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Goebel, Joey

Goebel, Joey

Titel: Goebel, Joey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heartland
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wiederhergestellt.
    Draußen, in der schwülen Augusthitze, nannten alle die äußerst direkte Sängerin eine verrückte Schlampe. Blue Gene stimmte zu. »Die redet, als hätte sie alles, was sie weiß, aus Büchern«, sagte er, »nicht aus Gesprächen mit richtigen [228] Menschen. Die hat bestimmt noch nie mit einem Soldaten gequatscht. «
    Doch das mit dem Bejubeln des Körperlichen… manches davon klang für Blue Gene vernünftig, allerdings würde er nicht wagen, das den anderen zu gestehen. Ihre Argumentation baute allerdings auf einem Trugschluss auf: Profi-Wrestling war kein echter Sport. Klar gab es dabei jede Menge Kampf, aber das war alles geskripted. Wenn Jackie ernst meinte, was sie sagte, müsste sie deshalb eigentlich beim Abspielen der Hymne vor einer Profi-Wrestling-Show aufstehen, weil es beim Wrestling Autoren gab. Doch für Leute wie sie, die so viel redeten, waren Reden und Tun zwei verschiedene Paar Schuhe.
    Nach fünf Minuten kam Jackie dorthin, wo alle, sogar die Mitglieder ihrer Band, rauchten. Sie schob ihren rechteckigen Crate-Verstärker mit den beiden vierzig Zentimeter hohen Lautsprechern ins Freie. Als sie an die Hintertreppe kam, musste sie den Verstärker heben. Blue Gene spielte kurz mit dem Gedanken, ihr zu helfen, dachte aber, sie gehöre bestimmt zu den Frauen, die von seinem Angebot beleidigt wären, außerdem würde es auf die Wähler eventuell einen schlechten Eindruck machen. Der Verstärker sah schwerer aus als sie und plumpste prompt auf das Pflaster. Fast wäre sie mit ihm gestürzt und konnte sich gerade noch am Geländer festhalten. Alle sahen sie an. Sie errötete.
    Ihre Bandkollegen stürzten herbei. Einer richtete den Verstärker auf, während der andere die heruntergefallenen Kabel und Ersatzsaiten aufhob.
    »Ihr habt doch gesehen, dass ich Hilfe brauchte«, sagte sie mit zittriger Stimme.
    [229] »Verdammt, Jackie«, entgegnete der Bassist. »Jedes Mal, wenn wir dir Hilfe anbieten, sagst du, du schaffst es allein.«
    »Diesmal brauchte ich ganz eindeutig Hilfe, aber ihr habt bloß dagestanden und geraucht. Ihr macht nichts anderes als rauchen. Nie hat einer von euch auch nur zehn Cent, aber für Zigaretten ist immer genug Geld da, stimmt’s?«
    »Hörst du endlich auf?«, sagte der Schlagzeuger. Von den drei Musikern war er mit seinen brettharten Stachelhaaren und den von Tattoos übersäten Armen offenbar derjenige, dem Rock ‘n’ Roll am wichtigsten war.
    »Entschuldigt. Ich weiß, es ist nicht eure Schuld. Das haben die Tabakkonzerne genial hinbekommen. Die wissen, dass Leute Zigaretten kaufen, auch wenn sie arm sind. Eigentlich gehört das verboten, aber es geht mich nichts an.« Der Bassist sagte Jackie, sie solle still sein, und ging wieder hinein. Sie schob ihren Verstärker weiter.
    »Du kannst einfach nicht die verdammte Fresse halten, oder?«, fragte Balsam und zog an seiner Zigarette. Er trat zu Jackie, die er um mehrere Köpfe überragte.
    »Ich hab nicht mit dir geredet.«
    »Du stehst da und machst mitten unter Rauchern die Raucher fertig. Ich finde, jemand sollte dir ’n bisschen Respekt beibringen.«
    »Komm, Jackie«, sagte der Schlagzeuger. »Gehen wir.«
    »Nur zu, kleiner Junge«, sagte Balsam, jetzt zum Schlagzeuger gewandt. »Lauf nur weg.«
    Der Schlagzeuger lachte. »Was bist du, ein Drittklässler?«
    »Nein, aber ich mach dich fertig.« Blue Gene ging hinüber und stellte sich neben Balsam. Ihm passten die Bemerkungen der Frau übers Rauchen auch nicht, und der [230] Schlagzeuger hatte so was ekelhaft Rockstarhaftes an sich, doch er hatte John versprochen, sich und Balsam aus Schwierigkeiten herauszuhalten. Das war jetzt seine Aufgabe, und seine Aufgaben nahm Blue Gene immer ernst.
    »Na, komm, Balsam. Gehen wir noch eine rauchen.«
    »Tut mir leid, dass ich was gesagt habe«, meinte Jackie. »Das Blöde daran ist, dass ich auf eurer Seite bin. Diese großen Tabakkonzerne haben es geschafft, dass wir das biologische Bedürfnis verspüren, uns zu vergiften. Wir bezahlen sie sogar dafür, dass wir uns vergiften dürfen! Wir geben unser Geld für Zigaretten aus, wir werden immer ärmer, immer kränker und sterben, und die reichen, alten, weißen Geschäftsleute werden ständig reicher und reicher und bedanken sich nicht mal bei uns.«
    Jetzt, wo Blue Gene näher bei Jackie stand, entdeckte er eine kleine Lücke zwischen ihren Vorderzähnen. Ihr Mund sah irgendwie schief aus, als wisse er nicht, ob er in das Gesicht passe.
    »Ist sie mit dir

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