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GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

Titel: GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Westerfeld
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waren.
    »Kampfbären voraus, Sir. Wütende.«
    »Wütend ist nicht das richtige Wort, Mr. Sharp. Ist Ihnen nicht aufgefallen, dass wir keine Rentierherden mehr gesehen haben, seit wir hier angekommen sind? Angesichts des plattgemachten Waldes gibt es kaum noch etwas zu jagen.«
    »Oh, aye.« Deryn betrachtete die Knochen der kleineren Tierchen genauer. Sie waren alle sauber abgenagt, und als das ferne Gebrüll wieder heraufhallte, hörte sie Hunger darin mitschwingen.

    Die Bären kamen bald darauf in Sicht, und zwar mindestens ein Dutzend. Sie waren abgemagert und hohläugig, ihr Fell war verfilzt und ihre Gesichter waren vernarbt, als hätten sie gegeneinander gekämpft.
    Das Horn begann zu tuten, lang und kurz, das Signal für einen bevorstehenden Bodenangriff.
    »Ist doch schon ein bisschen eigenartig«, sagte Mr. Rigby. »Glauben die Offiziere vielleicht, mit Fliegerbomben können sie diese Tierchen treffen?«
    »Wir werfen keine Bomben ab, Sir. Die geheime russische Fracht bestand überwiegend aus getrocknetem Fleisch.«
    »Ach, zur Ablenkung. Nett vom Zaren, ein wenig Hilfe zu leisten.«
    »Aye, Sir«, sagte Deryn und fragte sich allerdings, wie lange zwei Tonnen Fleisch ein Dutzend verhungernder Bären von der Größe eines Hauses besänftigen würden.
    »Da haben wir’s, Junge«, meinte Mr. Rigby zufrieden. »Ein Lager.«
    Erneut setzte sie den Feldstecher an die Augen.
    Hier, mitten in der verwüsteten Gegend, waren die Bäume in einem großen Kreis stehen geblieben. Sie waren zwar ebenfalls kahl wie die anderen, als hätte sie die Wucht der Explosion genau von oben getroffen. Auf einer Lichtung standen einige einfache Gebäude aus Baumstämmen, die mit Stacheldraht umzäunt waren. Aus den Schornsteinen zogen Rauchfähnchen in die Luft, und kleine Gestalten strömten heraus und winkten dem Luftschiff zu.
    »Aber wie haben diese Menschen überlebt, Sir?«
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung. Dieser Draht würde für einen Bären kein Hindernis darstellen, und schon gar nicht für ein Dutzend von ihnen.« Der Bootsmann nahm Bovril von ihrer Schulter. »Ich muss das Tierchen hier zu Miss Eierkopf bringen lassen. Sie bereiten inzwischen Ihren Huxley für die Landung vor.«
    »Aye, Sir«, sagte Deryn.
    »Die Männer sollen sich für eine Landung mit Seil und Winde bereit machen, und zwar schnellstens. Wenn wir wenden und Sie nicht fertig sind, müssen wir Sie zurücklassen.«
    Während sie nach unten glitt, schaute sich Deryn den umgekippten Wald genauer an.
    Die abgebrochenen Baumstümpfe waren mit Flechten überwachsen, die Zerstörung musste also schon vor Monaten, möglicherweise vor Jahren stattgefunden haben. Das war beruhigend, dachte sie.
    Viel Zeit zum Nachdenken blieb ihr nicht. Die Leviathan kam bereits zurück und machte sich bereit, das getrocknete Fleisch in einer Entfernung von einigen Meilen zu verteilen. Hoffentlich wären die Tierchen eine Weile lang damit beschäftigt, zwischen den umgekippten Bäumen nach Nahrung zu suchen.
    Deryn landete sanft mit dem Huxley innerhalb des Rings aus Stacheldraht. Ungefähr dreißig Männer hatten sich zur Begrüßung versammelt, sie sahen hungrig und überrascht aus, als könnten sie gar nicht fassen, dass Retter gekommen waren. Doch ein halbes Dutzend von ihnen packte die Tentakel des Huxleys wie erfahrene Flieger.

    Unter den Zuschauern stand ein großer schlanker Mann mit dunklem Haar, dünnem Oberlippenbart, blauen Augen und stechendem Blick. Die anderen trugen abgewetzte Fellmäntel, er hingegen einen feinen Reisemantel und dazu einen äußerst ungewöhnlichen Gehstock. Er beobachtete, wie der Huxley
    angeleint wurde, dann wandte er sich in einem ihr unbekannten Akzent an Deryn.
    »Sind Sie Brite?«
    Sie wand sich aus ihrem Gurtzeug und verbeugte sich. »Aye, Sir. Kadett Dylan Sharp, zu Ihren Diensten.«
    »Wie ärgerlich.«
    »Bitte um Entschuldigung?«
    »Ich habe ausdrücklich verlangt, dass in diese Expedition keine anderen Mächte als Russland einbezogen würden.«
    Deryn blinzelte. »Davon habe ich nichts gewusst, Sir. Aber Sie scheinen mir doch hier in gewissen Schwierigkeiten zu stecken.«
    »Das will ich gar nicht abstreiten.« Der Mann zeigte mit dem Gehstock zu dem Luftschiff am Himmel. »Aber was in aller Welt macht ein britisches Luftschiff im tiefsten Sibirien?«
    »Wir sind auf einer brüllenden Rettungsmission!«, rief Deryn. »Und wir haben keine Zeit, diese Angelegenheit ausgiebig zu diskutieren. Das Schiff wirft gerade in einigen

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