, der immerhin noch zwanzig Dollar wert war.
Nathan hatte in der Zwischenzeit sein Geschäft eröffnet, was innerhalb weniger Tage zum Erfolg führte, weil nach wie vor fast täglich Schiffe mit Goldsuchern in den Hafen einliefen. Zu Dutzenden gingen Goldpfannen, Spitzhacken, Schaufeln, Zelte und Konservendosen über den Ladentisch, und kurz bevor die Regale leer waren, traf die neue Lieferung ein.
Mittlerweile war es Dezember und empfindlich kühl in San Francisco. Vom Meer her blies ein unangenehmer Wind, und der ständige feuchte Nebel steigerte nicht unbedingt die Stimmung der Einwohner.
Ross zeigte sich beeindruckt von Nathans Geschäft. Zwar konnte er sich selbst nicht vorstellen, sein Leben hinter einer Ladentheke zu verbringen, doch Nathans Gespür für einen guten Umsatz imponierte ihm. Der junge Mann, den Nathan eingestellt hatte, war fleißig und flink; trotzdem ließ es sich Julia nicht nehmen, dem Geschäft täglich einen Besuch abzustatten.
Das Holzbein, das Nathan angepasst worden war, war gut gearbeitet, sodass er sich fast ohne Hinken fortbewegen konnte. Zu Julias Leidwesen bezog er nun die kleine Wohnung über dem Laden, und nun lebte sie ganz allein in dem Häuschen am Hafen, wenn Ross auf den Goldfeldern war.
Eigentlich hatte er sich vorgenommen, im kommenden Frühjahr das neue Haus zu bauen. Ein passendes Grundstück hatte er bereits gefunden und mit seinem neuerlichen Goldfund bezahlt. Aber nun spielte er mit dem Gedanken, das Haus bauen zu lassen – als habe er Angst, da draußen etwas zu verpassen.
»Versteh mich doch, Liebling«, sagte er, während er Julia an sich zog. »Ich kann den Gedanken nicht ertragen, mich hier mit Bauarbeiten zu beschäftigen, während vielleicht jemand anderes ein riesiges Nugget
Weitere Kostenlose Bücher