Gewitter der Liebe
findet.«
»Aber woher willst du die Zimmerleute nehmen? So werden wir nie zu einem eigenen Heim kommen.«
»Die habe ich bereits.« Er lächelte geheimnisvoll. »Sechs Burschen aus China, die neben mir in Blessed River schürfen. Sie sind enttäuscht, weil sie bisher nicht mehr als einige Goldkrumen gefunden haben, und denken daran, in die Stadt zurückzukommen und ihre handwerkliche Arbeit wieder aufzunehmen.«
Mit großen Augen starrte sie ihn an. »Was hast du ihnen dafür angeboten?«
»Gold im Wert von siebenhundert Dollar.«
»Aber so viel hast du doch noch gar nicht gefunden!«
Er umfasste ihre schmale Taille. »Aber ich werde es finden, das spüre ich ganz genau.«
Sie entgegnete nichts, dachte aber bei sich, dass sie wohl auch in absehbarer Zukunft nicht viel von ihrem Liebsten haben würde. Um ihm nicht die Freude zu nehmen, schenkte sie ihm ein nachsichtiges Lächeln und drängte sich an ihn; er reagierte sofort und trug sie hinauf ins Schlafzimmer.
Etwas anderes hingegen bereitete Julia große Sorgen. Seitdem sie in San Francisco lebte, hatte es mehrere Brände in allen Teilen der Stadt gegeben; die Holzhäuser brannten wie Zunder und ließen nichts als ein Häufchen Asche zurück.
Auch Nathan zeigte sich besorgt. Wenn Julia ihn besuchte, zog er sich oft mit ihr auf eine Tasse Tee in den rückwärtigen kleinen Büroraum zurück, während sein junger Helfer Virgil im Laden stand. Der rothaarige Jüngling war genau wie Julia irischer Herkunft und konnte sogar ein paar Brocken der gälischen Sprache. Er war im Vorjahr ohne seine Familie nach Kalifornien gekommen, um sich unter die Goldsucher zu mischen. Aber rasch hatte er begriffen, dass er nicht dafür geeignet war, von morgens bis abends im schlammigen Wasser zu stehen und den Sichertrog zu schwenken, und so hatte er sich bei Nathan um eine Arbeit beworben – Geld für die Heimreise besaß er nicht. »Der Junge ist sehr tüchtig«, bestätigte Nathan Julia. »Ich kann ihm vertrauen, er ist ehrlich und kräftig.«
»So sind wir Iren«, gab sie grinsend zurück, aber dann kam sie erneut auf das Thema zurück, das sie so sehr beschäftigte. »Wer mag nur hinter diesen Brandanschlägen stecken?«
Er hob die Schultern. »Es wird viel geredet, aber die Polizei nimmt an, dass es sich um eine Gruppe von Kriminellen handelt, die brennende Häuser und Geschäfte plündern. Das muss eine Bande sein, die keine Lust hat, sich an der Goldsuche zu beteiligen, aber dennoch zu Wohlstand kommen will – oder die Burschen sind einfach nur neidisch, weil sich andere etwas in der Stadt aufgebaut haben.«
»Und wenn nun auch dein Geschäft eines Nachts abbrennt?«
Er holte tief Luft. »Darüber denke ich oft nach. Falls es so weit kommt, kann ich froh sein, wenn ich meine eigene Haut retten kann. Mit diesem Ding da«, er wies auf sein Holzbein, »bin ich nicht der Schnellste, auch wenn Virgil in meiner Nähe ist.« Der junge Ire hatte auf Nathans Wunsch ein Zimmer in seiner geräumigen Wohnung bezogen. »Zum Glück bewahre ich mein Geld bei der Bank auf und könnte mir notfalls ein neues Geschäft aufbauen … aber das würde mich nicht vor einem neuen Brandanschlag schützen.«
Bedächtig trank Julia ihren Tee. Sie liebte die Stunden mit Nathan in seinem Büro und war glücklich, dass er sich nach dem Unglück wieder gefasst und neuen Lebensmut gefunden hatte.
»Man hat jetzt beschlossen, eine Feuerwehr zu gründen«, fuhr Nathan fort. »Alle Bürger wurden aufgefordert, eine Spende dafür zu leisten.«
»Ich weiß. Vor einigen Tagen kam jemand zum Sammeln in die Pension. Mrs Garland, ich und die meisten Gäste haben gerne etwas gegeben, denn schließlich geht es um unser aller Schutz.«
Er musterte sie aufmerksam, und ihm fiel auf, dass sie bedrückt war.
»Wie geht es Ross?«, fragte er daher, wobei er seiner Stimme einen beiläufigen Ton gab. »Ist er schon wieder unterwegs?«
»Seit gestern. Er versprach, diesmal nicht so lange fort zu bleiben, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich mich darauf verlassen kann.« Sie fuhr mit der Fingerspitze nachdenklich über den Rand der Teetasse. »Ich weiß ja, dass ich egoistisch bin und die Goldsuche sein Beruf ist, aber die Wartezeit ist so lang.«
»Das verstehe ich. Aber Ross ist ein Abenteurer; er wird immer wieder hinausziehen – und wenn es in Blessed River nichts mehr zu holen gibt, dann zieht er weiter. Es gibt noch viele Flüsse, die in den Bergen der Sierra Nevada entspringen, und ein Mann wie Ross
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