Ghostwalker 04. Fluch der Wahrheit
Auch wenn es sie jetzt schmerzte, wollte sie doch nicht auf die schönen Stunden verzichten, die sie mit ihm zusammen verbracht hatte. »Warum hast du deine Taktik geändert?«
Ein Muskel zuckte in seiner Wange. »Sollte ich zusehen, wie du überfallen und verschleppt oder sogar getötet wirst?«
»Das gehörte also nicht zum Plan?« Caitlin hielt den Atem an, als Toriks Gesicht sich weiter veränderte. Die Konturen wurden schärfer, seine äußeren Augenwinkel bogen sich eindeutig weiter nach oben.
»Nein!« Das Wort war nur ein Grollen, das tief aus seiner Kehle zu kommen schien. In seinem Mund blitzten lange Eckzähne auf.
Vorsichtshalber trat Caitlin weiter zurück. »Und die toten Männer im Wald?«
»Für was hältst du mich?«
Caitlin warf die Hände in die Luft. »Woher soll ich das wissen? Ich kenne dich nicht! Ich weiß nichts über dich, weil du mir nichts erzählt hast – und das wenige, was ich von dir erfahren habe, war vermutlich gelogen.«
Torik schwieg einen Moment und versuchte sichtlich, sich wieder unter Kontrolle zu bringen. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Nein, ich habe die Männer nicht getötet. Was aber nicht heißt, dass ich es nicht getan hätte, wenn sie versucht hätten, dir noch einmal wehzutun.«
Mit offenem Mund starrte Caitlin ihn an. »Du würdest für mich töten? Warum?«
Seine Augen blitzten auf. »Weil ich nicht will, dass dir jemand wehtut.«
»Und trotzdem wolltest du mich ausspionieren und hast so getan, als wüsstest du nicht, wer ich bin. Glaubst du, es hat mir nicht wehgetan, das herauszufinden?«
Torik stieß einen tiefen Seufzer aus. »Ich wünschte, es hätte irgendeine andere Möglichkeit gegeben. Aber ich muss wissen, woher du die Idee zu der Geschichte hast. Alles andere – einschließlich deiner Gefühle oder auch meiner – ist im Vergleich dazu unwichtig.«
Sie war da anderer Meinung, aber es hätte nichts gebracht, das zu sagen. Stattdessen konzentrierte sie sich auf den Rest seiner Aussage. »Was genau ist denn so wichtig? Du hast mir immer noch nicht gesagt, worum es eigentlich geht.«
Torik betrachtete sie eingehend. »Kann ich mich darauf verlassen, dass du alles, was ich dir jetzt sage, für dich behältst und niemals in einem Buch verwendest?«
Nur mühsam schaffte sie es, den Ärger, der wieder in ihr hochkochte, zu unterdrücken. »Natürlich. Ich bin keine Verräterin!«
»Aber eine Autorin, die in allem eine Geschichte sieht.« Das sagte er völlig neutral, seinem Gesicht war keine Regung anzusehen.
Sie musste zugeben, dass er damit nicht ganz unrecht hatte. Natürlich verwendete sie in ihren Büchern Dinge, die sie hörte oder sah. »Okay, auch wenn ich es sowieso nicht vorhatte, verspreche ich hiermit hoch und heilig, nichts zu verwenden, was du mir erzählst. Jetzt zufrieden?«
Torik zögerte immer noch, das war ihm deutlich anzusehen. Schließlich ging ein Ruck durch seinen Körper, und seine Muskeln spannten sich an. »Ich muss wissen, wer dir von den Berglöwengestaltwandlern im Yosemite-Gebiet erzählt hat, weil es sie wirklich gibt. Durch dein Buch hast du sie in Gefahr gebracht, weil die Menschen nicht erfahren dürfen, dass sie existieren.« Sein starrer Blick hielt sie gefesselt. »Verbrecher versuchen seit einiger Zeit, Wandler ausfindig zu machen und einzufangen oder zu töten, und mit deinem Buch haben sie beinahe eine Anleitung, wo sie die Gruppe finden können, wie sie lebt, was ihre Stärken und Schwächen sind.«
Caitlins Mund war so trocken, dass sie ihn kaum aufbekam. »Du erwartest wirklich, dass ich dir das glaube?« Als er daraufhin nur scharf nickte, holte sie tief Luft. »Als Autorin habe ich zwangsweise viel Fantasie und kann mir vieles vorstellen. Aber ich weiß sehr genau, wo die Grenzen der Realität liegen, und neige dazu, sie in meinem Leben nicht zu überschreiten.«
»Nur weil du etwas nicht kennst oder noch nie gesehen hast, heißt es nicht, dass es nicht existiert.«
»Das weiß ich! Aber normalerweise gibt es für alles eine wissenschaftliche Erklärung, und ich habe noch nie gehört, dass irgendein Lebewesen seine Gestalt so extrem wandeln kann.« Sie blickte ihn mit brennenden Augen an.
Torik zuckte die Schultern. »Du musst mir nicht glauben, wenn du nicht willst. Sag mir nur, woher du von den Wandlern weißt, dann lasse ich dich damit in Ruhe.«
Das hätte er wohl gerne! »Oh nein, so einfach kommst du mir nicht davon! Du kannst mir nicht so etwas sagen und dann erwarten, dass ich
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