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Google-Mitarbeiter Nr. 59

Google-Mitarbeiter Nr. 59

Titel: Google-Mitarbeiter Nr. 59 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Edwards
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gegen den Strich. Dieser Punkt beschrieb Googles Präferenz für freie, gemeinschaftlich entwickelte, Open-Source-Technologie wie Linux, das zunehmend als Bedrohung für die Dominanz von Microsofts Windows-Betriebssystem angesehen wurde.
    »Zeig dem Giganten nicht den nackten Hintern«, rügte mich Larry. Neben Netscapees wie Omid wusste auch Larry, was passierte, wenn man vor dem Beast of Redmont (einer der Spitznamen von Microsoft) mit einem roten Tuch wedelte. Netscape hatte bekanntermaßen »dem Giganten den nackten Hintern gezeigt«, indem es damit prahlte, dass ihr Browser Microsoft Windows zu einer »banalen Sammlung nicht völlig ausgetesteter Geräte­treiber« machen würde. Microsoft hatte mit seiner Variante des »Hinternzeigens« reagiert. Sie bündelten ihre Internet Explorer Browser mit Windows, um Netscape in ein »nutzloses, lebloses Gefilde« zu verwandeln, indem sie ihnen die »Luftzufuhr abschnitten«. Googles Sauerstoff kam nach wie vor durch ein recht dünnes Rohr und Microsoft konnte leicht Knoten hineinmachen, indem es am Internet Explorer Änderungen vornahm oder sich selbst auf die Suche konzentrierte. Ich strich Punkt Nummer vier.
    Damit landeten wir bei insgesamt zehn Punkten. Punkt elf hatte ich absichtlich mit dazu genommen, denn diese Aussage implizierte, dass wir stets mehr tun würden als das, was man von uns erwartete. Ich versuchte, als Ersatz für den gestrichenen Punkt einen neuen zu ergänzen, mit dem Argument, dass die Zahl elf der Liste eine postmoderne, ironische Hipness verleihen würde, aber unser Führungsteam sagte, ich solle es dabei bewenden lassen. Sie waren ein ziemlich prosaischer Haufen.
    Gegen den Rest hatten sie keine Einwände, auch nicht gegen meinen Lieblingspunkt: »Du brauchst keinen Anzug, um seriös zu sein.« Ich hasste Krawatten. Ich hasste es, Hemden zu bügeln. 86 Ich hasste kratzige Hosen und drückende Schuhe. Ich wollte meine kleidungstechnischen Ablehnungen zum Unternehmenswert erhöhen und – Gott segne Google – sie waren einverstanden.
    Nicht alle Punkte auf der Liste wurden gleich alt. Tatsächlich ist es noch gar nicht lange her, dass Google die Liste korrigierte, um deutlich zu machen, dass »eine Sache wirklich, wirklich gut zu machen« auf Produkte wie Online-Chat und Finanznachrichten ausgedehnt werden konnte. Ich wusste, dass Google der ausschließlichen Suche bald entwachsen würde, aber Suche war die Schlacht, die wir damals schlugen, und die Art und Weise, wie User uns definierten. Wer waren wir denn, dass wir die Marke zurückweisen konnten, die sie in unseren Namen geschaffen hatten?
    Lediglich ein Punkt ließ mich innehalten: »Du kannst Geld verdienen, ohne unmoralisch zu handeln.« Es war im Grunde genommen unsere Antwort auf Overture, aber ich fühlte mich nicht wohl, über unseren Wunsch zu sprechen, uns nicht auf Kosten anderer zu bereichern. Das konnte als naiv aufgenommen werden und würde jedes Mal Kritik hervorrufen, wenn wir uns nicht entsprechend unserem Moralkodex verhielten. Zudem verstieß es gegen einen anderen zentralen Wert, den ich nicht aufgeführt hatte: »Versprich weniger und liefere mehr.« Bis zu dem Moment waren wir immer vorsichtig gewesen, unsere Leistungen nicht übertrieben darzustellen oder damit anzugeben, was wir alles in der Hinterhand hatten.
    Wir prahlten nie mit unserer Bereitschaft, uns zu opfern, damit es unseren Partnern, Inserenten oder Usern gut ging. Wir redeten auch selten darüber, was wir in Zukunft noch für sie tun könnten, aber wir bemühten uns, die Erwartungen zu übertreffen. Google.com für Netscape dichtzumachen war ein Paradebeispiel gewesen. Obwohl Larry und Sergey auch noch über den letzten Penny aus dem Portemonnaie eines potenziellen Kunden verhandeln würden, bestand unser Ziel darin, im Gegenzug Mehrwert zu liefern. Dieses Verhalten war untypisch für Technikunternehmen. Insbesondere Microsoft erlangte traurige Berühmtheit als Anbieter von »Vaporware«, Produkte, die als Standard aufdringlich angekündigt und dann mit großer Verspätung – wenn überhaupt – erschienen. Warum Unternehmen so etwas tun, liegt auf der Hand: Es war eine Möglichkeit, neue Märkte zu besetzen und ehrgeizige Mitspieler davon abzuhalten, diese Märkte zu betreten.
    Wir verabscheuten Vaporware. In jüngster Zeit hat Google zwar Produkte und sogar das Revolutionieren ganzer Branchen angekündigt, aber in den ersten Jahren hielt die Firma Produkteinführungen im Vorfeld geheim und spielte

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