Gewitter der Liebe
wird nicht müde werden, nach weiterem Gold zu suchen.«
Bekümmert nickte Julia. »Das fürchte ich auch, und es wird mir nicht gelingen, ihn aufzuhalten und zu überreden, in der Stadt eine Arbeit anzunehmen.« Sie lächelte Nathan entschuldigend an. »Ach, vergiss mein Jammern. Ich wusste schließlich von Anfang an, dass Ross kein gewöhnlicher Mann ist … und gerade das hat mich doch so sehr an ihm fasziniert. Anders würde ich ihn gar nicht haben wollen.«
»Aber er wird dich auf Dauer nicht glücklich machen, kleine Julia«, dachte Nathan. »Ich könnte es, aber du bist blind vor Liebe zu Ross, sodass du nicht siehst, dass ich dich bedingungslos liebe.«
Um sie auf andere Gedanken zu bringen, wechselte er das Thema und erzählte, dass er vorhabe, ein eigenes Geschäftshaus zu bauen. »Im nächsten Jahr vielleicht, dann muss ich mich sowieso vergrößern. Jetzt bin ich ganz froh, dass der Besitzer meines jetzigen Ladens das Haus nicht verkaufen will. Es ist wie fast alle anderen Häuser aus Holz – die wenigen Gebäude aus Backsteinen überleben die Brände größtenteils. So ein Haus will ich auch bauen.«
Das klang sehr entschlossen, und Julia bewunderte ihn für seine Stärke.
Vor ihrem Haus wurde sie bereits von Lilly erwartet. Sie ließ sich weiterhin regelmäßig bei ihrer Freundin sehen, die sich jedes Mal riesig über den Besuch freute. Ihr würde es nicht im Traum einfallen, Lilly in ihrem Zimmer zu besuchen; zwar führte eine Hintertreppe hinauf, sodass man den Saloon nicht durchqueren musste, aber Julia fühlte sich außerstande, den »Sündenpfuhl«, wie sie das Red Carpet nannte, zu betreten.
Diesmal wirkte Lilly verschämt, als hätte sie ein schlechtes Gewissen. Den Grund erfuhr Julia nach zwei Gläsern Wein.
»Er sah sehr gut aus«, druckste Lilly herum, »und sehr gepflegt, sein Anzug entsprach der neuesten Mode …«
Julia klatschte vor Freude in die Hände. »Du hast dich endlich verliebt?«
»Unsinn. Also, dieser Mann hieß Aaron und ist ein Berufsspieler.«
»Wieso hieß? «
»Weil er nur auf der Durchreise war und längst weitergezogen ist. Er wollte den Goldsuchern ein bisschen Geld abluchsen, meinte er, als er mich an seinen Tisch einlud, um ihm Glück zu bringen.«
»Und du hast ihm Glück gebracht?«
Lilly nickte eifrig. »Ich weiß natürlich nicht, ob er ehrlich spielte oder mit gezinkten Karten. Du darfst nicht vergessen, dass Männer wie Aaron mit dem Kartenspiel ihr Geld verdienen, während ihre Gegner Laien sind. Nun, er gefiel mir sehr gut, und er nahm an jenem Abend über fünfhundert Dollar ein! Als der Saloon schloss, fragte mich Aaron, ob ich ihm auch in der Nacht Gesellschaft leisten würde.«
»Du hast natürlich abgelehnt.«
»Hätte ich wohl tun sollen, aber ich tat es nicht. Himmel, der Mann hat mir gut gefallen und gab mir hundert Dollar dafür. Er war ein sehr einfühlsamer Liebhaber, und ich kam auf meine Kosten – wenn du verstehst, was ich meine.«
Errötend nickte Julia. »Und jetzt bereust du, dass du deinen Körper an diesen Spieler verkauft hast, nicht wahr?«
»Nicht eine Sekunde bereue ich!«, gab Lilly heftig zurück. »Das ist es ja: Es hat mir Spaß gemacht, und ich hab auch noch Geld dafür bekommen!«
Julia schluckte. Genauso hatte sie es vorausgesehen: Lilly war des Geldes wegen auf die schiefe Bahn geraten!
»Schau mich nicht so entsetzt an«, sagte Lilly schmunzelnd. »Ich werde auch in Zukunft mit keinem Mann eine Nacht verbringen, der mir nicht sympathisch ist. Eigentlich hätte ich dir das alles gar nicht erzählen sollen, weil ich weiß, wie sehr du dich darüber aufregst. Aber wir sind Freundinnen, und ich möchte dir auf keinen Fall verheimlichen, was in meinem Leben geschieht.«
Noch einmal schluckte Julia, dann kippte sie den Rest ihres Weines in einem Zug hinunter. Lilly war nun ein leichtes Mädchen – in den Bordellen gab es jede Menge davon.
»Du musst wissen, was du tust«, sagte sie mit belegter Stimme. »An unserer Freundschaft ändert das nichts, aber ich kann dein Tun nicht billigen.«
Sanft umarmte die Freundin sie. »Ich erwarte nicht, dass du mich verstehst. Du warst immer anders als ich, doch ich wusste bereits in New York, dass ich nur zu Geld kommen kann, wenn ich mein Äußeres einsetze. Julia, ich will eines Tages einen eigenen Saloon haben, und dafür kann ich jeden Dollar gebrauchen.«
»Aber auf diese Weise?«
»Keine Angst, ich werde keinen dieser schmuddeligen betrunkenen Goldgräber erhören,
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