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Gewitter der Liebe

Gewitter der Liebe

Titel: Gewitter der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lee Hawkins
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Nachmittag werde ich mir bei Nathan eine Felljacke und dicke Lederstiefel besorgen«, sagte er, während er sich zu seinem Lieblingssessel am Fenster begab, den Julia stets wegen des Lichts beim Handarbeiten benutzte, wenn Ross nicht da war. »Bald wird es da draußen wieder ungemütlich kühl, und ich möchte mir keine kalten Füße mehr holen. Nathans Laden hat für jedes Wetter die richtige Kleidung; ich habe den Neuen sein Geschäft bereits empfohlen. Wenn du magst, kannst du mich ja begleiten.«
    »Das wird leider nicht gehen, weil ich dann in der Pension bin.« Wie immer, wenn sie von ihrer Arbeit redete, verdüsterte sich Ross’ Gesicht. Es war ihm anzusehen, dass es ihm nicht gefiel, dass Julia eigenständig Geld verdiente und nicht als Hausmütterchen tagaus, tagein daheim blieb.
    »In vier Monaten wird unser Kind geboren«, sagte sie betont beiläufig. »Das wird im Januar oder Februar sein. Ich hoffe, dass du dich dann in San Francisco aufhalten wirst.«
    Er nickte zerstreut und murmelte: »Aber natürlich, mein Liebling.«
    Wortlos verließ Julia den Raum. Sie würde alles darum geben, wenn Ross sich über das Baby genauso freuen würde wie sie – und wenn sie bis zur Geburt verheiratet wären. Auf dem Weg in die Küche redete sie sich ein, dass Ross dieses Mal genug Gold finden würde, um ihr einen Heiratsantrag zu machen.
    Und dann war er wieder fort, mit dem Versprechen, so bald wie möglich wieder nach Hause zu kommen. Das Kind in Julias Leib strampelte wild, das gab ihr Kraft und Zuversicht … und sie fühlte sich gleich nicht mehr so schrecklich einsam.
    Es ging auf Ende Oktober zu und wurde zunehmend kühler.
    Über dem Meer hingen dichte Nebelschwaden, die über San Francisco schwappten und jedes Haus mit einem grauen kalten Schleier überzogen.
    In den Pensionszimmern wurden die dünnen Steppdecken gegen Daunendecken getauscht, doch Mrs Garland verbot Julia, dabei zu helfen.
    »Ich will nicht schuld daran sein, wenn Ihr Kind zu früh geboren wird«, sagte sie und wies auf das kleine Nähzimmer. »Da drinnen gibt es genug für Sie zu tun, Miss O’Donovan.«
    Achselzuckend gab sich Julia geschlagen, denn sie wusste, dass die Pensionswirtin unerbittlich sein konnte. Dabei fühlte sich Julia kräftig genug, und Daunendecken waren alles andere als schwer. Trotzdem fand sie Mrs Garlands Reaktion rührend; sie und Nathan behandelten sie wie ein rohes Ei – während Ross sich anscheinend kaum Gedanken um seinen Nachwuchs machte.
    Zwei Wochen war er schon wieder fort. Auf eine Nachricht von ihm konnte Julia nicht hoffen, das hatte er noch nie getan, seitdem sie in Kalifornien lebten.
    Gerade, als sie sich setzen wollte, ertönte ein gellender Schrei aus dem Obergeschoss, der offensichtlich von Mrs Garland ausgestoßen worden war. So schnell Julias Beine sie trugen, eilte sie die Treppe hinauf; die Tür eines der Gästezimmer stand weit offen, und mitten im Raum stand die Pensionswirtin mit leichenblasser Miene und vor den Mund gepressten Händen. Sie starrte zu einer Zimmerecke, und als Julia ihrem Blick folgte, sah auch sie es: Der Gast, ein erfolgloser Goldsucher aus Ohio, hatte sich an einem Haken in der Zimmerdecke aufgehängt.
    Julia versuchte, nüchtern zu denken. Sie rief nach dem Mädchen und beauftragte es, sofort Dr. Stevens herzuholen, dann fasste sie Mrs Garland lose am Arm und führte sie aus dem Raum.
    »Der arme Mr Boyer«, schluchzte die Pensionswirtin, während sie sich von Julia willenlos die Treppe hinunterführen ließ. »Noch neulich klagte er mir sein Leid. Er hat in Ohio alles, was er besaß, verkauft und seine Verlobte im Stich gelassen, um in Kalifornien ein reicher Mann zu werden. Aber das, was er tatsächlich in den Flüssen gefunden hatte, reichte gerade, um sein Zimmer zu bezahlen.«
    Julia drückte Mrs Garland sanft in einen Sessel. »Es ist nicht Ihre Schuld, dass er sich das Leben genommen hat.«
    »Aber ich hätte ihm vielleicht Mut zusprechen können! Es kommt oft vor, dass die Männer mir ihr Leid klagen, doch gestern war es hier so hektisch, dass ich keine Zeit hatte, um ihm gut zuzureden.«
    »Dass sich verzweifelte Goldsucher das Leben nehmen, kommt in den Lagern öfters vor.« Julia ging in die Küche und kam mit einer Kaffeekanne und zwei Tassen zurück. »Ross erzählt mir oft von Selbstmorden dort.«
    »Diese verfluchte Gold!«, rief Judith plötzlich und wischte sich über die Augen. »Die einen macht es reich, den anderen nimmt es das Leben. Mr Boyer

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