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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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jetzt erneut dem Kleinen zu. »Zwanzig.«
    Es erwies sich als nützlich, sie gegeneinanderzuhetzen, einen Kumpan den anderen prügeln zu lassen, damit sie lernten, auf niemanden zu zählen. Der undurchschaubare Dalrymple,der zur Schmelze aufgetaucht war, hatte es ihm geraten: »Es heißt ja, der gemeine Hochländer gäbe einen brauchbaren Soldaten ab, aber wenn Ihr mich fragt, taugen diese Wilden wenig. Drescht ihnen zumindest in die Spatzenhirne, dass sie sich bei keinem als bei Euch lieb Kind machen müssen.«
    Dalrymple hatte die Baracken inspiziert, im Laufen geschrieben, wie es seine Art war, jede Zeile sorgsam mit Sand gelöscht und hier und da Bemerkungen fallen lassen, als erörtere er die Lage mit sich selbst. »Einen Riegel vorzuschieben ist ja keine Kunst«, sagte er etwa, »dazu genügt ein Rudel Taugenichtse.« Oder: »Wenn wir gegen diese Plage das Schwert gebrauchen müssen, schlagen wir besser im Winter zu und machen uns das harsche Wetter zum Verbündeten.«
    Rob hätte gern gefragt, was hinter dem Gerede steckte und wann man ihn endlich von hier wegbeordern oder wenigstens mit dem Nötigsten ausstatten würde, wasserdichten Quartieren, Mobiliar, einem Diener. Aber es war ja zwecklos, den Herren eine Frage zu stellen; sie räusperten sich nur, kräuselten die Lippen und wichen aus, als sei Rob Glenlyon keiner Auskunft würdig. Wut würgte ihn. Er nickte dem Kleinen zu.
    »Einundzwanzig.«
    Auf dem Schulterblatt platzte die Haut. Blut mischte sich mit Regen, lief den Rücken hinab wie wässriger Wein. Aus dem Gewimmer, das dem Abgestraften zwischen den zerbissenen Lippen hervorquoll, vermeinte Rob einen Namen herauszuhören. Schreist du nach deiner Liebsten, du elender Tropf? Wagt die überhaupt noch, ihren Fuß vor die Tür zu setzen – als das Flittchen eines Verräters, der sich selbst und seinen König für ein bisschen Brot und Dünnbier verkauft? Rob warf den Kopf in den Nacken und lachte bitter auf.
    »Zweiundzwanzig.«
    »Den gib ihm noch mal!«, herrschte Rob den Kleinen an. »Glaubt ihr Jämmerlinge etwa, das Leben sei ein Schlummern in Seidenkissen und Milchschlürfen an Mutters Busen?«
    »Zweiundzwanzig.«
    Der Bestrafte knickte ein, hing jetzt wahrhaftig wie ein Hering. »Jetzt gib’s ihm endlich!« Rob riss dem Kleinen die Peitsche weg. Auf Meggernie hatte er seine Diener noch selbst gepeitscht, aber Meggernie war lange verloren, und ihn schauderte vor der weißlichen Haut, die ihn an eine Nacktschnecke erinnerte. Er schaffte es kaum, die Peitsche zu heben; sein Schlag klatschte müde auf und zog nicht einmal einen Striemen.
    »Dreiundzwanzig«, zählte der Kleine.
    Rob schoss herum und drosch ihm die Peitsche auf die Brust, dass die Schnur das Hemd aufschlitzte. »Halt dein Maul!« Der Mann taumelte hintenüber, fiel auf den Hintern und presste die Hände auf die Wunde.
    Vom Torhaus her lief ein Bursche herbei, den Rob dort postiert hatte. »Ein Besucher für Euch, Captain.«
    Schon wieder ein Besucher? Nachdem Dalrymple sich auf den Weg gemacht hatte, war Breadalbane gekommen, auch er scheinbar zufällig, denn niemand ließ seinen protzigen Reisewagen einen ganzen Tag lang durch tückisches Wetter schaukeln, nur um einen glücklosen Vetter zu verspotten. »Sieh an«, hatte er gesagt und Rob auf den Rücken geklopft. »Hat sich für unseren Kummerknaben also doch noch ein Platz gefunden. Recht anständig von meinem Neffen Argyll, dass er deinem sinkenden Schiff solchen Wind in die Segel bläst, was? Aber mit Livingstone schickt er dich nicht, da braucht er Männer, die etwas von dem Geschäft verstehen. Wer weiß denn, ob die Franzosen, die vor Irlands Küste lungern, nicht doch Anker lichten und ihre sechstausend Mann zu uns herüberschiffen?«
    Rob, der nicht im Mindesten ahnte, warum er mit dem ihm unbekannten Livingstone hätte geschickt werden sollen, war sämtliche Besuche leid. All diese Männer – Argyll, Breadalbane, Dalrymple und ein paar andere, deren Namen sie sich ständig zuwarfen – schienen einem geheimen Bund anzugehören,dessen Bedeutung Rob verschlossen blieb. Wenn sie aber nichts taten, als sich aufzuspielen, wenn sie sich weigerten, ihm mit dem Notwendigsten zu helfen, sollten sie ihm allesamt gestohlen bleiben! Er hatte Breadalbane beschworen, bei Argyll ein Wort für ihn einzulegen, schließlich konnte man in verrotteten Ruinen keiner Einheit Zucht verleihen, aber der Vetter hatte lediglich die Gelegenheit genutzt, um ihn erneut zu kränken. »Mir scheint,

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