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Google-Mitarbeiter Nr. 59

Google-Mitarbeiter Nr. 59

Titel: Google-Mitarbeiter Nr. 59 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Edwards
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hervorstechende Merkmale eher herunter. Wir wollten, dass die Leute ein paar Dinge selbst entdeckten. Wir führten eine Rechtschreibprüfung ein, »die nicht nur Vorschläge für gängige Substantive, sondern auch für Namen von Menschen in den Nachrichten machte«.
    »Weniger versprechen und mehr liefern« wurde für uns zu einem ebenso wichtigen Mantra wie »Tu nichts Unmoralisches«.
    Aber irgendwann begannen User und Analysten zu spekulieren, was Google als Nächstes entwickeln würde. Vielleicht ein Telefon? Einen Reiseservice? Ein kohlensäurehaltiges Getränk? Die Gerüchte nahmen überhand und der Mangel an Bestätigung oder Dementi seitens Google ließ die Wettbewerber innehalten. Google war nicht länger nur eine Suchmaschine. Es war ein Technologieunternehmen, das Hardwareprobleme löste. Das machte die Hinzufügung von Googles Namen zu jedem Produkt plausibel.
    Unsere Leistungen zu untertreiben konnte manchmal frustrierend sein, vor allem für Vertriebsleute. AdWords-Anzeigen brachten eine 14-mal so hohe Klickrate wie nicht zielgerichtete Banner-Anzeigen, wir ließen den Kunden von den Vertriebsleuten jedoch sagen, es sei lediglich dreimal so hoch. Wir wollten für potenzielle Kunden realistisch klingen und unsere wahre Leistung vor Wettbewerbern geheim halten. Wenn wir das Doppelte oder Dreifache von dem Versprochenen lieferten, wer sollte sich da beschweren?
    Aber es gab keine Möglichkeit, mehr zu liefern, ohne »unmoralisch sein« – und es gab unzählige Möglichkeiten, hinter diesem Ziel zurückzubleiben. Unmoralisches Handeln als Funktionsprinzip war ein gängiges Diskussionsthema an unseren Arbeitsplätzen.
    Ende 2001, zumindest im Silicon Valley, sahen viele Microsoft als das die dunklen Künste praktizierende Unternehmen in der Technologiebranche, das seine Monopolmacht nutzte, um innovative Start-ups einzupferchen, die ihre Windows-Melkkuh in Hackfleisch für Hamburger verwandeln könnten.
    Das »Tu nichts Unmoralisches«-Mantra hatte bei Google bereits Wurzeln entwickelt, als ich es in die Liste der »Zehn Dinge« aufnahm. Paul Bucheit hatte es 2000 bei einem Meeting zu den »zentralen Werten« eingebracht, das abgehalten wurde, um die Art und Weise festzuschreiben, wie Googler miteinander umgehen sollten. Es sollte nicht unser Verhalten gegenüber Nicht-Googlern reglementieren, noch waren die Werte gemeint, die außerhalb des Unternehmens Verbreitung finden sollten.
    Laut Amid Patel war Paul unzufrieden mit all den »corporate«-klingenden Vorschlägen seiner Kollegen – Dinge wie »Behandle andere mit Respekt«, »Honoriere Beiträge anderer« und »Komm nicht zu spät zu Meetings«. Diese Vorschläge waren langweilig und zu spezifisch. Eine aufgeschlüsselte Liste zusammenzustellen, wenn du stattdessen eine allgemeine Regel anwenden kannst, war schlechte Programmierungshygiene.
    »Wird das alles nicht durch ›Tu nichts Unmoralisches‹ abgedeckt?«, fragte Paul.
    Niemand nahm ihn ernst. Das Meeting wurde beendet mit einer Liste von elf zentralen Werten und die HR-Abteilung bat mich, diese in Worte zu fassen. »Tu nichts Unmoralisches« gehörte nicht dazu. Das Meeting ließ Amit unbefriedigt zurück und er nahm es auf sich, das Wort von Paul zu verbreiten und alle zu bekehren. Schon bald begann »Tu nichts Unmoralisches« jede markierte Oberfläche zu überziehen wie braune Punkte auf reifenden Bananen. Ich hatte ein rollbares Whiteboard an meinem Arbeitsplatz und eines Tages, als ich vom Mittagessen zurückkehrte, war »Tu nichts Unmoralisches« ordentlich in eine der Ecken geschrieben worden. Ich entdeckte die Wendung an den Wänden der Konferenzräume und als Bildschirmschoner über die Bildschirme der Laptops tanzend. Andere sahen es ebenfalls. Ich musste Bewerbern, Lieferanten und Besuchern immer wieder versichern, dass die Firma nicht damit beschäftigt sei, satanische Umtriebe zu bekämpfen.
    Es war einschüchternd. Wo du auch hingingst, starrte dieses Unternehmensgebot auf dich herab – eine Walt-Disney-Figur, die dir vom Whiteboard aus über die Schulter sieht und jede deiner Handlungen beurteilt. Das war Amits Absicht. Die Einfachheit machte die Wendung unvergesslich und gab ihr die Kraft eines unumstößlichen Gesetzes.
    Bei »Tu nichts Unmoralisches«, erklärte Paul, »geht es darum, andere nicht zu übervorteilen oder zu täuschen. Jede Art von Täuschung ist böse. Wenn wir also Suchergebnisse herausgeben und diese weiter oben präsentieren, weil uns jemand dafür bezahlt

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