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Glatze mit Sommersprossen

Glatze mit Sommersprossen

Titel: Glatze mit Sommersprossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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Gefühl, als wolle er das Quadrat nicht umfahren, sondern umfliegen. Schon von weitem sah ich den General stehen.
    „Halten Sie bitte so, daß der kleine Mann dort am Straßenrand mit einem Satz hereinspringen kann!“ forderte ich den Fahrer auf.
    „Mach ich!“ nickte der und trat tatsächlich zentimetergenau auf die Bremse. Ich flog nach vorn, und einem außenstehenden zufälligen Beobachter mußte es Vorkommen, als sei ich dabei, in die Kopfstütze zu beißen.
    „Gut gemacht!“ freute sich der General, als er neben mir saß. Und dem Taxifahrer rief er mit heller Stimme zu:
    „Fahren Sie uns bitte ins Grüne, wir wollen einen kleinen Spaziergang machen!“
    „Wohin genau?“ wollte der Pilot wissen.
    „Wo es schön und ruhig ist.“ Dann schwieg mein General, als wäre er mit dem Mund in einen Leimtopf geraten.
    Auf einem leeren Parkplatz im Rosenauer Forst stiegen wir aus.
    Der kleine General reichte dem Fahrer einen Fünfzigmarkschein und bat ihn, zu warten.
    Also, ehrlich versichert, ich war inzwischen gespannt wie ein Regenschirm.
    Und dann liefen wir nebeneinander her, und Herr Morelli begann, unter Zuhilfenahme seiner Arme zu sprechen:
    „Waren Sie schon auf der Festwiese, Herr Pfiff?“
    „Ich mach’ mir nicht viel aus Karussell und Schießbuden. Wenn ich auf einen Jahrmarkt gehe, bleibe ich meist an der ersten Wurstbude kleben.“
    „Dann haben Sie natürlich auch noch nichts vom Liliput-Theater gehört?“
    „Leider nein!“
    „Wir sind dreißig Liliputaner, und ich bin der General. Wir spielen in historischen Uniformen kleine Theaterstücke.“
    „Interessant!“ sagte ich laut, denn ich bin schließlich ein höflicher Detektiv.
    „Wir geben an jedem Tag acht Vorstellungen in unserem Zelt. Jede Vorstellung ist ausverkauft.“
    „Und wie viele Besucher passen in das Zelt?“
    „Wir haben hundertzehn Sitzplätze.“ Er wedelte wild mit den Armen und sprang wütend auf der Stelle hoch. „Am Sonntag ist es passiert. Man hat die Einnahmen gestohlen.“
    Mit einem spitzen Urlaut stampfte er eine kleine Mulde in den Waldweg.
    „Und warum holen Sie keine Polizei?“
    „Wir alle wollten die Polizei, aber der Direktor hat abgelehnt. Das würde unser Theater in Verruf bringen. Außerdem würfe es ein schlechtes Licht auf die Truppe, wenn der Dieb bekannt würde. Er ist der Auffassung, daß der Dieb aus unseren Reihen kommt. Nur so einer könne sich einen Nachschlüssel zum Kassenwagen gemacht haben.“
    Ich erinnerte mich an seinen Brief.
    „Sie schrieben von einem Sohn, Herr... Morelli.“ Um ein Haar hätte ich General gesagt.
    „Es ist sein Sohn. Ein Tunichtgut, der nur herumlungert oder auf seinem Motorrad durch die Gegend rast. Manchmal ist er tagelang verschwunden. Wir trauen ihm den Diebstahl zu! Rund sechstausend Mark waren in der Silberkassette. Die Einnahmen von Sonnabend und Sonntag!“ Der General sah mich mit flehenden Blicken an.
    „Bitte, helfen Sie uns! Nehmen Sie den Makel von uns, Diebe zu sein.“
    „Das Geld ist also aus dem Kassenwagen verschwunden?“

    Der General nickte. „Josef, der Kassierer, hatte die Abrechnung fertig gemacht, in die Kassette zum Geld gelegt und alles zusammen in den Schrank gestellt. Wie üblich, verließ er dann den Kassenwagen und half mit beim Aufräumen. Das war gegen 23.45 Uhr. Als der Direktor gegen Mitternacht die Kassette aus dem Wagen holen wollte, war sie verschwunden.“
    Ich wiegte meinen klugen Kopf und gab zu bedenken: „Natürlich übernehme ich die Nachforschungen. Nur, ich muß dann Farbe bekennen und auch mit dem Direktor und seinem Sohn sprechen.“
    Mein Begleiter nickte grimmig. „Lieber das, als gar nichts tun.“
    Plötzlich durchzuckte mich eine Idee: „Sagen Sie, besteht die Möglichkeit, daß der Direktor selbst...?“
    Der General reckte seine kurzen Arme gegen den Himmel und ließ sie wieder fallen, dabei sah er mich vielsagend an.
    „Wer soll das wissen, Herr Pfiff. Die Wege der Menschen sind oft unerforschlich...“
    „Gut! Ich werde morgen Gast des Liliput-Theaters sein!“
    Bereits die erste Vorstellung war tatsächlich ausverkauft.
    Ich saß in der ersten Reihe und sah mir das „Theater“ an.
    Das Spektakel begann mit einer gesalbten Einleitung des Direktors und dauerte 25 Minuten.
    Der Direktor selbst war zweieinhalbmal so groß wie seine Schauspieler...
    Als ich in seinen Wohnwagen geklettert kam, musterte er mich mit scharfen, mißtrauischen Blicken. „Wer sind Sie, und was wollen Sie?“ fauchte er

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