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Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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Zu beiden Seiten davon waren zwei gelöschte Laternen, eine gelbe und eine blaue, die bei gutem Wetter anzeigten, auf welcher Seite des Leuchtfeuers das Schiff passieren sollte, denn das Leuchtfeuer befand sich auf einer kleinen Insel in der Mitte der Sandbank; die Gewässer dieser Gegend waren trügerisch und berüchtigt, manchmal tief und manchmal seicht, je nach der Position der wandernden, von Strömungen verfrachteten Sandbänke. Tinkler spähte zum Strand hinab, wo die übrigen Männer standen, nahe bei den Pferden, die sie während der Ebbe hierhergeritten hatten. »Dauert es länger als eine halbe Stunde, so werden unsere Leute zu steif gefroren sein, um etwas auszurichten, und der Plan und alle Arbeit werden vergeblich gewesen sein.« »Der Plan kann nicht vergeblich sein«, erwiderte Quire. »Es ist der einzige.«
    »Und ein verrückter dazu«, sagte O’Bryan mit einem Unterton von Bewunderung. »Ein polnischer Adliger wird einen guten Preis bringen. Sie sind reich, die Polen. Wahrscheinlich reicher, Kopf für Kopf, als Albion. Ich war ein paar Monate in Danzig und sah dort mehr Gold, als ich in London jemals sehen werde. Aber sie haben seltsame Gesetze, die von Bürgerlichen gemacht sind, und für einen freien Mann ist es schwierig, sich dort den Lebensunterhalt zu verdienen, außer als Soldat im Osten, wo die Gegenden ärmer sind.«
    Quire hatte beschlossen, O’Bryan nur einen Teil der Geschichte zu erzählen, und hatte ohnedies die Absicht, ihn zu verraten, sobald er seine Arbeit getan hätte. Er kannte O’Bryan als einen Dummkopf, dessen Geldgier größer war denn seine Intelligenz, und der nicht beherrscht werden konnte wie die anderen. »Ehe der Monat um ist, werden wir alle reich sein, O’Bryan. Deine Aufgabe wird es sein, unsere Botschaft nach Polen zu bringen.«
    O’Bryan hatte sich dazu bereitgefunden und, da Quire sich bereits großzügig gezeigt hatte, keine Widerhaken in dem Plan gesehen. Der Ire wärmte sich die Hände am Pfeifenkopf und stieß mit den Absätzen in die Rippen seines Opfers, um seine Füße warm zu halten.
    Als Quire das Fernrohr wieder ansetzte, konnte er das Schiff deutlich erkennen. Er glaubte im heulenden Wind einen Trompetenton zu vernehmen, mit dem das Schiff signalisierte. Es kam rasch herein, vorwärtsgetragen von der einlaufenden Flut. Quire konnte an Deck Gestalten ausmachen – den Lotsen im Gespräch mit einem, der ohne Zweifel der Kapitän war und in ihre Richtung wies. Und auf dem hohen Achterdeck die unordentlich aussehende Gestalt des Mannes, den Montfallcon für ihn hatte zeichnen lassen: den König von Polen.
    Quire wandte sich um und erstieg die Leiter zu den Leuchtfeuern, während Tinkler die Trompete des Wärters aufnahm und das Signal vom Schiff mit einem tiefen, dröhnenden Ton beantwortete.
    Wie der windzerzauste König von Polen nun von seinem Achterschiff landwärts spähte, löschte Kapitän Quire das rote Licht und entzündete statt seiner mit ruhiger Hand das grüne. Darauf entzündete er die blaue Laterne auf der Linken, um das Schiff geradewegs auf den Strand zu lenken, wo seine Männer warteten. Er konnte die Mikolaj Kopernik mittlerweile mit bloßem Auge sehen. Die Galeasse hatte die meisten Segel gerefft, und die Ruder peitschten das aufgewühlte Wasser rückwärts. Nach einer Weile wurde das Signal so ausgelegt, wie es gemeint war, und das Schiff näherte sich dem Strand rasch in der Richtung, die Quire erhofft hatte. Eilig kletterte er vom Gerüst herab, klopfte O’Bryan auf die Schulter, winkte Tinkler und lief mit silbrig klingelnden Sporen hinunter zum Strand, um dort auf seine schwerfällig in der See stampfende Beute zu warten.
    »Sie ist unterwegs, Leute.« Quire bückte sich, um die Stulpen seiner hohen Stiefel hochzuschlagen und an den Oberschenkeln zu verschnüren. Der Wind machte seine Männer zu einer Ansammlung von Vogelscheuchen, gebeugten Gestalten in wild flatternden Lumpen, und verlieh den Pferden dunkle Heiligenscheine aus ihren eigenen Mähnen. Nicht weit vor ihnen leckten die Ausläufer der Brandung in raschelnden, zischenden Schaumzungen über den ebenen Sand und klatschten naß gegen die glatten Steine; die Luft war voll vom Geruch der See, und Quire schmeckte ihr Salz auf den Lippen. Er hatte nicht viel für die See übrig. Sie war zu groß.
    »Sollen wir schießen, Kapitän?« fragte einer der Mietlinge aus seinem Umhang.
    »Dafür haben wir die Rohre mitgebracht, Hogge. Wichtig ist vor allem der Lärm. Die

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