Gewitter der Liebe
Kartoffel in den Mund und fragte sich, wann Ross ihr einen Heiratsantrag machen würde.
Doch Julia wartete vergebens. Auch wenn Ross weiterhin zärtlich zu ihr war, spürte sie, dass es ihn wieder hinauszog. Rücksicht konnte sie von ihm nicht erwarten, er hatte sie bereits vorgewarnt. An den letzten Abenden in San Francisco ging er aus und kam oft er spät mit einer Alkoholfahne zurück.
Als er sich dann verabschiedete, erwähnte er mit keinem Wort das Baby. »Ich kann noch nicht sagen, wann ich diesmal zurück sein werde, Liebes, also werde nicht ungeduldig.«
»Du weißt doch, wie geduldig ich bisher war.«
»Sicher, aber ich muss immer weiter in den Norden wandern, um eine Stelle zu finden, die noch nicht völlig überfüllt ist. Bald wird der nächste Treck erwartet, las ich in der Zeitung, und diesmal soll er noch länger sein als unserer letztes Jahr.« Er küsste sie noch einmal, sagte ihr, dass er sie liebte und ständig in seinen Gedanken bei ihr sein würde, dann war er wieder einmal fort.
Unschlüssig blieb Julia im Flur stehen. Sie hatte inständig gehofft, dass Ross ihr vor seiner Abreise sagen würde, dass bei seiner Rückkehr Hochzeit gefeiert werden sollte – aber dieses Thema hatte Ross seit Monaten nicht mehr angeschnitten.
Es war Sonntag, und Julia fragte sich, was sie mit ihrem freien Tag anfangen sollte. Das Haus war blitzblank geputzt, im Garten gab es auch nichts zu tun. Julia hasste die Stunden unmittelbar nach Ross’ Abreise; auch das neue Haus konnte nicht über die plötzliche Einsamkeit hinwegtäuschen.
»Aber ich bin ja gar nicht mehr allein«, sagte sie plötzlich leise und strich sich über den noch flachen Bauch. »Ich werde nie mehr allein sein, ein Teil von Ross wird immer bei mir sein.«
Erfüllt von neuer Energie, ging Julia hinauf in den kleinen Raum neben dem Schlafzimmer. Hier sollte das Kinderzimmer sein! Diese Entscheidung hatte sie schon vor Tagen getroffen, Ross gegenüber jedoch nichts erwähnt, denn sie war davon überzeugt, dass er ihre Wahl billigen würde.
11
Noch behielt Julia ihr süßes Geheimnis für sich, noch nicht einmal Mrs Garland wusste davon. Inzwischen fühlte sich Julia wieder wohler, seit sie das Stärkungsmittel einnahm, das Dr. Stevens ihr verschrieben hatte.
Als sich zwei Wochen nach Ross’ Aufbruch Lilly meldete, freute sich Julia wie ein kleines Kind, denn die Freundin ließ sich nicht sehr häufig sehen wegen ihrer ungewöhnlichen Arbeitszeiten. Eigentlich hatte Julia Lilly und Nathan zusammen von dem Baby erzählen wollen, bei einer Einladung zum Essen. Aber nun wollte sie die Neuigkeit endlich loswerden.
Doch ein Blick in Lillys Gesicht sagte ihr, dass nicht der richtige Zeitpunkt dafür war, denn das Puppengesicht der Freundin wirkte zerknirscht und betreten.
Schlagartig fiel Julia dieser Mann ein, den Lilly gesehen hatte; wegen des Umzugs und Ross’ Anwesenheit hatte Julia nicht mehr an den Vorfall in der Stadt gedacht.
Mit schlechtem Gewissen fragte sie: »Ist er wieder aufgetaucht?«
»Wer?« Schwer ließ sich Lilly in den Polstersessel im Wohnzimmer fallen und nestelte an ihren Handschuhen.
»Ich meine diesen Bill. Warte einen Augenblick, ich mache Kaffee, dann können wir in Ruhe reden.«
Doch die ansonsten Kaffee liebende Lilly winkte ab. »So viel Zeit habe ich nicht, also setz dich lieber zu mir. Nein, Bill habe ich nicht wieder gesehen, aber ich spüre, dass er noch in der Stadt ist.«
Mit einem unguten Gefühl ließ sich Julia ihr gegenüber nieder; so betreten kannte sie die sonst vor Lebenslust sprühende Lilly gar nicht.
»Aber wieso bist du dann so verstört?«
Die Augen starr auf ihre noch immer behandschuhten Hände gerichtet, sagte Lilly leise: »Ich habe lange mit mir gerungen, bis ich dich wegen dieser Sache aufzusuchen wagte – aber ich finde, du solltest Bescheid wissen.«
Julia saß kerzengerade da und wagte kaum zu atmen. »Von welcher Sache redest du?«
»Es ist mir so unangenehm, darüber zu reden, immerhin bist du meine Freundin …«
»Ist es so furchtbar, was du mir zu sagen hast?«
Kaum merklich nickte Lilly. »Es geht um Ross.« Sie atmete einmal tief durch, dann gab sie sich einen Ruck und fuhr fort. »In den letzten Monaten kam er öfters in das Red Carpet . Er trank etwas und redete mit anderen Goldsuchern. Aber neulich sah ich, wie er eines der Mädchen ansprach und mit ihm auf deren Zimmer verschwand … und kurz vor seiner Abreise bot er sogar mir Geld, wenn ich besonders nett zu
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