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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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könnte, ich bliebe bei Gott gern an deiner Stelle hier.«
    Vor Erleichterung hätte der MacIain am liebsten laut gelacht. Er schlug die Hand auf den Stein, dass es ihm wehtat, dann schlug er sie kaum weniger heftig John auf die Schulter. »Da hörst du’s. Er würde ganz gern mit dir tauschen, aber er darf’s nicht, weil er nicht kann, was du kannst.«
    Jetzt lachte er wirklich, und nach kurzem Zaudern stimmte John, wenngleich stockend, ein. »Nein, das kann er nicht: Söhne machen. Er kriegt den Schwanz nur so hoch, dass ein Teilchen fehlt.«
    Vater und Sohn tauschten Blicke. John schien aus der Hölle erlöst. Herzhaft, wie zuvor der Vater ihm, klatschte er Sandy Og auf die Schulter. »Gräm dich nicht, kleiner Bruder! Meine Jungen reichen für uns beide, und heute Nacht mach ich noch einen obendrauf.«
    Er lachte wieder, der MacIain erlaubte ihm, den Cairn zu berühren, und dann machten sie sich auf den Rückweg. Der MacIain staunte, dass er durch den Sumpf waten und sogar sprechen konnte, während sich ihm doch das Herz umdrehte. John pfiff ein Liebeslied, Sandy Og aber ging mit gesenktem Kopf.
    »Für die Männer, die nach Cromdale gehen, gibt es dieses Jahr kein Beltane«, sagte der MacIain, »sie müssen morgen schon los. Aber heute öffnen wir ein Fass zu ihrem Abschied. Sagt den Frauen Bescheid. Sandy Og, wisch dir die Lippen ab.«
    Der Sohn tat’s und ging wortlos weiter. Seine Schultern zuckten.

    »Sechzehn!« Der Mann drückte den Kopf in den Nacken, dass sein Kehlkopf einer Messerspitze gleich aus dem Hals trat, und schrie. Er war mager und weiß wie ein Heringsbauch, jede Rippe unter der mit Pusteln übersäten Haut erkennbar.
    Rob ekelte sich. Diese Kerle, die in hastig aufgestellten Baracken hausten, stanken, schnitten sich die Haare nicht, und die meisten von ihnen waren Schwächlinge. Er sandte dem kleineren, der wartend hinter dem Schreienden stand, ein Nicken. Ein Pfeifen zerschnitt die feuchte Luft, und wieder klatschte die Peitsche auf den von Blut und Regen nassen Rücken.
    »Siebzehn.«
    Der Abgestrafte schrie auf. Der Mann hatte aus dem Vorrat des Quartiermeisters ein kleines Fass Whisky gestohlen, zu einem Gutteil leer gesoffen und dann im Exerzierhof randaliert. Froh sollte er sein, dass die Peitschenhiebe ihn von seinem Brummschädel ablenkten. Und dass er so glimpflich davonkam, mit nichts als ein paar Striemen. Rob nickte.
    »Achtzehn.«
    Das Pfeifen und Klatschen erleichterten sein Herz, während das Gebrüll ihm in den Ohren schmerzte. »Gib ihm Zunder!«, fuhr Rob den Kleinen an, »oder willst du dir selbst eine Ration einhandeln? So ein Jammerlappen ist eine Schande für meine Kompanie! Saufen kann er, aber wenn’s ans Zahlen geht, heult er nach seiner Mutter wie ein Hosenscheißer.«
    Erschrocken holte der Kleine erneut aus, bog den Rückendurch und zog die Peitsche mit Wucht über die Haut des Kameraden.
    »Neunzehn.«
    Rob hatte schon genug Burschen erlebt, die nach ihren Müttern schrien und sich die Beine vollschissen, wenn sie Hiebe bezogen. Der Gedanke, was seine eigene Mutter mit einem getan hätte, der mit Scheiße an den Beinen nach ihr blökte, schüttelte ihn. Seine Mutter, die alte Jean Campbell, soff mit Mördern und würfelte mit Dieben, aber für Versager hatte sie kein Fingerschnippen übrig. Wer sich in die Hosen schiss und kein Held war, der hatte in Jean Campbell keine Mutter mehr.
    Dieser hier pinkelte nur, und die Kraft zum Schreien ging ihm aus. Er war noch jung, nicht älter als achtzehn, und Rob hätte gern gewusst, warum Argyll ihm solch schwächliches Pack schickte. Gewiss, Argyll hatte die sechzig Männer der Kompanie mit guten roten Röcken, Bonnets, die sein Wappen mit dem Keiler zierten, und grauen Kniehosen ausgestattet, die vierzig Musketiere hatten statt der verhassten Luntenschlösser ordentliche Steinschlossgewehre erhalten, und die altmodischen Piken der zwanzig Pikadeure waren jede an die fünfzehn Fuß lang. Aber die beste Ausstattung nützte nichts, wo es an Haltung fehlte. Hinzu kamen die haarsträubenden Verhältnisse im Lager – weshalb standen sie noch immer im gottverlassenen Inverlochy und wurden nicht nach Stirling überführt? Kein Wunder, dass es den Lumpen an Respekt vor einem Captain mangelte, der wie ein Schwein im Pferch schlafen musste! Rob war zwar der älteste Offizier in Argylls Regiment, hatte aber den niedrigsten Rang inne, und um seine Macht zu beweisen, blieb ihm nichts als die Peitsche.
    Umso heftiger nickte er

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